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In Deutschland nehmen weniger als 40 Prozent der Frauen mit einem Schwangerschafts-Diabetes ein Nachsorgeangebot in Anspruch. Obwohl die Betroffenen nach der Geburt ihres Kindes ein erhöhtes Risiko haben, an Typ-2-Diabetes zu erkranken, verzichtet die Mehrheit auf die empfohlenen Diabetes-Screenings, die dabei helfen, die Stoffwechselerkrankung frühzeitig zu erkennen. Das meldet das Deutsche Diabetes-Zentrum (DDZ) in Düsseldorf.
Prof. Andrea Icks, Direktorin des Instituts für Versorgungsforschung und Gesundheitsökonomie an der medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und am Deutschen Diabetes Zentrum (DDZ), hat das Thema mit ihrem Team untersucht: „Wir haben den Anteil des sogenannten postpartalen Diabetes-Screenings bei 12.991 Frauen mit einer Gestationsdiabetes-Diagnose während der Schwangerschaft im Studienzeitraum im bundesweiten GestDiab-Register zwischen 2015 und 2017 erhoben“, erklärt die Expertin.
In der Stichprobe haben 38,2 Prozent der Frauen an einem postpartalen Diabetes-Screening teilgenommen: Frauen mit höherem Lebensalter und solche mit Insulinbehandlung während der Schwangerschaft nahmen tendenziell eher teil, Frauen mit Migrationshintergrund, einem höheren Body-Mass-Index (BMI), Raucherinnen und Frauen mit schlechteren Werten bei Nüchtern-Glucose und HbA1c eher nicht. Mehr als 60 Prozent der Frauen mit Schwangerschafts-Diabetes haben kein Screening nach der Geburt in Anspruch genommen, so Andrea Icks. “Und unter den Nichtteilnehmerinnen waren Frauen mit einem ungünstigeren Lebensstil häufiger vertreten. Hier fragen wir uns, ob diese Frauen gut informiert ihre Entscheidung für oder gegen eine Nachsorge treffen und sehen Bedarf für die Versorgungsforschung.”
Gründe für die niedrige Inanspruchnahme können vielfältig sein und nicht nur bei den Patientinnen, sondern auch bei Leistungserbringern oder im Versorgungssystem liegen, erläutert das DDZ. Nationale und internationale Arbeiten lassen annehmen, dass die sozioökonomische Lage, also beispielsweise das Bildungsniveau, entscheidenden Einfluss auf das generelle Gesundheitsverhalten hat. Ähnliche Erkenntnisse hat das Robert-Koch-Institut in einer Untersuchung des Zusammenhangs zwischen sozialer Ungleichheit und Diabetes gesehen.
Aber auch eine fehlende Abstimmung zwischen Hausärzten, Diabetologen und Frauenärzten können eine Rolle spielen. „Wichtige Faktoren sind dabei einerseits der Nachwuchsmangel und anderseits die fehlende Finanzierung von interdisziplinärer Versorgung“, meint Prof. Michael Roden, Direktor der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Düsseldorf sowie Direktor des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ). Ob sich die betroffenen Frauen bewusst gegen ein Screening entscheiden oder nicht über das Risiko und die Angebote nach der Geburt informiert sind, ist allerdings unklar. Eine Konzentration auf das Neugeborene, die neuen Lebensumstände und Zeitmangel könnten dazu beitragen, dass die eigene Nachsorge nicht wahrgenommen wird, so Prof. Icks. „Hier bedarf es in jedem Fall noch weiterer Untersuchungen“, lautet das Fazit der Expertin. In einer aktuellen Studie untersucht ein Forschungsverbund unter ihrer Leitung patienten- wie systemseitige Gründe für die (Nicht-)Inanspruchnahme des Screenings, um daraus ein Versorgungsmodell für die Zukunft abzuleiten.
„Menschen mit Diabetes benötigen kontinuierliche Pflege und Unterstützung, um […] Komplikationen zu vermeiden“, forderten deshalb schon im vergangenen Herbst die Organisatoren des Weltdiabetestags. Der grundsätzliche Zugang zu Versorgung in Deutschland sei nicht das Problem „aber Hürden für die sektorenübergreifende und interdisziplinäre Versorgung gibt es dennoch“, sagte Prof. Roden. „Sozioökonomische und psychosoziale Faktoren spielen eine weitere wichtige Rolle bei der Entscheidung, Versorgung in Anspruch zu nehmen. Nicht zuletzt benötigen wir mehr Diabetologen und Diabetologinnen und entsprechende Fachabteilungen an den großen Kliniken.“
Quelle: DDZ | Redaktion
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