Diabetoporose vorbeugen: So hält man die Knochen bei Diabetes stabil

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Diabetoporose vorbeugen: So hält man die Knochen bei Diabetes stabil | Foto: Carey/Евгений Федоров - stock.adobe.com; privat
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Diabetoporose vorbeugen: So hält man die Knochen bei Diabetes stabil

Der Begriff Diabetoporose taucht immer häufiger in den Medien auf und beschreibt das gemeinsame Auftreten von Diabetes und Osteoporose. Was verbirgt sich genau dahinter und wir können Menschen mit Diabetes ihre Knochen stabil halten? Dr. Rita Hermann, Ökotrophologin aus Mülheim-Kärlich, klärt im Interview auf.

Im Interview: Dr. Rita Hermann

Dr. Rita Hermann ist Ökotrophologin (Ernährungswissenschaftlerin) und Fachjournalistin aus Mülheim-Kärlich. Sie leitet eine Agentur für Ernährungskommunikation und in Vorträgen, Seminaren und Schulungen informiert sie zu Themen wie Ernährung, Prävention und Gesundheitskommunikation.

Sie ist Mitglied des Berufsverbands Oecotrophologie (VDOE), der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM).

Dr. Rita Hermann (Foto: privat)

Diabetes-Anker (DA): Bekannt ist, dass Diabetes mellitus zu Folgeerkrankungen an großen und kleinen Gefäßen und Nerven führen kann. Nun taucht auch die Diabetoporose auf. Wie erklärt sich der Begriff?

Dr. Rita Hermann: In Deutschland gibt es aktuell rund 11 Millionen Menschen mit Diabetes mellitus und mehr als 6 Millionen leiden an einer Osteoporose. Eine Diabetoporose beschreibt das gemeinsame Auftreten beider Erkrankungen, was zunehmend zu beobachten ist. Experten gehen davon aus, dass es hier einen Zusammenhang gibt und dass Diabetes die Knochendichte und damit die Stabilität und Festigkeit der Knochen beeinträchtigen kann. Diabetoporose macht also somit auch auf die erhöhte Gefahr von Knochenbrüchen bei Menschen mit Diabetes aufmerksam und unterstreicht die Notwendigkeit, die Knochengesundheit im Auge zu behalten.

DA: Was hat ein Diabetes mit den Knochen zu tun?

Dr. Hermann: Die Ursache für die Entwicklung einer Osteoporose bei Diabetes mellitus ist bis heute noch nicht im Detail geklärt. Wahrscheinlich ist, dass hohe Blutzuckerwerte die Knochenstruktur beeinträchtigen. Zudem können der Mangel an Insulin bzw. bestimmte Medikamente die Knochendichte verringern und dazu führen, dass die Knochen leichter brechen. Eine unzureichende Versorgung mit Vitamin D oder Kalzium kann ebenfalls die Ursache für eine Diabetoporose sein. Menschen mit Diabetes sollten daher frühzeitig auf eine gute Blutzuckerkontrolle sowie eine Knochen-freundliche Lebensweise achten.

DA: Sind alle Diabetes-Typen von der Diabetoporose betroffen und wie häufig ist sie?

Dr. Hermann: Grundsätzlich können sowohl Menschen mit Typ-1- als auch mit Typ-2-Diabetes an einer Diabetoporose erkranken. Untersuchungen belegen Unterschiede hinsichtlich des Risikos für Osteoporose-bedingte Knochenbrüche. Hier sind Menschen mit Typ-1-Diabetes häufiger betroffen als mit Typ-2-Diabetes. Für beide Diabetes-Typen gilt wiederum, dass Sehstörungen durch eine diabetische Retinopathie sowie Unterzuckerungen mit Störungen des Gleichgewichts oder Muskelschwäche das Sturzrisiko und damit die Gefahr von Knochenbrüchen zusätzlich erhöhen können.

DA: Wie merken Menschen, dass sie Diabetoporose haben?

Dr. Hermann: In den frühen Stadien des Knochenschwunds, unabhängig davon, ob ein Diabetes vorliegt oder nicht, bleibt die Erkrankung häufig unerkannt. Gerade der schleichende und zunächst schmerzfreie Verlauf ist das Heimtückische daran. Häufig sind es Knochenbrüche nach leichten Stürzen oder sogar ohne erkennbare Ursache, die auf eine Osteoporose hinweisen. So kommt es beispielsweise nach einem unbemerkten Wirbelbruch zu Rückenschmerzen, einer abnehmenden Körpergröße oder einer gebeugten Haltung. Beim Arzt wird dann erst die Osteoporose festgestellt.


„Ein Knochen-gesunder Lebensstil ist die Basis. Dazu gehören neben der regelmäßigen Bewegung eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D und eine kalziumreiche Ernährung.“


DA: Was können Menschen mit Diabetes selbst tun, um die Knochen stabil zu halten?

Dr. Hermann: Menschen mit Diabetes können aktiv dazu beitragen, ihre Knochengesundheit zu erhalten oder zu verbessern. Wie bei Menschen ohne Diabetes ist ein Knochen-gesunder Lebensstil die Basis. Dazu gehören neben der regelmäßigen Bewegung eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D und eine kalziumreiche Ernährung. Kalzium ist der wichtigste Mineralstoff für feste und stabile Knochen.

DA: Was passiert bei einem Mangel an Kalzium?

Dr. Hermann: Kalzium ist nicht nur der bedeutendste Baustein der Knochen, sondern auch unerlässlich für zahlreiche weitere Funktionen in unserem Körper, beispielsweise die Blutgerinnung oder die Steuerung von Nerven- und Muskelaktivitäten. Damit alle Prozesse reibungslos funktionieren, reguliert der Körper den Kalziumspiegel im Blut in relativ engen Grenzen. Bei einem Kalziummangel greift der Körper auf das Kalzium in den Knochen zurück, um den Kalziumspiegel im Blut konstant zu halten. Eine längerfristige Mangelversorgung fördert daher den Knochenabbau und kann die Osteoporose begünstigen.

DA: Wie können Menschen mit Diabetes einen Kalziummangel verhindern?

Dr. Hermann: Wir wissen aus Studien, dass viele Menschen nicht die notwendige tägliche Menge an Kalzium aufnehmen, die ein gesunder Knochen benötigt. Nahrungsergänzungsmittel sind hier nicht die erste Wahl. Vielmehr gibt es kalziumreiche Lebensmittel und Getränke, die regelmäßig auf dem Speiseplan stehen sollten. Kalzium ist in Milch und Milchprodukten, wie Hartkäse oder Joghurt, enthalten. Auch einige Gemüsesorten, z. B. Broccoli oder Nüsse, liefern den Mineralstoff.

Empfehlenswert sind vor allem auch besonders kalziumreiche Mineral- und Heilwässer mit mehr als 600 mg Kalzium pro Liter. Sie sind als Alternative zu Milch und Milchprodukten die ideale Kalziumquelle, beispielsweise bei veganer Ernährung oder für Personen mit einer Laktoseintoleranz oder einer Milcheiweiß-Allergie. Für Menschen mit Diabetes haben kalziumreiche Mineral- und Heilwässer den großen Vorteil, dass sie keine Kalorien und keine Kohlenhydrate enthalten. Übrigens: Trinkwasser aus dem Wasserhahn enthält in der Regel nur sehr wenig Kalzium und ist daher als Kalziumquelle nicht geeignet.

DA: Wo finden Menschen mit Diabetes weiterführende Informationen zu diesem Thema?

Dr. Hermann: Verlässliche Informationen bieten Fachgesellschaften, wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) oder die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG). Unterstützung finden Betroffene auch bei der Deutschen Diabetes- Hilfe (diabetesDE), dem Osteoporose Selbsthilfegruppen Dachverband (OSD), dem Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose (BfO) oder dem Netzwerk Osteoporose. Neben diesen Informationen ist das Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin bzw. einer Ernährungsfachkraft für eine genaue Diagnose und individuelle Behandlungsempfehlungen unerlässlich.


Interview: Redaktion Diabetes-Anker

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2024; 73 (10) Seite 36-37

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  • cesta postete ein Update vor 44 Minuten

    Hallo zusammen, ich habe eine Frage an euch. Ich habe seit 4 Jahren Typ 1 LADA und bisher nur mit Basalinsulin ausgekommen. Seit 3 Wochen muss ich nun auch zu jeder Mahlzeit Humalog spritzen. Für die Berechnung wiege ich immer alles ab. Könnt ihr eine App empfehlen, die bei der Berechnung der Kohlenhydrate unterstützt? Oder habt ihr andere Tipps wie man sich daran gewöhnt? Ich wiege bisher alles ab und kann mir gar nicht vorstellen, dass ich mir das zukünftig merken kann bzw. wie ich die Kohlenhydrate schätzen kann. Vielen lieben Dank für eure Hilfe! Liebe Grüße, Christa

  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo Heike, oh da hast du aber auch viel geschafft. Ja ich habe die Kinder mit Diabetes bekommen und meine Kinder sind 26,25,23 und bald 19 🥰….und wie du hoffe bald wieder fit zu sein. Beruflich wechsle ich jetzt vom Kinderhospiz wieder in die Krippe da es dort vorausschaubarer ist als im Schichtdienst. In der Hoffnung der Diabetes lässt sich dort wieder besser einstellen. Eigentlich sollte ich auch die Ernährung wieder umstellen, das weiß ich aber es fällt mir so schwer. Wie ist das da bei dir. Was machen deine Werte ? Viele Grüße Astrid

    • @sveastine: Hallo liebe Astrid, sag mal kann es sein, daß du in den Wechseljahren bist? Ich habe meine schon hinter mir, aber das war zuckertechnisch eine der schwierigsten Zeiten, weil ständig alles durcheinander war. Damals war ich allein 2 x in der Diabetes Klinik Bad Mergentheim zum Anpassen innerhalb von 3-4 Jahren. Die Hormonwirkungen waren der Wahnsinn. Jetzt ist es wieder deutlich ruhiger. Was hast du eigentlich für eine Versorgung? Pen? Pumpe? Insulin? Sensor?
      Ich habe die Tandem tslim mit Sensor und Novorapid. Und das ist für mich der game changer gewesen. Seitdem werden die zuckertechnischen Anstrengungen auch mit guten Werten belohnt. Liebe Grüße Heike

  • Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

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