- Aus der Community
 
„Worte sind Fenster oder sie sind Mauern.“
4 Minuten
											
Als ich nach einem Einstieg für diesen Artikel suchte, traf ich auf dieses Zitat. Gerne möchte ich es im Hinblick auf den Familienalltag mit Diabetes Typ 1 einmal beleuchten. Auf die Idee kam ich, als ich neulich ein Webinar zum Thema „Diabetesakzeptanz“ für #KidsKonWeb hielt und manchen Teilnehmer*innen an dem Abend bewusst wurde, wie groß der Unterschied ist, ob ich etwas tun muss, möchte, darf, will oder kann.
Lasst mich ein wenig ausholen
„Ich muss jetzt zur Arbeit.“ „Papa muss heute länger arbeiten.“ „Wir können jetzt nicht spielen, wir müssen noch arbeiten.“ Wie wäre es, wenn man sagen würde: „Ich möchte jetzt noch eine Runde arbeiten, danach können wir gerne etwas spielen.“ Ich finde, dass das ein ganz anderer Vibe ist, auch für das Kind. Plötzlich ist Arbeit schön und gewollt und gibt auch dem Kind das Gefühl, dass die Eltern gerade etwas tun, womit sie gerne ihre Zeit verbringen.
Ich denke nach:
„Ich muss kochen.“ (meine Mutter)
„Ich will kochen.“ (meine Teenage-Tochter)
„Ich darf kochen.“ (meine Jüngste, wenn sie Mehl und Wasser mischt und daraus Pfannkuchen zaubert)
„Ich kann kochen.“ (mein Mann, der sich das während der Lockdowns selbst beigebracht hat)
„Ich möchte kochen.“ (ich, wenn ich mich nach einem langen Tag am Schreibtisch auf die Zutaten und Küchendüfte und das, was daraus entsteht, freue)
Ein langer Weg
Für mich war es ein langer Weg, vom Müssen meiner Mutter zum eigenen Möchten zu kommen. Und noch heute stolpere ich das ein oder andere Mal und falle auf die Nase. Nicht nur in der Küche habe ich in meiner Kindheit zu Hause gelernt, dass wohl nichts ohne Müssen funktioniert. Auch beim Kofferpacken, Einkaufen, Arbeiten, Geschenkeeinpacken und Schlafen war von Dürfen oder Wollen selten die Rede. Wie schön wäre es gewesen, wenn ich als Kind gelernt hätte, dass ich Koffer packen darf, weil es endlich in den lang ersehnten Urlaub geht, oder ich endlich ins Bett darf, weil es schön ist, nach einem langen Tag zur Ruhe zu kommen. Wie gerne hätte ich ein Wollen beim Arbeiten oder Einkaufen gehört oder ein Möchte beim Geschenkeeinpacken. Da wären so viele Fenster aufgegangen. Ich war mir der Mauern als Kind gar nicht bewusst und ich bin mir sicher, meine Eltern haben ihr Bestes gegeben. Aber diese Mauern abzutragen und zu verstehen, dass dahinter Fenster liegen, darauf bin ich lange nicht gekommen. Seht ihr, wie ich darauf musste ich erst kommen vermieden habe?
Zurück zum Familienalltag mit Diabetes
Es geht turbulent zu. Manchmal wird es zu viel. Manchmal ist man erschöpft, manchmal hat man einfach keine Lust mehr, auch bei uns zu Hause. Und dann muss auch noch der Katheter gewechselt werden. Was für eine ungeliebte Pflicht. Nicht immer schaffe ich es, die Kurve hin zu dem z.B. folgenden Satz zu bekommen: Heute Abend wechseln wir kurz den Katheter. Man muss es ja nicht immer wollen oder dürfen, manchmal reicht es vielleicht auch, wenn wir es einfach machen, ohne müssen. Ich bringe jetzt den Müll raus – das ist dann halt einfach jetzt so, ganz unaufgeregt.

Hier noch ein paar Beispiele:
- „Du musst dich bewegen, Dein Wert ist viel zu hoch.“ So viele Mauern stecken in diesem Satz. Die Bewegung wird zur ungeliebten Pflicht und ein bisschen Schuld schwingt auch gleich noch mit. Wie wäre es alternativ mit: „Dein Wert ist gerade angestiegen und sehr hoch jetzt. Lass uns ’ne Runde herumrennen.“ Das könnte ja sogar Spaß machen.
 - „Wir müssen alle noch warten mit dem Essen wegen Deines zu hohen Blutzuckerwertes.“ Jetzt kommt auch noch die Mauer des schlechten Gewissens hinzu. Seht ihr da irgendwo ein Fenster? Wie wäre es mit: „Wie wärs, wenn wir heute zur Vorspeise alle zusammen etwas Rohkost mit Kräuterdip essen? Das haben wir schon lange nicht mehr gemacht.“ Also, da wäre ich dabei und würde sogar freiwillig den Tisch decken.
 - Die folgende Passage habe ich den Webinarteilnehmer*innen vorgelesen, sie durften dafür die Augen schließen. „Boah, wegen Deines Diabetes hab’ ich heute Nacht mal wieder nicht geschlafen. Ich musste Dir Zucker geben, und dann warst Du wieder zu hoch, wie immer nachts, und deshalb musste ich noch zweimal aufstehen, um Dir Insulin zu spritzen. Was für ein Mist. Hoffentlich wird das morgen besser. Lange halte ich das echt nicht mehr aus.“ Schuld, schlechtes Gewissen, Druck – aber es ist so menschlich, den ganzen Frust einmal loswerden zu wollen, wenn es einfach grad zu viel wird. Jetzt übertreibe ich ein wenig, aber hört Euch einmal diese Variante an: „Der Diabetes war heute Nacht in Feierlaune. Weißt Du noch die Gummibärchenparty um 3h morgens? Er fand das wohl alles so aufregend, dass er gar nicht mehr runterkommen wollte. Aber nach zweimal Spritzen hat er sich dann beruhigt. Wollen wir mal hoffen, dass er heute Nacht vor lauter Erschöpfung einfach mal schläft. Irgendwann tut ihm ein bisschen Erholung sicherlich auch ganz gut.“ Vielleicht kommt hier auch Euch ein Schmunzeln.
 
Fazit
Es steht und fällt in vielen Situationen mit den Worten, die wir wählen, ob wir uns mit einer Tätigkeit oder in einer Situation wohl fühlen. Wir haben hier eine Wahl, die Wahl der Worte. Gedanken formen unsere Worte, und diese formen wiederum unsere Realität. Und auch unser Körper reagiert auf ausgesendete sprachliche Signale. Und plötzlich hat der schnöde „Müll am Abend rausbring”-Moment die Chance, sich zu einem kurzen Highlight des Tages zu mausern, wenn man es schafft, ihn als „Wow, so klare, schöne Luft und schau mal, dieser Sternenhimmel – einfach bezaubernd”-Moment zu inszenieren. Gelingt uns das immer? Gelingt mir das immer? Bei weitem nicht! Aber da ist diese Magie der Fenster und das, was wir plötzlich durch die Fenster sehen können, wenn keine Mauern davorstehen. Und dieser Zauber, der durch ein paar bewusst gewählte Worte entsteht, ist es mir wert, mich für meine Kinder, mein Umfeld und mich selbst immer wieder zu reflektieren und neu zu erfinden.
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 5 Tagen, 13 Stunden
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina - 
	
	
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus- 
	
	darktear antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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	moira antwortete vor 1 Woche
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
 
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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	lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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	connyhumboldt antwortete vor 5 Tagen, 8 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
 
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig