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Mit der Diagnose Typ-1-Diabetes stehen für Kinder und ihre Familien neue Routinen auf dem Plan. An bestehenden Strukturen wollen – und können! – sie dennoch festhalten, etwa am Besuch von Kindertagesstätte (Kita) und Schule. Umso wichtiger ist es, dass alle Beteiligten gut und wissenschaftlich fundiert informiert sind, auch Lehr- und Erziehungskräfte.
Die Diagnose eines Typ-1-Diabetes kann die Welt von heute auf morgen auf den Kopf stellen. In den Wochen nach der Diagnose erhalten die betroffenen Kinder meist individuelle Schulungen. In den Gesprächen mit Diabetes-Fachpersonal steht viel Wichtiges an: Wie messe ich den Blutzucker? Wie berechne ich die individuelle Insulindosis? Wie passe ich die Ernährung an? Was muss ich bei sportlicher Aktivität beachten? Und es gibt viele weitere Themen. Kurzum: Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes lernen, wie sie ihren Diabetes behandeln und von nun an in ihren Alltag einbauen.
Die Eltern lernen in den Schulungen ebenfalls den Umgang mit der Erkrankung, um ihr Kind bei der Behandlung zu unterstützen oder diese für das Kind zu übernehmen. Oft kann so kurze Zeit nach der Diagnose wieder in das alltägliche Leben gestartet werden. Doch wie gelingt der problemlose (Neu-)Start in Kindergarten oder Schule?
Prinzipiell sind Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes genauso belastbar und leistungsfähig wie andere Kinder. Dem Besuch in Kita und Schule steht somit grundsätzlich nichts im Weg. Dabei gibt es jedoch ein paar Dinge zu beachten. Am einfachsten für alle Beteiligten – also das betroffene Kind, dessen Eltern und die Erziehungs- und Lehrkräfte – ist es, gemeinsam offen über die Erkrankung zu sprechen. Das baut Ängste, Sorgen und Belastungen auf allen Seiten ab.
Zunächst können Eltern abklären, inwieweit sich die betreuenden Erziehungs- und Lehrkräfte bereits mit Typ-1-Diabetes auskennen. Oft kann es hilfreich sein, grundlegende Informationen über das Entstehen der Autoimmun-Erkrankung zur Verfügung zu stellen. Auch die Kinder in der Kitagruppe oder der Schulklasse sollten informiert werden, wenn ein Kind die Diagnose Typ-1-Diabetes erhalten hat. Für Lehrkräfte, Schul- und Kita-Kinder stehen altersgerechte Informations-Materialien zur Verfügung.
Im Rahmen des von der Helmholtz-Gemeinschaft geförderten Projekts “Fit in Gesundheitsfragen” hat Helmholtz Munich, das Deutsche Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, umfangreiche Materialien für den Unterricht und Fortbildungen für Lehrkräfte zum Thema Diabetes entwickelt. Lehrerinnen und Lehrer können sich kostenlos und frei zugänglich klassische und digitale Materialien zum Thema Diabetes unter www.diabinfo.de herunterladen (siehe auch Kasten rechts und Seite 27). Diese Materialien eignen sich für den Unterricht in Sekundarstufe I (Hauptschule, Realschule und Gymnaium bis Hauptschul- oder mittlerer Schulabschluss) und Sekundarstufe II (gymnasiale Oberstufe und Abitur). Gleichzeitig können sie auch zum Auffrischen des eigenen Wissens genutzt werden.
Anhand eines Videos kann zum Beispiel der Blutzuckerspiegel im Tagesverlauf beobachtet werden, indem der Protagonist Tom durch seinen Tag begleitet wird. Umfassendes Wissen für Erziehungs- und Lehrkräfte bietet die digital verfügbare Broschüre “Das Krankheitsbild Diabetes – Eine Zusammenfassung für Lehrkräfte”. Dort finden sich Informationen über die Erkrankung Diabetes mellitus und die Unterschiede zwischen Typ-1- und Typ-2-Diabetes. Auch wird erklärt, was eine Unter- und eine Überzuckerung ist und wie im Notfall zu handeln ist.
Die Lerneinheit “Leben mit Diabetes: Typ-F-Diabetes” ist als klassisches Unterrichtsmaterial für Schülerinnen und Schüler vorgesehen. Dabei begeben sie sich durch Wechsel der Perspektive auf eine spannende Entdeckungstour in das Leben eines Menschen mit Diabetes. Sie beschäftigen sich mit den Bedürfnissen und Schwierigkeiten im Umgang mit der Erkrankung und mit der Rolle von Familie, Freundinnen und Freunden. Das Material eignet sich auch für Lehr- und Erziehungskräfte, die ein Kind oder einen Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes in der Gruppe oder Klasse haben. In einem zehnminütigen E-Learning-Modul zum eigenständigen Erarbeiten gehen Lehrkraft und Lernende spielerisch der Frage “Klassenfahrt trotz Diabetes – geht das?” nach. Die kurze Antwort an dieser Stelle vorweg: Ja, das geht! Das Modul informiert auch über die Grundlagen von Typ-1-Diabetes und, wie das kontinuierliche Messen der Glukosewerte mit einem Sensor und eine Insulinpumpe funktionieren.
Die Materialien von “Fit in Gesundheitsfragen” sind über das nationale Diabetes-Informations-Portal diabinfo.de sowie über die gängigen Schulserver abrufbar. “Fit in Gesundheitsfragen” enthält auch praxisnahe Schulungen, die den pädagogischen Fach- und Lehrkräften Basiswissen rund um Diabetes vermitteln. Sie geben Sicherheit im Umgang mit an Diabetes erkrankten Kindern.
Betreuende Personen sollten insbesondere auf Notfälle vorbereitet sein. Dazu gehören zum Beispiel Informationen, was eine Unterzuckerung und was eine Überzuckerung ist und welche Maßnahmen in der jeweiligen Situation ergriffen werden sollten. Gut informiert kann im Notfall schnell reagiert werden. Ebenfalls hilfreich ist, auf die individuellen Anzeichen des Kinds bei einer Unter- beziehungsweise Überzuckerung hinzuweisen und diese schriftlich festzuhalten. Sollte dem Kind oder Jugendlichen einmal nicht selbst auffallen, dass es bzw. er sich im Unter- oder Überzucker befindet, können im Idealfall andere durch das Erkennen von ersten Anzeichen darauf hinweisen. Kleine Helfer wie Traubenzucker oder ein Päckchen Saft zum Behandeln einer Unterzuckerung sollten die Kinder und Jugendlichen sowie die betreuenden Personen vorrätig haben. So kann zum Beispiel in der Sporthalle, im Klassenraum oder auf dem Spielplatz schnell reagiert werden.
Ein Leben mit Typ-1-Diabetes ist in vielen Fällen für alle Beteiligten eine Herausforderung. Mit der richtigen Vorbereitung kann der Kita- oder Schul-Besuch jedoch gut gelingen. Gut ist dabei, auf wissenschaftlich fundierte Informationen zu setzen, um die Erziehungs- und Lehrkräfte beim Umgang mit der Erkrankung zu unterstützen. Mit dem richtigen Wissen können Klein und Groß wieder in den Alltag starten!
Für Kleinkinder bietet sich das kürzlich erschienene Pixi-Buch “Finn hat Diabetes” an. Das von Forschungs-Einrichtungen, Selbsthilfe-Organisationen und einer Krankenkasse gemeinsam entwickelte Kinderbuch erklärt auf anschauliche Weise, was es mit Typ-1-Diabetes auf sich hat und wie Kinder mit Diabetes und Betreuungspersonal ihren Alltag in der Kita zusammen gut bewerkstelligen. Das gemeinsam mit diabinfo.de entwickelte Pixi-Buch eignet sich gut, um es in der Kita-Gruppe zu lesen. Zu bekommen ist es über info@diabinfo.de.
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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2023; 72 (2) Seite 24-27
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