- Eltern und Kind
Diabetes-Schulungsprogramm: Fit für die Schule
3 Minuten
Der Schritt in die Grundschule bedeutet für Kinder mehr Selbstständigkeit und Eigenverantwortung – auch und gerade in Bezug auf ihre Erkrankung, den Typ-1-Diabetes. Für diesen wichtigen Schritt in die Selbstständigkeit wurde für die Übergangszeit von der Kita zur Schule ein eigenes Schulungsprogramm entwickelt.
Um Kinder auf die Selbstständigkeit in der Schule vorzubereiten, gibt es ein spezielles Schulungsprogramm: Der Kurs “Fit für die Schule” richtet sich an alle Schul-Anfängerinnen und -Anfänger mit Typ-1-Diabetes im Alter von 5 bis 7 Jahren, die eine Therapie mit einer Insulinpumpe oder einem Insulinpen durchführen.
Im Kinder- und Jugendkrankenhaus AUF DER BULT findet dieser zweitägige Kurs seit 2009 statt. Jedes Jahr nehmen 20 bis 30 Kinder an zwei bis drei ambulanten Kursangeboten teil. Es werden Kinder aus dem Diabeteszentrum AUF DER BULT und Kinder aus anderen Einrichtungen eingeladen. Zu Beginn des Kurses lernen sich die Kinder in einer Vorstellungsrunde kennen und können von ihren neuen Schulranzen berichten. Erst im Verlauf dieser Runde kommt langsam heraus, dass alle Kinder Typ-1-Diabetes haben und im Sommer des jeweiligens Jahres eingeschult werden.
Auch Eltern werden einbezogen
Die Einschulung ist für die Familien ein großes Ereignis, aber auch eine Herausforderung, denn der neue Alltag in der Schule mit Typ-1-Diabetes ist zu organisieren. In einer Beratungsstunde nur für die Eltern werden verschiedene Optionen erläutert. Findet die Versorgung des Kinds durch die Lehrkräfte statt, kann eine Fortbildung der Lehrkräfte durch die Diabetesberatung angeboten werden. Wenn das nicht möglich ist, sollte frühzeitig über eine Schulassistenz gesprochen werden.
Es empfiehlt sich, diese Frage schon in der ambulanten Betreuung etwa sechs Monate vor Schulbeginn zu erörtern. Weiterer Inhalt der Beratungsstunde für die Eltern ist die Rückmeldung zum Verhalten ihrer Kinder während des Kurses und, was das Kind bis zur Einschulung noch üben kann. Dazu gehören zum Beispiel das Messen des Blutzuckers und das Reagieren auf Alarme des Systems zum kontinuierlichen Messen der Glukosewerte.
Altersgemäße Selbstständigkeit
Der Schulungskurs wird mit einem von uns entwickelten Schulungsprogramm durchgeführt. In erster Linie sollen die altersgemäße Selbstständigkeit und das Selbstbewusstsein der Kinder gefördert werden. Themen des Kurses sind der Typ-1-Diabetes, Unterzuckerung, Nahrungsmittel mit und ohne Kohlenhydrate, Bewegung, Bewerten der Glukosewerte und Verhalten in der Gruppe.
Für diese Altersgruppe sollte die erste Diabetes-Schulung eine tolle Erfahrung sein. Mit altersentsprechendem Schulungsmaterial lernen die Kinder, welche Aufgabe Insulin hat und warum es in ihrem Körper nicht mehr hergestellt wird.
Umgang mit Unterzuckerungen
Da Kinder in diesem Alter noch kein sicheres Verständnis für Zahlen haben, werden ihnen spielerisch die Blutzuckerwerte und Trendpfeile nähergebracht. Welche Werte okay sind und bei welchen Werten sie einem Erwachsenen Bescheid geben sollten, wird mit Arbeitsblättern und verschiedenen Farben erklärt.
Oft ist es eine große Herausforderung, eine Unterzuckerung zu spüren. Mit einem Körperschema kann jedes Kind leicht eine Markierung an der Körperstelle setzen, wo es vielleicht ein komisches Gefühl spürt. Ergänzend und zum Festigen der besprochenen Inhalte wird eine Notfallkiste für den Klassenraum gebastelt. Das Befüllen mit Traubenzucker und Notfallkarte ist Spaß und Lernkontrolle in einem.
Verhalten bei Diabetes und Sport
Große Freude bereitet auch ein Detektivspiel um das korrekte Durchführen des Blutzucker-Messens. Jedes Kind sollte eine Messung durchführen, um im Fall eines Verlusts des Glukosesensors seinen Blutzucker korrekt messen zu können. Ein weiterer Bestandteil des Kurses ist das Erkennen von Nahrungsmitteln mit und ohne Kohlenhydrate und von Kohlenhydraten, die günstig bei einer Unterzuckerung sind. Hierbei können die Nahrungsmittel als Fotos oder Bilder sortiert oder auf Arbeitsblättern markiert werden.
Außerdem gehört zum Konzept eine Sportstunde, in der die Kinder lernen, woran sie vor und nach dem Sport denken sollten. Auch in der Beratungsstunde für die Eltern gibt es dazu einen Hinweis, dass die Sportbeutel extra mit Traubenzucker und Blutzucker-Messgerät bestückt werden können. Das selbstständige An- und Abkoppeln der Insulinpumpe sollten die Kinder üben, wenn sie beim Sport die Pumpe nicht tragen möchten.
Umgang mit der Insulinpumpe
Während des Kurses wird mit den Kindern die Insulin-Abgabe über die Pumpe durchgeführt. Das ist jedes Mal ein besonderes Highlight, da viele Kinder die Pumpe noch nicht selbst in die Hand nehmen durften. Natürlich muss ganz klar kommuniziert werden, dass dies nur im Beisein eines Erwachsenen gemacht werden darf. Einige Eltern berichten später, dass sie seit dem Kurs die Insulin-Abgabe für die Mahlzeiten oft gemeinsam mit ihren Kindern durchführen.
Lob und Urkunde
Am zweiten Tag findet nach einer kurzen Wiederholung der Inhalte ein fünfstündiger Ausflug mit Mittagessen und Toben statt. Mit der Verabschiedung erhalten die Kinder viel Lob und die Urkunde “Du bist jetzt Fit für die Schule”.
In 14 Jahren “Fit für die Schule” haben weit über 250 Kinder an diesem Kurs teilgenommen. Die Resonanz der Eltern und Kinder ist dabei sehr gut, sodass vor sechs Jahren ein Kurs “Fit für die weiterführende Schule” initiiert wurde.
Fit für die weiterführende Schule
Dieses Schulungsprogramm für Kinder zwischen zehn und zwölf Jahren geht auf die Zeit nach der Grundschule ein – mit langen Schulwegen, hohen Leistungs-Anforderungen, wechselnden körperlichen Belastungen und Mittagessen in der Schulmensa. Angeboten wird ein Diabetes-Schulungsprogramm, das auf den Übergang in die weiterführende Schule vorbereitet. Zusätzlich gibt es Schulungseinheiten mit den Eltern, in denen ein neuer, altersangemessener Umgang mit dem Diabetes in der Familie erarbeitet wird.
Schwerpunkt „Mit Diabetes in Kita und Schule”
- Diabetes in Schule und Kita – Wissen aufbauen
- AID-Systeme für Kinder mit Diabetes: Helfer in Schule und Kita
- Diabetes-Schulungsprogramm: Fit für die Schule
- Schul-Begleitung – die rechtliche Sicht
von Sarah Biester und Kerstin Remus
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2023; 72 (2) Seite 18-19
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 1 Woche
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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mayhe antwortete vor 1 Woche
Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
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sveastine antwortete vor 1 Woche
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
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mayhe antwortete vor 6 Tagen, 19 Stunden
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike
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stephanie-haack postete ein Update vor 1 Woche, 1 Tag
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 3 Wochen, 2 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 4 Tagen
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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