Mein Leben mit ­Diabetes

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Mein Leben mit ­Diabetes

Herbert Gmelch lebt seit über 40 Jahren mit Typ-1-Diabetes. Die Diagnose kam, als er noch im Studium war und seine Familie gerade wuchs. Er hat nach anfänglich schwierigeren Jahren den Diabetes vollständig in sein Leben integriert.

Am Faschingsdienstag vor gut 40 Jahren, 1980, wurde bei mir Diabetes diagnostiziert. Tags zuvor konnte ich mich vor Durst nicht mehr retten. Etwa 20 Liter Wasser nahm ich zu mir. An den Tagen vorher erhöhte sich der tägliche Flüssigkeitsbedarf ständig. Bei meinem Hausarzt unterwarf ich mich einem Zuckerbelastungstest und dieser versprach nichts Gutes.

Kleine Tochter, meine Frau ­hochschwanger

Zu diesem Zeitpunkt war ich gerade im Begriff, mit meiner Frau unsere Familie aufzubauen. Meine Tochter war noch keine zwei Jahre alt und meine Frau hochschwanger. Ich arbeitete gerade gut ein Jahr nach meinem Studium.

Direkt danach meldete ich mich jammernd im Waldkrankenhaus in Erlangen bei einer körperlich sehr robusten Schwester. Diese erkannte die Situation sehr schnell und machte mir zwei Alternativen unmissverständlich klar: Erstens, wenn ich weiterleben möchte, gehe ich mit ihr auf ihre Station. Zweitens, alles andere endet über kurz oder lang tödlich.

Intensiv mit dem Diabetes beschäftigt und einiges umgestellt

Ich entschied mich natürlich für die erste Alternative. In vier Wochen wurde ich auf Insulin eingestellt. Diese vier Wochen waren die einzigen Wochen im Krankenhaus im Zusammenhang mit Diabetes. Ich war natürlich insulinpflichtig und musste mich mit kurz- und langwirkenden Insulinen beschäftigen. In der Ernährung unterstützte mich meine Frau und wir stellten auch einiges um. Und nun nach über 40 Jahren kann ich wirklich sagen, sehr gut mit dem Dia­betes leben zu können. Und auch aus diesem Grund leben zu können – denn die Erfahrungen der letzten 40 Jahre ließen mich zu der Erkenntnis kommen, dass ich mit dem Diabetes lebe und nicht der Diabetes in mir lebt.

Unterzuckerungen oft nicht bemerkt

In den ersten Diabetes-Jahren, vielleicht -Jahrzehnten, lebte der Diabetes in mir. Und dieses tat mir und meiner Familie nicht sehr gut. Natürlich war in den ersten Jahrzehnten der Umgang mit dem Diabetes im Gegensatz zu heute nicht sehr komfortabel. Die Blutzuckermessung war bei mir bis zu achtmal am Tag erforderlich. Nächtliche Unterzuckerungen bemerkte ich oft erst morgens, indem es mir nicht sehr gut ging. In mir lebte in den ersten Jahrzehnten die Angst immer mit.

Heute sehr gut mit CGM-System versorgt

Seit 2014 benutze ich das CGM-System Dexcom G4 und seit 2019 Dexcom G6. Die Blutzuckermessungen sind nun auf ein Minimum beschränkt und über das CGM-System erhalte ich Warnungen, auf die ich reagieren kann – und dies natürlich auch in der Nacht.

MIT dem Diabetes leben

Über die vierteljährlichen Überwachungen in einer Diabetes-Schwerpunktpraxis bin ich ebenfalls sehr gut versorgt. Für mich gelten zwei Merkmale: erstens, dass der HbA1c-Wert unter 7 % liegt, und zweitens, dass das Gewicht zum Körper und Alter entsprechend passen muss. Ich denke, dass das bei mir mit einer Körpergröße von 171 cm, einem Gewicht von 73 kg und meinem Alter von 70 Jahren der Fall ist. Langzeit-Komplikationen, wie sie bei Diabetikern an Augen, Nieren und Gefäßen auftreten können, konnten bei mir erfreulicherweise noch nicht festgestellt werden.

Bezüglich der Ernährung versuche ich, mich natürlich zu ernähren. Vorzugsweise greife ich zu regio­nalen Produkten und versuche, Fleisch und Wurst auf ein Minimum zu reduzieren. Bei Alkohol halte ich mich ebenfalls an Grenzen, z. B. maximal ein bis zwei Biere am Tag. Zudem lege ich zwei Alkohol-Pausen jährlich ein, z. B. von Fasching bis Ostern, seit einem halben Jahr trinke ich gar keinen Alkohol. Somit kann ich aus meiner Sicht sagen: Es lohnt sich, mit dem Dia­betes zu leben.


von Herbert Gmelch
E-Mail: hgmelch@gmx.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2022; 71 (3) Seite 40-41

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  • Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.

  • ambrosia postete ein Update vor 1 Tag, 19 Stunden

    Ich wünsche allen einen schönen Mittwoch.

  • Hallo, ich bin Stefanie, die Diagnose Typ 1, habe ich vor drei Monaten bekommen.
    Ich merke wie es mir aktuell mit der Diagnose eher schlechter, als besser geht und meine Depression wieder da ist und ich auch eine neue Therapie starten werde. Ich habe aber das Gefühl, dass mich niemand Freundeskreis verstehen kann, weil niemand weiß, wie sehr diese Diagnose das Leben durcheinander bringt und ich auf so vieles aufpassen muss. Vor zwei Wochen hatte ich meine Schulung, tatsächlich fällt mir der Umgang mit dem Diabetes eher sogar schwerer. Eine Leichtigkeit (ist auch zu viel verlangt) ist nicht eingetreten. Sicherheit nur etwas.
    Es gibt bei mir leider keine Selbsthilfegruppen vor Ort, darum habe ich mich nun entschieden, den Diabetes Anker beizutreten und hoffe auf Verständnis von “Gleichgesinnten”
    Viele Grüße

    • Hallo Stefanie, schön ,dass du da bist. Wir treffen uns zum virtuellen Austausch nächste Woche Donnerstag. Vielleicht hast du ja Zeit und kannst dich einwählen 🙂 Ich freue mich, wenn wir uns dort sehen. Liebe Grüße Lena

      Virtuelles Diabetes-Anker Community-MeetUp im Dezember

    • Hallo Stefanie! Ich weiß noch wie es nach meiner Diagnose war – es dauert bis da von Leichtigkeit die Rede sein kann. Und das Umfeld tut sich oft sehr schwer das alles zu verstehen. Es wird besser aber es braucht Zeit. Alles Gute

    • @lena-schmidt: Hallo Lena, ich habe angemeldet und steht auch fest im Kalender.

    • @moira: Danke dir, ja es ist nicht ganz leicht damit klarzukommen und du hast recht, das Umfeld stellt mir Unmengen an Fragen, aber die kann ich aktuell selbst nicht beantworten, weil ich selbst genügend habe und andere Prios. Am schlimmsten empfinde ich die gutgemeinten “Ratschläge”.

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