Unterstützung für mehr Bewegung: Pedelec und E-Bike als Chance für bisher Inaktive?

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Unterstützung für mehr Bewegung: Pedelec und E-Bike als Chance für bisher Inaktive?

Regelmäßige körperliche Bewegung verbessert die körperliche Fitness, hilft, das Gewicht zu halten oder abzunehmen, stärkt die Immunabwehr und kann die Blutzuckerkontrolle verbessern. Ideal hierfür – gerade für Einsteiger und bislang Inaktive – ist das Fahrrad-Ergometer zu Hause oder die Fahrradtour mit Pedelec oder E-Bike draußen.

Fallbeispiel Katja M.: „Ohne E-Bike hätte ich es nie geschafft“

Katja M. ist 52 Jahre alt und hat seit über 20 Jahren Typ-2-Diabetes. Durch eine Depression hatte sie sehr zugenommen und wog 135 kg. Im Sommer ging es ihr nicht gut, sie hatte viel Stress und dadurch 15 kg zugenommen. Um den Blutzucker halbwegs in den Griff zu bekommen, spritzte sie täglich 80 – 100 Einheiten Insulin, hierunter lag der HbA1c-Wert letzten Sommer bei 7,8 % (62 mmol/mol).

Als wir uns im Herbst wiedersahen, strahlte sie. Sie war einige Wochen in Holland im Urlaub gewesen und hatte sich ein E-Bike gekauft. Durch die Motor-Unter­stützung konnte sie jeden zweiten Tag lange Radtouren machen. „Ohne E-Bike hätte ich es nie geschafft, so weite Strecken zu bewältigen. Früher war schon nach ein paar Kilometern Schluss. Jetzt bin ich nach dem Frühstück losgefahren, habe mittags eine kleine Pause gemacht, und dann ging es wieder zurück. Es war toll. Ich fühle mich viel fitter und mobiler.“

Die WHO und Fachgesellschaften empfehlen mindestens 150 Minuten moderate Bewegung pro Woche, um gesund zu bleiben. Doch sehr viele Menschen schaffen es nicht, sich 2 bis 3 Stunden pro Woche etwas sportlich zu bewegen. Statistisch gesehen sind Menschen mit Typ-2-Diabetes weniger aktiv als Stoffwechselgesunde. Und gerade jetzt, in Zeiten einer erhöhten Infektionsgefahr, ist es besonders wichtig, eine optimale Stoffwechselkontrolle durch vermehrte Bewegung anzustreben. Was kann ich also tun, um mich mehr zu bewegen – vor allem, wenn ich durch Beruf, Familie und andere Aktivitäten nur wenig Zeit zur Verfügung habe?

Einen Teil meiner täglichen Wege mit dem Fahrrad zurückzulegen, könnte hierbei helfen. Menschen, die mit dem Rad zur Arbeit fahren, sind fitter, können besser ihr Körpergewicht kontrollieren und verbessern die Funktion ihres Herz-Kreislauf-Systems. Was aber, wenn ich in einer bergigen Region wohne, mich vielleicht lange nicht bewegt habe und es mir daher schwerfällt, längere Strecken per Rad zu bewältigen? Wenn die Wegstrecke für mich sehr anstrengend ist, komme ich erschöpft und verschwitzt an. So macht Fahrradfahren wenig Spaß …

Was sind Pedelec und E-Bike? Schnell erklärt
  • Ein Pedelec (Pedal Electric Cycle) unterstützt den Fahrer mit einem Elektromotor während des Tretens bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h, darüber hinaus ist man komplett auf die eigene Muskelkraft angewiesen. Die Unterstützung kann in mehreren Stufen eingestellt werden. Es ist weder eine Versicherung noch ein Führerschein oder eine Zulassung zum Fahren erforderlich, eine Helmpflicht besteht nicht, rechtlich gesehen ist das Pedelec dem Fahrrad gleichgestellt.
  • Ein S-Pedelec (schnelles Pedelec) gehört bereits zu den Kleinkrafträdern, die Motorunterstützung wird erst bei einer Geschwindigkeit von 45 km/h abgeschaltet. S-Pedelecs brauchen ein Versicherungskennzeichen, der Fahrer muss mindestens 16 Jahre alt und im Besitz einer Fahrerlaubnis der Klasse AM sein. Außerdem muss man beim Fahren einen geeigneten Schutzhelm tragen, man darf nicht auf Radwegen fahren, auch wenn sie für Mofas freigegeben sind.
  • E-Bikes lassen sich mit Hilfe eines Elektroantriebs auch fahren, ohne dabei in die Pedale zu treten, vergleichbar mit einem Elektromofa. Auch hier sind Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein Pflicht. Wenn man schneller als 25 km/h fahren möchte, ist man auf seine eigene Muskelkraft angewiesen. Wenn das E-Bike schneller als 20 km/h fahren kann, ist ein Motorradhelm Pflicht.

(Quelle: ADFC)

Wer hilft weiter?

Sind ein Pedelec oder E-Bike also eine Alternative? Und was muss man beachten?

Nicht nur beim normalen Fahrradfahren verbessert sich die körperliche Fitness, auch beim Nutzen eines Elektrofahrrads steigt die Herzfrequenz stärker als beim Spazierengehen. Dies führt zu einer körperlichen Aktivität von mindestens moderater Intensität. Das regelmäßige Nutzen eines Elektrofahrrads führt nachweislich zu einer Verbesserung der Fitness und einer Reduktion des Herz-Kreislauf-Risikos. Je häufiger man sich auf das Fahrrad schwingt, umso größer ist der Effekt.

E-Bikes und Pedelecs: Auf den Akku kommt es an
  • Der Akku kann im oder am Rahmen, hinter dem Sitzrohr oder am Gepäckträger untergebracht sein, am besten ist eine zentrale Position.
  • Es werden fast nur noch Lithium-­Ionen-Akkus eingesetzt. Sie haben die höchste Energiedichte (d. h. sie speichern bei geringstem Gewicht die größte Energiemenge) und haben praktisch keinen Memory-Effekt (d. h. sie können auch nach Teilentladungen aufgeladen werden, ohne dadurch an Kapazität zu verlieren).
  • Vorsicht: Höhere Energiedichte bedeutet auch ein erhöhtes Gefahrenpotenzial. Unsachgemäßer Umgang, hohe Temperaturen, mechanische Einwirkungen oder falsche Ladegeräte können beim Akku gefährlich werden.
  • Der Energiegehalt von Akkus wird in Wattstunden (Wh) angegeben, so sind unterschiedliche Akkus miteinander vergleichbar.
  • Je größer der Energiegehalt ist, umso größer ist die Reichweite und umso teurer ist der Akku. Die Reichweite hängt auch von der Stärke der Motorunterstützung, dem Gelände, dem Fahrverhalten und dem Gewicht von Fahrer und Gepäck ab.
  • Wer richtig lange oder bergige Strecken fährt, sollte einen Ersatz-Akku dabeihaben, das Ladegerät mitnehmen oder in der Ebene ohne Motor fahren. Beim leeren Akku bleibt man aber nicht liegen, die Unterstützung fällt nur weg.
  • Ein Akku hält etwa 5 Jahre, auch ungenutzt gelagert.
  • Mit zunehmendem Alter und wachsender Anzahl der Aufladungen nimmt die Fähigkeit ab, Energie zu speichern und wieder abzugeben. Die meisten Hersteller garantieren ca. 500 Ladezyklen. Lithium-­Ionen-Akkus sollte man nicht vollständig leer fahren, sondern auch nach Teilentladungen wieder aufladen.
  • Ein Ersatzakku kostet je nach Kapazität 350 bis 1 100 Euro. Rechnet man diese Kosten auf die Kilometerleistung um, muss man bei 500 Ladezyklen und 8,5 Wh/km mit Betriebskosten von etwa 3 ct/km rechnen, wenn man immer mit der stärksten Unterstützungsstufe fährt.
  • CO2-Bilanz: ca. 4,5 g CO2/km für die Nutzung selbst und für die Herstellung des Akkus knapp 1 g CO2/km; zum Vergleich: ein Mofa stößt 50 g CO2/km aus, ein Diesel-­PKW ca. 130 g CO2/km und ein Benziner ca. 200 g CO2/km.

Quelle: ADFC

Elektrofahrradfahrer sind oft schneller unterwegs als konventionelle Fahrradfahrer und haben dadurch ein erhöhtes Unfallrisiko. Es ist wichtig, sich dies bewusst zu machen und immer mit angemessener Geschwindigkeit zu fahren. Außerdem sollte man stets einen Helm tragen und ggf. an einem Radfahrtraining für Elektrofahrradfahrer teilnehmen.

Und so ergeht es Katja M. aus dem Fallbeispiel nach längerer E-Bike-Nutzung

Katja hat trotz Urlaubs 2 kg Gewicht abgenommen, und der HbA1c-Wert hat sich auf 7,6 % (59,56 mmol/mol) verbessert. Sie konnte Insulin einsparen, aber das Wichtigste ist, dass es ihr viel besser geht durch die Bewegung und den persönlichen Erfolg, längere Strecken zu bewältigen.

Mit ein Elektro-Fahrrad zu fahren, kann also helfen die Blutzuckerwerte zu senken, das Gewicht zu halten, die Abwehrkräfte und das Herz-Kreislauf-Risiko zu verbessern, außerdem ist es für die Umwelt besser als Autofahren. Fahrrad fahren ist ein sicherer Sport, der jederzeit ohne ein erhöhtes Infektionsrisiko an der frischen Luft durchgeführt werden kann. Wer mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt, vermeidet zu enge Kontakte in öffentlichen Verkehrsmitteln, und Spaß macht das Fahrradfahren auch noch. Also gute Fahrt!


von Dr. Ulrike Becker

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2020; 69 (5) Seite 26-28

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

  • gingergirl postete ein Update vor 1 Woche, 5 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 1 Woche, 6 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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