- Bewegung
Kommentar | „Blickwinkel“: Wir brauchen Lust auf Bewegung
2 Minuten
Die nackten Zahlen verraten: Die Deutschen sind Bewegungsmuffel – und das mehr und mehr bereits von Kinderbeinen an. Wie man dieser Schieflage begegnen kann und was Experten dazu sagen und empfehlen, beleuchtet Dr. Katrin Kraatz in der Blickwinkel-Kolumne.
“Wir spielen heute gegen Mexiko”, konnte man am 17. Juni hören. Am 23. Juni spielten “wir” gegen Schweden und am 27. Juni gegen Südkorea. Und: Wie viele Stunden sind Sie persönlich dabei auf dem Fußballrasen hin- und hergelaufen, haben versucht, an den Ball zu kommen, ihn ins Tor zu schießen? Seien Sie ehrlich: “Wir” haben überhaupt nicht gespielt, es waren ausschließlich die Spieler der Nationalmannschaft, die – wenn auch erfolglos – gerannt sind, geköpft und geflankt haben.
Nur jedes vierte Kind bewegt sich ausreichend
Damit sind wir beim Thema: Die Deutschen sind Bewegungsmuffel. Nicole Mattig-Fabian, Geschäftsführerin von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe, berichtete in der dritten Halbzeit des Spiels FC Bundestag gegen FC Diabetologie Mitte Juni: “Nur jedes vierte Kind bewegt sich die empfohlenen 60 Minuten pro Tag.” Dr. André Hahn von den Linken ergänzte, dass jedes zweite Kind nicht oder nicht richtig schwimmen kann. Erschreckend, oder?
Wenn ich an meine Kindheit denke (siehe Foto), besteht die zu einem großen Teil aus Rumtoben, Radfahren, Schwimmen, Turnen und vielen Sportspielen mit unterschiedlichsten Bällen.
Wir haben es uns zu bequem gemacht
Was hat sich seitdem geändert? Aus meinem Blickwinkel ganz viel: Wo wir als Kinder noch Wiesen und Wälder fanden, stehen heute vielerorts Häuser oder gibt es Parkplätze. Die Straßen sind voller geworden, die Autos schneller, die Menschen rücksichtsloser. Sind Kinder da noch sicher beim Spielen und Toben draußen? Können sich dort Erwachsene wohlfühlen, wenn sie ihre Wege statt mit dem Auto mit dem Fahrrad zurücklegen? Eher nicht.
So sieht es auch Sabine Dittmar, Ärztin und gesundheitspolitische Sprecherin der SPD: “Wir haben im jetzigen Präventionsgesetz ein viel zu starkes Augenmerk auf die Verhaltensprävention und auch individuelle Prävention – und wir müssen den Blick weiten für die Verhältnisprävention.”
Trainer-Legende und Trainer des FC Diabetologie Christoph Daum erklärte es plastisch aufgrund seiner Besuche öffentlicher Gebäude: “Den Aufzug, den sehe ich immer, der ist gut ausgeschildert – das Treppenhaus finde ich fast nie. Und wenn ich das Treppenhaus dann gefunden habe, ist das irgendwo an der Seite, im Dunkeln, schlecht beleuchtet, wo man dann doch lieber sagt: Nee, dann nehme ich doch lieber den Lift.” Übelnehmen kann man ihm das wahrlich nicht. Und er wird nicht der einzige sein, der so empfindet.
Kinder frühzeitig zu Bewegung motivieren
“Wenn wir über Bewegung sprechen, wird es nur funktionieren, wenn die Menschen Lust haben, mitzumachen”: Genau, Dr. Jens Kröger, Sie haben völlig recht! Es dürfen eben nicht, wie der Hamburger Diabetologe und diabetesDE-Vorstandsvorsitzende erzählte, jedes Jahr 100 Schwimmbäder in Deutschland geschlossen werden. Es darf nicht, wie Hahn berichtete, der Schulsport das Fach sein, “wo die meisten Unterrichtsausfälle sind”. Auch für die Radfahrer in den Städten muss mehr getan werden. Daum plädierte auch für mehr Fitnessgeräte in Parks, wie er es im Ausland erlebt hat.
Viele von uns müssen wieder lernen, sich zu bewegen. Anfangen muss es, ist sich Daum sicher, in der Familie. Wie jedes Kind das regelmäßige Zähneputzen lernt, müssen die Eltern auch ihrer Verantwortung gerecht werden, Kinder zu Bewegung anzuleiten. Hoffen wir, dass es uns gelingt, aus einer Nation der Sportmuffel eine Nation der Bewegungsfreudigen zu machen – wie es der FC Diabetologie mit seinem 3 : 0-Sieg vorgemacht hat!
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2018; 67 (8) Seite 50
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 4 Tagen, 7 Stunden
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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stephanie-haack postete ein Update vor 5 Tagen, 4 Stunden
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 5 Tagen, 3 Stunden
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 2 Wochen, 6 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 2 Wochen
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike