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Die Zahl der Kinder mit Diabetes, die neue Technologien nutzen, steigt rasant an. Für Außenstehende mag es manchmal befremdlich wirken, mit wie viel teurer Diabetestechnologie bereits Fünfjährige unterwegs sind. Wie können den Kindern selbst, aber auch Freunden und Erwachsenen, die Geräte und Funktionen gut erklärt werden?
Für Außenstehende mag es manchmal befremdlich wirken, mit wie viel teurer Diabetestechnologie bereits Fünfjährige unterwegs sind. Eine Mutter sagte einmal mit einem Augenzwinkern, dass ihr sechsjähriger Sohn ein kleiner „Cyborg“ sei. Damit Kinder diese Geräte hilfreich und nicht störend erleben, benötigen sie altersgemäße Erklärungen, die sie auch an ihre Freunde und erwachsenen Betreuer weitergeben können.
Dabei erscheint uns die Haltung der Eltern zur Technologie besonders wichtig. Sie sollten sich zunächst einmal – auch wenn es schwerfällt – darüber freuen dürfen, dass ihr Kind ein CGM-System oder eine Insulinpumpe oder beides in Kombination nutzen kann. Das war noch vor einigen Jahren undenkbar. Und in vielen europäischen Nachbarländern, aber auch in den USA, ist der Zugang zu modernen Diabetestechnologien bis heute eingeschränkt oder auch abhängig von den finanziellen Möglichkeiten einer Familie.
Wenn man unter diesen Gesichtspunkten die hochwertigen Präzisionsgeräte in den Händen wiegt, beginnt man, sie zu schätzen. Und wenn Eltern die Geräte wertschätzen, die ihr Kind schützen, gut behandeln und normal groß werden lassen, dann kann man auch gute Worte dafür finden. Damit heißen Sie als Eltern ja nicht den Diabetes „herzlich willkommen“, nein, diese Erkrankung haben Sie sich nicht für Ihr Kind gewünscht, aber Ihr Kind muss wissen und spüren, dass Sie all diese Technologien, die immer mit einem Piks ans Kind kommen, gutheißen.
Eine Insulinpumpe und ein Sensor sind in keiner Weise mit einem neuen Top-Smartphone vergleichbar, das müssen Eltern auch manchen Mitarbeitern ihrer Krankenkasse genau so sagen. Wenn ein neues technisches System einem Kind mit Diabetes mehr Sicherheit oder eine bessere Einstellung ermöglicht, dann ist das nicht mit einem Modellwechsel beim Smartphone vergleichbar, wo die Kamera nun auch 4-K-Videos nachts oder unter Wasser erzeugen kann.
Eine Insulinpumpe oder Insulinpens sind lebensnotwendig, ein Blutzuckermessgerät oder ein Sensor mit Alarm unverzichtbar und moderne Insulinanaloga kein Luxus, sondern notwendig, weil das Insulin nun mal super schnell oder sehr lange und stabil wirken muss.
Finden Sie einfache und sinnvolle Worte und Vergleiche für diese Produkte, tauschen Sie sich mit anderen Eltern aus. Im Internet gibt es sehr schöne Foren und Websites, wo technisch versierte Familien über ihren Alltag mit Diabetes berichten.
Viele Eltern finden einfache Worte, die sich an die tatsächlichen Begriffe aus der Medizin anlehnen: „Das ist ein „Pikser“ (Stechhilfe für die Blutzuckermessung), damit können wir Deinen Blutzucker messen, das ist wie ein klitzekleiner Mückenpiks“ – „Komm, wir machen mal schnell eine „Mücke“.
Der „Sensor“ heißt oft auch „Sensor“, und die jungen Kinder wissen natürlich noch nicht, was so ein Gerät kann. Es ist hilfreich, in einfachen Worten zu erklären, was das Gerät macht und warum es gut ist, um später bei passender Gelegenheit einen für das Kind verständlichen Vergleich zu finden: „Das ist Dein Sensor, damit können wir sehen, wie hoch der Zucker ist.“
Wenn das Kind sich gerade mit dem Auto beschäftigt, dann könnten Sie so nebenbei in Form eines Vergleiches erklären: „Das ist der Tacho, der zeigt, wie schnell das Auto fährt … und mit dem Navi sehen wir, wohin wir fahren … und der Sensor zeigt uns, wie schnell Dein Zucker nach oben oder nach unten fährt, das ist ganz ähnlich.“ Die Navi-Analogie hat sich auch in Gesprächen mit Erzieherinnen oder anderen Eltern bewährt. Aber vielleicht finden Sie ja auch einen viel besseren Vergleich aus Ihrem wahren Leben?
Kinder lernen spielend, mit Zahlen umzugehen. Überall im Alltag sind Zahlen zu finden, im Supermarkt auf den Preisschildchen, in Kinderbüchern, auf Familienkalendern, auf dem Tacho im Auto oder eben auf der Insulinpumpe oder dem CGM-Gerät. „Kannst Du schon eine Zahl erkennen?“ – Viele Kinder mit Typ-1-Diabetes lernen so viel schneller die Zahlen als altersgleiche Kinder. Sie üben jeden Tag, mit Freude und freiwillig, auch wenn die Zahlen verkehrtherum genannt werden, sie freuen sich, wenn sie welche erkennen. Strahlt Ihr Kind, dann lächeln Sie zurück und loben es kurz („super“), wenn die Zahlen stimmen.
Auch Pfeile sehen wir überall im Alltag. Pfeile zeigen den Weg, sind Verkehrszeichen, sind auf dem Navigationsgerät zu sehen oder blinken nach rechts oder links. Auch hier bietet es sich an, mehr „nebenbei“ zu erklären, dass die Eltern an den Pfeilen (1, 2 oder 3) und der Richtung (nach oben, unten, schräg nach oben oder unten oder geradeaus) sehen können, „wohin der Zucker fährt“. Gut ist es, wenn Sie z. B. immer wieder sagen: „Deine Pumpe hat geklingelt/gepiept, Dein Zucker ist niedrig … jetzt bekommst Du Traubenzucker, dann geht es Dir besser.“
Später dann: „Wo ist der Wert jetzt? Wohin geht der Pfeil, kannst Du mir das sagen?“ Lassen Sie Ihr Kind nebenbei im Alltag lernen! „Dein Zucker ist super, aber es gehen zwei Pfeile nach unten … daher bekommst Du vor dem Radfahren noch einen Traubenzucker.“ 100-mal erlebt, prägt sich das ein, und die Kinder werden plötzlich wissen, was zu tun ist, da sie etwa den gleichen Satz 100-mal gehört haben.
Zur Insulinpumpe oder zum Insulinpen können Eltern sagen: „Da ist Insulin drin, das brauchst Du zum Essen und für die Nacht“, mehr Erklärungen müssen es bei ganz kleinen Kindern nicht sein. „Ein kleiner Piks, schon ist das gute Insulin drin.“ Wenn nötig, können Sie ergänzen: „Dein Körper macht kein Insulin mehr, daher spritzen wir es. Nein, als Bonbon gibt es das noch nicht, aber bestimmt forschen da schon viele Ärzte dran.“
Nicht selten entdecken Kinder andere Kinder mit einer sichtbaren Behinderung. Dann kann man die Situation nutzen und sagen: „Ja, der Ben, der hat sich den Arm gebrochen und hat jetzt einen tollen blauen Gipsarm … in ein paar Wochen ist alles wieder o.k., meistens gehen Krankheiten weg. Aber der Paul, der sitzt in einem Rollstuhl, seine Beine sind nicht so stark, aber schau, was der alles kann.“ Oft sagen Kinder dann: „Und ich brauche die Pumpe!“ – „Stimmt.“
Die sensorunterstützte Insulinpumpe bietet den Kindern je nach Modell bei „Unterbrechen vor Niedrig“ (die Pumpe schaltet die Basalrate bei fallenden Werten ab) einen gelben Balken im Display als optische Hilfe, dass diese Funktion jetzt aktiv ist. Für Kinder erklären wir das so: „Wenn Du einen Sonnenstrahl auf der Pumpe siehst, ist das toll, denn sie arbeitet für Dich!“
Erklären Sie alles positiv, Ihre eigenen Bedenken („Reicht die Abschaltung oder muss ich noch Traubenzucker geben, hoffentlich sinkt der Zucker nicht zu sehr …“) müssen bei Ihnen als Eltern bleiben und in Ihrem Kopf bearbeitet werden. Individualisieren Sie auch gern Pens, Sensoren oder Pumpen mit bunten Aufklebern, das lieben Kinder sehr, und es macht die Technik optisch kindgerecht.
Die neuste Pumpengeneration mit „adaptiver Basalrate“, die für Kinder ab 7 Jahren zugelassen ist, hat erstmals ein sehr einfaches Farb- und Symbolkonzept, das selbst sehr junge Schulkinder sofort verstehen. Im Display ist nur noch der Wert mit Trendpfeil in einem Schild zu sehen, wenn diese Funktion aktiv ist. Ein blaues Schild zeigt „alles ist gut“, die Pumpe schafft es im Hintergrund durch häufige Mikroboli, die Glukose stabil bei 120 mg/dl (6,66 mmol/l) zu halten.
Ein graues Schild bedeutet nichts Schlimmes; es weist nur darauf hin, dass etwas getan werden sollte. „Bitte mach das, was im Display steht.“ – Im Regelfall ist das eine Blutzuckermessung oder eine extra Bolusgabe zur Korrektur. Wenn ein Kind noch nicht lesen kann, empfehlen wir: „Wenn das graue Schild zu sehen ist, dann bitte einen Erwachsenen um Hilfe. Und ist kein Schild (mehr) zu sehen, bitte ebenfalls einen Erwachsenen um Hilfe.“
Denn trotz großer Fortschritte bleiben Kinder weiterhin junge Menschen, die auf eine liebevolle und verlässliche Unterstützung ihrer Eltern und durch andere Betreuer angewiesen sind.
Welche Formulierungen nutzen Sie, um Ihrem Kind die Diabetestherapie und -technologie zu erklären, welche funktionieren besonders gut? Schreiben Sie uns doch (einfach per Mail an: finkenauer@kirchheim-verlag.de
), wir sammeln Ihre Ausdrücke und Erklärungen und stellen sie dann online und im Heft anderen Eltern zur Verfügung.
Dr. Simone von Sengbusch |
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Diabetologin DDG Klinik für Kinder- und Jugendmedizin UKSH Lübeck, E-Mail: simone.vonsengbusch@uksh.de |
Prof. Dr. Karin Lange |
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Leiterin Medizinische Psychologie, Medizinische Hochschule Hannover, E-Mail: lange.karin@mh-hannover.de |
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2020; 12 (1) Seite 14-16
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