Erst redselig, dann aggressiv – aber warum?

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Erst redselig, dann aggressiv – aber warum?

Während die einen redseliger und anhänglicher werden, steigert sich bei anderen mit jedem Schluck Alkohol die Aggression, wieder andere schlafen einfach ein. Warum Alkohol bei Menschen so unterschiedlich wirken kann und welchen Einfluss das Umfeld auf die Entwicklung einer Sucht hat, erklärt Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Jähne, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Oberberg Fachklinik Rhein-Jura und der Oberberg Tagesklinik Lörrach.

“Alkohol hat ein sogenanntes bivalentes Wirkspektrum. Das bedeutet, dass er in niedriger Dosis anregend wirkt und in höherer Dosis sedierend und müde macht”, so Dr. med. Jähne, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie ausgewiesener Spezialist in der Diagnostik und Behandlung von Suchterkrankungen. Das erklärt sowohl die Kontaktfreudigkeit und gute Laune bei den ersten Schlucken Alkohol als auch die reduzierte Kritikfähigkeit und Selbstüberschätzung, die häufig im Zusammenhang mit verminderter Reaktionsfähigkeit zu Unfällen, aber auch zu Aggressivität und Gewalt führt.

Fatal: Alkohol verursacht zu schnelles Fahren und zu langsames Reagieren

In höheren Dosen, wenn also weiter getrunken wird, setzt dann der müde machende Effekt ein. Zum Beispiel sorgt das berühmte Bier vor der Autofahrt zunächst für Selbstüberschätzung, und wenn dann die volle Alkoholdosis im Gehirn ankommt, für Reaktionsverminderung. Kurz gesagt verursacht Alkohol zu schnelles Fahren plus zu langsames Reagieren. “In der Werbung werden zum Beispiel ganz gezielt positive Eindrücke und Emotionen mit Alkoholkonsum verbunden – er soll gesellig machen, bedeutet Genuss und Freiheit und gehört zum Feiern dazu. Auch eine klar sexualisierte Konnotation ist hier oft zu finden. Dies sind schließlich die Wirkungserwartungen, die junge Menschen an Alkohol stellen – und nicht nur junge”, so der ausgewiesene Suchtexperte weiter.

Alkohol und Diabetes

Welche Rolle spielt die Persönlichkeit bei der Wirkung von Alkohol?

Was schließlich dominiert – die Red- und Rührseligkeit oder die Wut und Aggressivität – hängt von der Grundpersönlichkeit des jeweiligen Menschen ab und ist individuell verschieden. Auch die Situation und das Umfeld, in dem getrunken wird, haben einen Einfluss auf die Wirkung. Aus dem Bereich psychedelischer, also bewusstseinsverändernder Drogen wie LSD weiß man, dass zum einen die Stimmungslage und die Erwartungen, mit denen der Mensch in der aktuellen Situation die Drogen konsumiert, und zum anderen die Umgebung, die Eindrücke und sozialen Kontakte einen Einfluss darauf haben, wie die Wirkung der Droge wahrgenommen wird. Das kann von angenehm und schön bis zu Horrortrips variieren.

“Ähnliches gilt, zumindest abgeschwächt, auch für den Alkohol. Hier gibt es das Konzept der Reward und Relief Cravings. Dieses besagt, dass eine Gruppe von Personen Alkohol konsumiert, um schöne Erlebnisse noch schöner zu machen, während die andere Gruppe eher unangenehme Gefühle, Einsamkeit, Sorgen und Ähnliches zu lindern versucht”, erklärt Dr. med. Jähne.

Rebellisch oder angepasst: Bei wem sich eine Sucht entwickelt

Die Persönlichkeit – ist man zum Beispiel ein rebellischer Mensch oder eher angepasst – und die Gründe für Alkoholkonsum spielen auch eine Rolle dabei, ob eine Sucht entwickelt wird oder nicht. Alkohol ist eher mild Abhängigkeit verursachend. Bei den meisten Drogen braucht es den wiederholten Konsum, eine Verstärkung des Verhaltens, um einen Lerneffekt zu erzielen. “Die allermeisten Menschen experimentieren zum Beispiel in der Pubertät mit Alkohol. Nicht alle werden abhängig. Negative Erfahrungen wie vegetative Reaktionen, weil man zum Beispiel nur wenig Alkohol verträgt, scheinen eher vor einer Suchtentwicklung zu schützen. “Menschen, die hingegen viel vertragen, zum Beispiel aus genetischer Veranlagung, neigen eher dazu, diese Erfahrung dann zu wiederholen und können tatsächlich abhängig werden”, weiß Jähne.

Sucht ist ein komplexes Geschehen, bei der neben der Biologie und Psychologie auch die soziale Komponente berücksichtigt werden muss. So sind Erfahrungen im Elternhaus, zum Beispiel, ob mit Alkohol liberal oder restriktiv umgegangen wird, ein wichtiger Faktor. Auch der Freundeskreis und das soziale Umfeld haben einen Einfluss. Wie ist der Umgang mit Alkohol hier? Wie reagiert die Gruppe auf Grenzüberschreitungen? Gehört exzessiver Alkoholkonsum dazu, wird er gefördert und ist er Teil des Erwachsenwerdens? Dann besteht eher das Risiko einer Suchtentwicklung als im Umfeld von Menschen, wie zum Beispiel Leistungssportlern, die bewusst auf Alkohol verzichten oder ihn nur in geringem Maße zu sich nehmen.


Quelle: Oberberg-Kliniken | Redaktion

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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