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Führt Luca sein Tagebuch, sind auch die Blutzuckerwerte gut … doch es ist gar nicht so leicht, ihn dazu zu bringen, berichtet sein Vater.
„Mach es gleich, dann ist es erledigt.“ „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.“ Es gibt Aussprüche, die Kinder, Jugendliche oder junge Erwachsene häufiger zu hören bekommen als andere. Diese beide gehören garantiert dazu. Wer in seinem Leben jemals eine Berufsausbildung absolviert hat und angehalten war, seinem Arbeitgeber regelmäßig ein Berichtsheft vorzulegen, erinnert sich sicher gut an den Hinweis „Mach es gleich!“ und das Gefühl, mehrere Monate in Verzug zu sein.
Luca kennt dieses Gefühl auch. Seit er eine Insulinpumpe trägt und mit flinken Fingern seinen Blutzucker misst, Insulin abgibt und sich über seine Mahlzeiten hermacht, hat sein Blutzuckertagebuch Berichtsheft-Status erreicht. Dokumentiert wird frei nach dem Motto: Ich trage ein, wenn ich daran denke. „Also nie!“, würde meine Frau jetzt sagen und hätte wieder einmal recht.
Die akribische Dokumentation seiner Blutzuckerwerte nervt Luca, das sieht man ihm deutlich an. Und doch hat er mittlerweile gemerkt, dass sich die (In-)Konsequenz, mit der er sein Tagebuch führt, häufig auf seinen Blutzuckerwert übertragen lässt. Dokumentiert er, sind die Werte gut, dokumentiert er nicht, sind die Werte eher schlecht.
Eine Unterhaltung von neulich macht es deutlich: „Luca, was hattest du gestern und vorgestern Abend für einen Wert?“, fragte meine Frau. Luca: „Weiß ich nicht.“ Meine Frau: „Wir müssen die Insulinpumpe neu programmieren und die Abgabe des Insulins verändern, also schau doch mal bitte im Blutzuckertagebuch nach.“ Luca: „Hm. Komisch, da steht ja gar nichts drin.“ Meine Frau: „Aber du solltest doch eintragen!“ Luca: „Ja, hab‘ ich auch, aber einige Tage fehlen halt noch. Das mach‘ ich dann am Wochenende!“
Der Blick in den Computerspeicher der Insulinpumpe bestätigte die Vermutung: 225 mg/dl und 266 mg/dl (12,5 mmol/l und 14,8 mmol/l) – die verlangten Werte waren zu hoch.
Dass Luca die Selbstständigkeit genießt, die ihm die Insulinpumpe erlaubt, und dass er das alltägliche digitale Diabetes-Management mit dem Mini-Computer ebenso beherrscht wie den raschen Wechsel seines Pods, darüber haben wir an dieser Stelle bereits berichtet. Die akribische Fortführung des Blutzuckertagebuchs hat darunter zuletzt allerdings sehr gelitten. Unser Sohn muss lernen, die Dokumentation der Blutzuckerwerte wieder in seinen Alltag zu integrieren und sich klarmachen, dass das Führen eines Blutzuckertagebuchs nicht spießig, sondern hilfreich ist.
Die regelmäßigen Untersuchungen in der Kinderklinik untermauern das deutlich. Ein sauber geführtes Tagebuch mit diversen Anmerkungen oder Hinweisen zu Uhrzeiten, zur Nahrungsaufnahme oder körperlicher Betätigung ist für den behandelnden Arzt eine große Hilfe und für eine erfolgreiche Diabetestherapie von zentraler Bedeutung. Denn es kommt eben nicht nur auf den isoliert betrachteten Wert an, sondern eben auch auf die Bedingungen, unter denen der Wert zustande kam. Analog lässt sich das in der Praxis für einen Zehnjährigen derzeit einfacher dokumentieren als digital.
Sollte es eines Tages eine Rund-um-Applikation für mobile Endgeräte geben, die Werte-, Notiz- und Pfeil-Erklärungs-Management per Klick nach Vorstellung bearbeitet, – wir hätten Interesse. Von einem digitalen Diabetes-Management, das sich nur mit dem Primus aller Smartphones umsetzen und verwalten lässt, halten wir nichts.
Im Kommentarbereich unterhalb der Kolumne können Sie das Gelesene kommentieren, eigene Erfahrungen schildern, mitreden …
von Michael Denkinger
Michael Denkinger (43) lebt mit seiner Familie nahe Memmingen und hat drei Kinder: Luca (10 Jahre), Angelina (13) und Timo (6). Er ist Inhaber der PR-Agentur Denkinger Kommunikation.
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2014; 7 (1) Seite 32
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