Was ist eine diabetische Ketoazidose?

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Was ist eine diabetische Ketoazidose?

Hohe Werte, Erbrechen, Bauchschmerzen, angestrengte Atmung – das sind die Anzeichen für eine diabetische Ketoazidose, die durch eine Entgleisung des Stoffwechsels bei Typ-1-Diabetes entstanden ist. Wie kann eine Ketoazidose verhindert werden? Was ist zu tun, wenn eine Ketoazidose vorliegt?

Eine diabetische Ketoazidose entsteht durch eine schwere Entgleisung des Stoffwechsels bei Typ-1-Diabetes und kann mit “Übersäuerung des Blutes” übersetzt werden. Kinder und Jugendliche mit diabetischer Ketoazidose haben sehr hohe Blutzuckerwerte, außerdem ist Ketonim Blut bzw. Azeton im Urin nachweisbar. Das klinische Erscheinungsbild beinhaltet Erbrechen, Bauchschmerzen und eine angestrengte Atmung.

Liegt eine Ketoazidose vor, bleibt nur noch der Weg zum Arzt oder ins Krankenhaus, damit eine schnellstmögliche Versorgung mit Insulin, Flüssigkeit und Salzen erfolgen kann. Wird die Ketoazidose nicht rechtzeitig behandelt, kann sie zu einem lebensgefährlichen Zustand des Kindes mit Koma führen.

Wer bekommt eine diabetische Ketoazidose?

Eine Ketoazidose entsteht dann, wenn im Körper zu wenig Insulin vorhanden ist. Somit sind in erster Linie Kinder und Jugendliche bei Manifestation ihres Diabetes gefährdet. Die voranschreitende Zerstörung der insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse führt hier zu einem Insulinmangel, der bei noch unbekanntem Diabetes nicht unbedingt erkannt wird und so zu einer Ketoazidose führen kann. Bei 10 bis 20 Prozent aller Kinder, die an Typ-1-Diabetes mellitus erkranken, liegt bei der Diagnosestellung auch eine diabetische Ketoazidose vor.

Ursachen für hohe Werte
Zu hohe Werte? Diese Fragen helfen bei der Ursachenforschung:

Bei Insulinpumpentherapie:

  • Bolus vergessen oder verschätzt?
  • Technischer Defekt der Pumpe?
  • Luftblasen im System?
  • Katheter defekt, Schlauch undicht?
  • Zu lange Liegedauer des Katheters?
  • Zu lange Unterbrechung der Insulinzufuhr?

Auch bei bekanntem Diabetes kann es zu solchen Insulinmangelsituationen kommen. Treten hohe Blutzuckerwerte auf, sollte daher immer nach den Ursachen geforscht werden, um eine weitere Entgleisung zu verhindern (siehe Tabelle links). Werden hohe Blutzuckerwerte nicht rechtzeitig erkannt und ihre Ursache nicht behoben, steigen sie weiter an und können zur Ketoazidose führen.

Was passiert bei der Ketoazidose im Körper?

Die diabetische Ketoazidose ist, wie oben erwähnt, durch das Vorliegen hoher Blutzuckerwerte und hoher Blutketonwerte, Azeton im Urin sowie Erbrechen, Bauchschmerzen und Atemnot gekennzeichnet. Der Zusammenhang und die Auswirkungen dieser einzelnen Komponenten werden hier Schritt für Schritt erklärt:

1. Hohe Blutzuckerwerte

Die Glukose dient dem Körper zur Energiegewinnung. Durch Insulin gelangt die Glukose aus dem Blut in die Zellen. Kommt es zu einem Insulinmangel (z. B. bei der Manifestation des Diabetes oder bei Infekten bei bekanntem Diabetes), kann die Glukose nicht mehr in ausreichender Menge in die Zellen aufgenommen werden und verbleibt im Blut. Dies führt zum Anstieg des Blutzuckers.

Da die Glukose dem Körper nicht mehr als Energiequelle zur Verfügung steht, gerät der Körper in den Hungerstoffwechsel und sucht sich eine alternative Energiequelle: die Fettzellen. Der Abbau von Fettzellen liefert dem Körper einerseits Energie, andererseits führt er zur Bildung einer Säure: der Ketosäure (alternative Bezeichnung: Ketonkörper).

2. Hohe Blutketonwerte

Die Ketonkörper sind ein Abfallprodukt, das beim Abbau von Fettzellen entsteht. Sie werden normalerweise mit dem Urin in Form von Azeton wieder ausgeschieden.

Hält dieser Zustand nur kurzzeitig an, ist dies nicht weiter gefährlich. Durch die Zufuhr von Insulin kann der Blutzucker gesenkt werden, und die Ketonkörper können durch Aufnahme von reichlich Flüssigkeit mit dem Urin als Azeton ausgeschieden werden. In der Situation des anhaltenden Insulinmangels wird jedoch mehr Keton gebildet, als Azeton ausgeschieden werden kann, so dass es schließlich zu einer Übersäuerung des Blutes kommt.

3. Erbrechen, Bauchschmerzen, Atembeschwerden

Durch die Übersäuerung des Blutes kommt es zu Unwohlsein und Übelkeit, später zu Erbrechen und Bauchschmerzen. Erbrechen und Bauchschmerzen dürfen in dieser Situation, mit hohen Blutzuckerwerten und Ketonnachweis, nicht mit einem banalen Magen-Darm-Infekt verwechselt werden. Die Ursache für die Beschwerden ist der Insulinmangel, der schnellstmöglich ausgeglichen werden muss, da hier das Vollbild einer diabetischen Ketoazidose vorliegt. Oft helfen dann nur noch die stationäre Aufnahme in einer Klinik und eine Insulin- und Flüssigkeitszufuhr über einen Venenzugang.

Eine diabetische Ketoazidose verhindern

Regelmäßige Blutzuckermessungen sind die Grundlage in der Behandlung des Diabetes bei Kindern und Jugendlichen. Grundsätzlich sollten die Blutzucker regelmäßig sechs- bis achtmal täglich bestimmt werden. Durch regelmäßige Messungen und Korrekturen ist die Gefahr, hohe Werte zu entwickeln, bereits sehr gering.

Sollten die Werte doch einmal höher ausfallen, sollten Eltern/Jugendliche ein paar Grundregeln befolgen: Als erstes sollte eine Korrektur des zu hohen Wertes mittels einer zusätzlichen Insulingabe per Pen/Spritze oder Insulinpumpe erfolgen. Im nächsten Schritt ist die Ursachenforschung unerlässlich.

Ist eine einmalige Unterdosierung des Insulins die Ursache, oder muss wegen eines Infekts mit einer anhaltenden Erhöhung der Werte gerechnet und die Insulindosis deutlich erhöht werden? Oder ist der Insulinpumpenkatheter abgeknickt und muss sofort ausgetauscht werden, damit das Insulin aus der Pumpe auch wieder in den Körper gelangen kann?

Sollten nach der ersten Korrektur die Blutzuckerwerte weiterhin viel zu hoch sein, ist die Blutketonmessung oder Azetonmessung im Urin unbedingt erforderlich. Sie sollte von allen Kindern und Eltern beherrscht und auch angewendet werden können. Mittels Abnahme eines Bluttropfens aus der Fingerkuppe ist die Blutketonmessung rasch und komplikationslos durchführbar und bietet sehr differenzierte Werte, die das weitere Vorgehen bestimmen. Als Alternative kann eine Azetonmessung im Urin durchgeführt werden.

Ein differenziertes Vorgehen zur Behandlung hoher Blutzuckerwerte und einer Prävention der diabetischen Ketoazidose sollte jede Familie im Rahmen der Diabetesschulung lernen. Den Algorithmus aus unserer Klinik können Sie dem Schaubild links auf dieser Seite (“Eine Ketoazidose vermeiden”) entnehmen.

Fazit

Die Blutketonmessung sollte von allen Kindern und Eltern angewendet werden können. Eine Ketoazidose vermeidenDie diabetische Ketoazidose ist eine akute lebensgefährliche Stoffwechselentgleisung bei Typ-1-Diabetes. Die Kennzeichen sind: hoher Blutzucker, Keton im Blut bzw. Azeton im Urin. Klinische Symptome sind Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und angestrengte Atmung.

Eine frühzeitige Behandlung hoher Blutzuckerwerte kann die Entstehung einer Ketoazidose verhindern. Mit dem Schema zur Prävention der diabetischen Ketoazidose (siehe Schaubild) sollten die Familien mit einem Kind mit Diabetes vertraut sein.


von Dr. med. Nicolin Datz
Oberärztin Pädiatrie III, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin “Auf der Bult”, Hannover
E-Mail: datz@hka.de

Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2016; 9 (4) Seite 24-26

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • darktear antwortete vor 2 Wochen

      Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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