Ein Schritt zurück und zwei nach vorn

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Community-Beitrag
Ein Schritt zurück und zwei nach vorn

„Man muss nicht alles können, man muss nur wissen, wen man um Hilfe fragen kann.“

Den Spruch hat meine Oma mir schon immer gesagt und was soll ich sagen: Sie hat Recht.

Der Ist-Zustand

Ich bin inzwischen ein Mensch geworden, der gern alles allein schaffen möchte. Hilfe annehmen? Ich? Nee, besser nicht… Klar höre ich mir hier und da mal die Meinung meiner vertrauten Personen an, aber so wirklich auf jemanden zugehen und gestehen, dass ich Hilfe brauche, fällt mir sehr schwer. Ich fühle mich dann oft schwach und unbeholfen.

Wenn ich krank bin, gehe ich zum Arzt, klar. Wenn es um meine Diabeteseinstellung geht, gehe ich zum Arzt und zur Diabetesberaterin, auch klar. Aber wenn es um meine Psyche geht, quatsch, das schaffe ich allein.

Mal ganz im Ernst: Warum sind mir psychische Erkrankungen und vor allem deren Behandlung unangenehm? Wieso schäme ich mich eigentlich, wenn ich professionelle Hilfe für meine Psyche annehme?

Was früher war

Der Grund, warum ich diesen Beitrag schreibe und offen mit dem Thema umgehe, ist folgender: Wie vielleicht einige wissen und in einem meiner Beiträge für die Blood Sugar Lounge gelesen haben, habe ich vor ein paar Jahren an Diabulimie gelitten. Im März 2017 habe ich meine letzte Gesprächstherapie erfolgreich abgeschlossen.

Seit gut einem halben Jahr habe ich immer mal wieder das Gefühl, dass es „nicht rund“ läuft. Wisst ihr, was ich meine? Dass hier und da mal ein Steinchen auf dem Weg liegt, ist ja klar. Und gerade diese kleinen Steinchen kann ich immer ganz gut bewältigen. Aber wenn die Steinchen zu ausgewachsenen Steinen mutieren und eben nicht nur hier und da einer liegt und man rückfällig wird, dann ist Vorsicht geboten.

Ich kann von Glück sagen, dass ich gelernt habe, selbst aufmerksam und hellhörig genug zu sein, um zu merken, wenn ich vom richtigen Weg abkomme.

Wie geht man nun aber mit so einem „Rückfall“ um? Da gibt es sicher kein Rezept, kein Richtig und kein Falsch.

Quelle: Pixabay

Mein Rückfall

Ich selbst gehe mit Problemen meistens so vor:

  1. Problem erkennen
  2. Problem aufschreiben und annehmen, dass es jetzt „da“ ist
  3. mit Mitmenschen darüber reden
  4. Lösung suchen
  5. Problem beheben

Und genau so bin ich auch dieses Mal vorgegangen.

Mir wurde bewusst, dass ich mich nicht mehr ausreichend um den Diabetes kümmere, dass ich immer wieder Insulindosen weglasse, das Management schleifen lasse, dass ich selbst auf der Strecke bleibe, Mahlzeiten auslasse, Essanfälle habe und dass ich viel zu wenig schlafe. Mir wurde bewusst, dass ich langsam (!!!) anfange, in den alten Strudel zu geraten, wieder die alte Fahrbahn zu nehmen anstatt der neu gebauten. Ich habe das Problem also erkannt – und das ist gar nicht so einfach! Bei mir hat es knapp zwei Monate gedauert! Es gab Tage, da habe ich es eingesehen, und es gab andere, an denen habe ich mich selbst belogen: Ist doch alles gut, ein klitzekleiner Durchhänger, das wird schon wieder, bist doch nicht blöd…

Der Lösungsweg

Als ich die Problematik aber mal aufgeschrieben habe, war das alles irgendwie realer, präsenter, einfach irgendwie mehr „da“. Ich habe dann mit meinen engsten Freunden, meiner Mama und meiner Schwester gesprochen und letztendlich habe ich, ich allein, die Entscheidung gefällt und meine damalige Therapeutin angeschrieben. Wichtig ist mir, dass ICH die Entscheidung getroffen und somit eine Lösung gefunden habe. Ja, ich habe mir Meinungen eingeholt und, ja, ich habe mit meinen Liebsten darüber gesprochen, aber wie sagt man so schön: Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied!

Nach dem Telefonat mit meiner damaligen Therapeutin habe ich dann durch sie Kontakt zu einer Therapeutin aufgenommen und nur vier Wochen später meinen ersten Gesprächstermin gehabt. Ein Schritt, der nicht einfach ist, natürlich. Und definitiv auch ein Schritt, den man gut überlegt gehen sollte, ja. Aber ich bin froh und stolz, dass ich die Kraft hatte, darüber nachzudenken und abzuwägen, und den Mut fassen konnte, diesen Schritt zu gehen.

Ein Schritt zurück bedeutet nicht immer gleich, versagt zu haben, oft ist es nur ein Ausholen zu einem noch größeren Sprung nach vorne.


Gastautorin Dr. Lara Gomille hat ihre Sicht zum Thema psychische Gesundheit und Diabetes für die #BSLounge aufgeschrieben: Die Psyche bei Diabetes – sprich mit anderen!

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  • swalt postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Dia-Newbies vor 1 Tag, 4 Stunden

    Hallo zusammen. Ich möchte mich erst einmal vorstellen. Ich bin “noch” 59 Jahre, und habe wahrscheinlich seit 2019 Diabetes. Ich würde mir wünschen, endlich angekommen zu sein. Wahrscheinlich seit 2019, weil ich in einem Arztbrief an meinen damaligen Hausarzt zufällig auf den Satz: “Diabetes bereits diagnostiziert” gestoßen bin. Ich habe meinen Hausarzt dann darauf angesprochen und wurde mit “ist nicht schlimm” beschwichtigt.
    Lange Rede. Ich habe einen neuen Hausarzt und einen sehr netten Diabetologen, bei dem ich jetzt seit 4 Jahren in Behandlung bin. Ich vertrage die orale Therapie nicht und spritze ICT. Dennoch bin ich in diesem Thema immer noch absoluter Neuling. Natürlich habe ich viermal im Jahr ein Gespräch mit meinem Diabetologen. Das hilft aber im täglichen Umgang nicht wirklich. Auch die anfangs verordnete Schulung war doch sehr oberflächlich und das war es. Ich kenne nicht die Möglichkeiten, die mir zustehen. Ich habe mir alles, was ich zu wissen glaube aus Büchern angelesen. Irgendwie fühle ich mich allein gelassen, irgendwie durchgerutscht. Ich kenne niemanden in meinem Bekanntenkreis, der Diabetes hat und die nächste Selbsthilfegruppe ist über 50 km entfernt.
    Und so bin ich jetzt hier gelandet. Ich möchte wissen, wie ihr das handhabt, damit ich verstehe, was ich richtig mache und was falsch. Damit ich weiß, dass ich nicht allein damit lebe.

  • shangwari postete ein Update vor 5 Tagen, 7 Stunden

    Ich habe mir ein neues Mobiltelefon von Samsung (A56) zugelegt. An manchen Tagen saugt die Freestyle Libre App den Akku in nicht mal 12 Stunden leer. In einigen Foren habe ich von dem gleichen Problem gelesen. Da ich auf dem Telefon nachlesen kann, wer denn den ganzen Strom verbraucht hat, konnte ich die App genau identifizieren. Gehe ich in den Einstellungen auf Gerätewartung und lasse diese dann optimieren, ist das Problem für einige Zeit behoben. Heute habe ich bei Abbott angerufen und mein Problem geschildert. Ich habe erfahren, dass einige Telefone noch nicht mit Freestyle getestet wurden. (So auch meins) Der Ratschlag ist, die App zu deinstallieren und neu aus dem Store herunterladen. Bei der automatischen Übernahme der Telefone (beim einrichten eines neuen Mobil) kann sein das die App nicht aus dem Store geladen wurde – sondern vom “alten” Telefon. Ich werden noch warten bis mein Sensor eh erneuert werden muss und dann wage ich mich daran. Bis es soweit ist werde ich mich mit der “Optimieren – Taste” behelfen.

    • Hallo,
      Ich hatte das Problem auch mit meinem iPhone SE20 und dachte, es liegt daran, dass mein Handy zu alt war und hab mir so eine Powerbank-Hülle gekauft. Viel erfolg!

  • nele_elsa postete ein Update vor 1 Woche

    Hallo,
    Ich habe eine Frage:
    Wir ziehen Ende Oktober von Österreich zurück nach Deutschland.
    Jetzt muss ich mich für eine Krankenkasse entscheiden und wollte fragen, ob es erfahrungsgemäß vorteilhafte Krankenkassen für Menschen mit Diabetes gibt? Im Internet wäre ich nach Recherchen auf die aok gekommen.
    Für tips und Erfahrungsberichte wäre ich sehr dankbar ☺️
    Liebe Grüße
    Nele

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