- Aus der Community
Das Leben in einer Diabetes-Einrichtung
4 Minuten
Hier im Heim hatten wir letztens eine Unterhaltung unter den etwas älteren Bewohnern (15-18 Jahre), was passiert wäre, wenn wir nicht hier in der Einrichtung gelandet wären.
Viele wären nun entweder tot oder lägen dauerhaft im Krankenhaus. Denn in einem sind wir uns sicher: Allein hätten wir das mit dem Diabetes nicht geschafft! Auch wenn es viele harte Regeln gibt, strenge Strukturen und viele Verbote, die in unseren Augen vielleicht etwas sinnlos erscheinen, hier hat man (mir zumindest) mein Leben zurückgegeben!
Einige dieser Regeln und Strukturen möchte ich hier heute vorstellen, um einen kleinen Einblick in das Heimleben zu geben.
Das Essen
Da das hier eine Diabetes-Einrichtung ist und der Großteil hier ist, um zu lernen, mit dem Diabetes zu leben, gibt es hier strenge Regeln, was das Essen betrifft. Zum Beispiel ist Naschen hier nur an 3 Tagen die Woche (vor drei Wochen sogar nur an 2) erlaubt, jeweils 50 Gramm. Zudem sind die Naschis verschlossen. Genauso wie die Speisekammer, sodass kein Kind auf die Idee kommt, sich etwas heimlich zu holen, und so der Blutzucker wieder steigt. Zum Frühstück und zum Abendbrot gibt es höchstens 3 Scheiben Brot (bei kleineren Exemplaren auch mal 4). Zum Frühstück unter der Woche gibt es neben dem normalen Aufschnitt Marmelade (ganz genau auf 20 Gramm abgewogen), am Wochenende Nutella (natürlich auch abgewogen auf 20 Gramm). Zum Mittag wird auch alles abgewogen. Damit nicht jeder sich einfach wahllos etwas reinschaufelt und unter den Jungs kein Wettessen entsteht, wird da auch geguckt, dass es nicht über eine bestimmte Grammzahl wiegt, allerdings je aufs Essen abgestimmt (z.B. Nudeln nicht mehr als 300 Gramm etc.). Kaffee und Kuchen gibt es nur an Feiertagen (wie Geburtstagen, Ostern, Weihnachten oder wenn jemand Führerschein bestanden hat J ). Für Außenstehende hört sich das vielleicht sehr extrem an, doch 1. hilft uns das, besser mit dem Diabetes klarzukommen, und 2. gewöhnt man sich an alles!:)
Fernsehen, Smartphones und Konsolen
Fernsehen gibt es jeden Abend im Wohnzimmer. Die Betreuer schreiben einen Fernsehplan für die Woche, damit es keinen Streit gibt. Die Kleinen (9-11 Jahre) gucken meist nach dem Abendbrot (18:45 Uhr bis 20:00 Uhr). Um 20:15 Uhr dürfen dann die Großen (12-18 Jahre) schauen. Ab 14 Jahren darf man dann einen Fernseher auf dem Zimmer haben. Ab dem Alter darf man hier auch ein Handy haben. Allerdings gibt es hier Handyzeiten (15:00 Uhr bis 21:30 Uhr). Die Bewohner, die im Apartment leben, dürfen ihr Handy 24 Stunden 7 Tage die Woche behalten. Bei den Konsolen gibt es auch feste Zeiten, die sich dem Alter anpassen. Zum Beispiel darf einer der Kleinen 1 Stunde am Tag Nintendo Ds spielen und ein Großer hat „PSP-Zeit“ von 19:15 Uhr bis 20:15Uhr. Auch diese Regeln hören sich extrem an und immer, wenn ich Bekannten von diesen Regeln erzähle, dann höre ich immer sowas wie : „Das könnte ich nicht“ oder „Das Handy brauch ich aber den ganzen Tag!“ Aber wie schon erwähnt, man gewöhnt sich an alles.
Familie und Zuhause?
Oft werde ich gefragt: „Und was ist mit deiner Familie? Darfst du denn auch mal nach Hause?“
Die erste Frage bezieht sich meist darauf, dass ich im Heim wohne. Dann erzähle ich der Person immer, dass ich ja freiwillig ins Heim gezogen bin, dass es die Entscheidung meiner Eltern und mir war und dass meine Eltern mich trotzdem lieben und ich sie genauso! Aber hätten wir die Entscheidung damals nicht getroffen, wäre ich gestorben. Nach Hause darf ich alle 2 Wochenenden und die Hälfte der Ferien (also in den Sommerferien 3 Wochen, in den Herbstferien 1 Woche etc.).
Ämter, Aufräumen und Putzen
Jedes Kind hier hat jeden Tag ein Amt. Das ist in jedem Trakt anders. Die Kleinen haben zum Beispiel Müll rausbringen, Wohnzimmer saugen, Treppe abfegen, Bad putzen und Schuhregal ausfegen und aufräumen. Die Kinder im Mitteltrakt haben dann noch etwas Anspruchsvolleres wie Bad putzen, Flur, Treppe und Hauswirtschaftsräume saugen und feudeln, Esszimmer/Küche/großes Wohnzimmer (das ist ein riesiger Raum, in dem gegessen, gekocht, gespielt und Sachen besprochen werden) saugen oder Küche (also Tisch decken, helfen beim Kochen etc.). Und wir ganz Großen im Wohn-Training (also den Apartments) haben Küche und Bad. Jeder muss einmal die Woche die Treppe sauber machen und am Sonntag müssen Bad und Küche komplett abgewischt werden und überall gesaugt und gefeudelt werden. Jedes Kind hier im Heim muss jeden Donnerstag sein eigenes Zimmer komplett ordentlich aufräumen und saugen. Jeden ersten Donnerstag im Monat dann auch noch wischen (was bei den meisten Kindern Missmut hervorruft 😉 )
Diabetes
8 von 12 Kindern hier in der Einrichtung haben Diabetes mellitus Typ 1. 2 davon Zöliakie.
Auf Grund dessen werden Mahlzeiten, Fernsehzeiten und auch die Zu-Bettgeh-Zeiten auf den Diabetes abgestimmt. In der Küche gibt es eine „Messstation“. Jedes Kind, was in der Gruppe wohnt, hat dort einen Korb, in dem Pens, Messgerät, Nadeln und die Blutzucker-Tagebücher liegen. Dort wird alle 2 Stunden gemessen und gegebenenfalls Korrektur gespritzt oder in der Küche ein Saft abgewogen.
Ein normaler Tag in der Gruppe beginnt (wenn man schulfrei hat, aber es in der Woche ist) um 8 Uhr. Um 8:20 Uhr ist dann Frühstück. Also um 8 messen, um 11 und um 13 Uhr gibt es Mittag. Um 15 Uhr treffen sich alle, der Großteil misst den Blutzucker und dann setzen sich alle an den großen Esstisch und es wird besprochen, was am Nachmittag so ansteht. Das nächste Mal Messen ist dann um 18 Uhr und um 20 Uhr, bevor es zum Fernsehen geht. Um 21:30 Uhr ist dann erneut Messen, da dann Schicht im Schacht ist (Handy Abgabe und dann ab ins Bett für die, die sich gegen TV-Schauen entschlossen haben. Die Fernseh-Gucker messen dann kurz darauf, wenn der Film zu Ende ist, und gehen dann ins Bett. Die Bewohner des Apartments zeigen um 21:30 ihre Blutzucker-Tagebücher vor und gehen dann wieder rüber.
Alle 3 Monate fährt der Heimchef oder einer der Betreuer mit uns in die Klinik. Natürlich nicht alle gleichzeitig, das wären viel zu viele 😀 Meist haben 2 Kinder zusammen bzw. hintereinander einen Termin in der Uniklinik.
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 6 Tagen, 10 Stunden
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 6 Tagen, 5 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig