GIVE PEAS A CHANCE. Ein veganer Selbstversuch – oder – Vom Rind zur Kichererbse

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GIVE PEAS A CHANCE. Ein veganer Selbstversuch – oder – Vom Rind zur Kichererbse

Warum vegan?

Noch vor ein paar Monaten hätte ich bei dem Gedanken an vegane Ernährung nur verständnislos den Kopf geschüttelt.

Mein Großvater ist letztes Jahr 95 Jahre alt geworden. Sein Leben lang hat er Fleisch und tierische Produkte gegessen. Für sein Alter ist er fit wie ein Turnschuh. Kein Altersdiabetes, keine anderen Krankheiten.

Wieso also tierische Produkte meiden? Der Mensch braucht doch tierisches Protein, oder?

Es gibt wundervolle vegane Blogs mit noch wundervolleren Rezepten. Aus reiner Neugierde las ich mich deshalb in das Thema vegane Lebensweise ein.

The China Study

Mir wurde das Buch „China Study: Die wissenschaftliche Begründung für eine vegane Ernährung“ von T. Colin Campbell und seinem Sohn Thomas empfohlen. Die Autoren stellen die Zusammenhänge von Ernährung und (chronischen) Krankheiten dar und kommen zu dem Schluss, dass tierische Nahrungsproteine für viele der westlichen Wohlstandskrankheiten verantwortlich seien. Illustriert mit Beispielen aus dem eigenen Umfeld empfehlen sie, auf tierische Produkte sowie raffinierte Kohlenhydrate (also Zucker oder Mehl) weitgehend zu verzichten.

Auch wenn es wie bei jeder Studie Kritiker gibt und seit der Buchveröffentlichung auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse, sind die Forschungsergebnisse dennoch nicht grundsätzlich widerlegt worden.

Das Buch löste in mir eine Art Aha-Erlebnis aus. Seit einer Buchinger-Fastenkur im Dezember letzten Jahres aß ich sowieso nur noch selten Fleisch, so schlimm und entbehrungsreich konnte der vegane Lebensstil also nicht sein, dachte ich. So startete ich in eine vegane Testwoche.

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#1weekvegan

Vegane Ernährung heißt im ersten Schritt, keine Tierprodukte zu essen. Also bestellte ich ein veganes Kochbuch und kaufte ein:

heimisches Obst und Gemüse, Couscous, Kartoffeln, Sojajoghurt und -milch, Nüsse. Ich bepflanzte einen Kräutergarten auf der Fensterbank in der Küche, mischte veganes Müsli und backte Brot. Ich kaufte sogar vegane Wiener, tat dies jedoch nach einem Blick auf die Inhaltsangabe danach nicht wieder.

Hier eine kleine Auswahl an Rezept-Ideen, die ich während der veganen Testwoche ausprobiert habe:

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Frühstück

  • Smoothies
  • Müsli mit Obstsalat
  • Porridge mit Kokosmilch und Nüssen
  • Soja- oder Mandelmilch-Cappuccino

Lunch

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Abendessen

  • Ofenkartoffeln mit veganem Kräuterquark
  • Kartoffel-Pilz-Rösti
  • veganes Käsebrot
  • Avocadosalat

Snacks

  • vegane Waffeln mit heißen Himbeeren
  • Reiswaffeln mit Cashew-Mus oder Marmelade
  • Nüsse
  • Obst

Zweimal war ich zudem im Restaurant essen. Beim Mexikaner bestellte ich einen Steaksalat ohne Steak, das zweite Mal gab es einen bunten Chicken-Salat mit Nüssen und Avocado, ohne Chicken. Auch wenn die Bedienungen zunächst verständnislos die Stirn runzelten, war es kein Problem, einen „Sonderwunsch“ zu äußern. Mancherorts bieten einige Restaurants/Cafés auch vegane Gerichte an (mehr Infos auf happycow.net).

Vegan for life

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Fazit nach einer Woche? Es gibt wundervolle vegane Rezepte! Selbst der bekochte, anfangs skeptische Mann – denn MANN brauche schließlich Fleisch – gab zu, dass die veganen Gerichte eigentlich ganz gut schmeckten.

Die vegane Woche tat gut. Ich fühlte mich ausgeglichener und leichter und hatte mehr Energie. Ich bin mir nicht sicher, ob man diese Verbesserungen auf diese eine Woche zurückführen konnte, dennoch entschied ich mich, weiterzumachen. Nun lebe ich seit über einem Monat vegan und vermisse nichts. Es ist wunderbar, neue Lebensmittel und Rezepte auszuprobieren.

Vegan ≠ vegan

Mittlerweile haben viele Bioläden veganen Käse und vegane Wurst, Schokolade und Möchtegern-Chicken-Wings im Sortiment. Ich persönlich versuche, weitgehend auf die vegane „Ersatznahrung“ zu verzichten, da ich meine Einstellung zu einem achtsamen Zusammenleben und nicht nur wegen des Verzichts auf tierischen Konsum aus Ernährungssicht vegan leben möchte.

Dazu gehört nicht nur der Verzicht auf Tierprodukte, sondern eine generelle Einstellung zu Leben(swert) und Achtsamkeit. Beides geht Hand in Hand. Jeder kann täglich für sich entscheiden, wie er damit umgehen möchte:

  • mit dem Fahrrad zur Arbeit anstatt mit dem Auto
  • nachhaltiges Konsumverhalten: Stofftüte anstatt Plastiktüten aus dem Supermarkt mitnehmen, Plastikverpackungen meiden, Kauf regionaler Produkte, Kauf nachhaltiger Kleidung
  • Mülltrennung
  • Achtsamkeit Mitmenschen gegenüber

Kritik gegenüber Veganismus

Kritikpunkt: „Soja ist schlecht für das Weltklima. Für den Anbau von Soja werden große Flächen Regenwald gerodet, damit werden wichtige CO2-Speicher zerstört. Zudem wird Soja nach Deutschland aus Übersee eingeführt, besser ist es, regionales Fleisch zu essen.“

Tatsächlich wird für den Sojaanbau Regenwald zerstört. Jedoch wird nur ein geringer Anteil des importierten Sojas zu Tofu umgewandelt. Laut einer Studie der US-Regierung werden ca. 98 Prozent des weltweit angebauten Sojas zur Tierfütterung verwendet.

Ein Rechenbeispiel: Für 1 kg Rindfleisch werden 16 kg Soja benötigt. Aus 1 kg Soja können 10 kg Tofu hergestellt werden. Wieso also den Umweg über die Tiere gehen?

Kritikpunkt : „Vegane Ernährung ist unnatürlich.“

Den Punkt, vegane Ernährung sei unnatürlich und nur eine Modeerscheinung, könnte man mit einer Gegenfrage beantworten: Was an unserem heutigen Verhalten IST noch natürlich? Die Tatsache, dass wir Rolltreppen benutzen, dafür aber regelmäßig in die Muckibude rennen, vermutlich nicht. Oder die Vorstellung, mit dem SUV zum 1 km entfernten Bioladen zu fahren.

Einstieg und Alltagstauglichkeit für Diabetiker

Der Einstieg in die vegane Ernährung ist gar nicht schwer. Zahlreiche Kochbücher, Websites, Apps und Blogs informieren über vegane Ernährung und bieten kreative Rezepte an. Auf vegan-taste-week.de findet man einfache Rezepte, pflanzliche Alternativprodukte und Tipps für den Alltag.

Laut der Diabetes-/Ernährungsberaterin Ellen Althaus von der Ernährungsambulanz der Uniklinik Frankfurt gibt es noch keine Langzeitstudien, die den Effekt von veganer Ernährung bei Menschen mit Diabetes untersucht haben.

Veganer tendieren anfangs dazu, weniger Eisen, Kalzium, Jod, Vitamin B2, D und B12 zu sich zu nehmen, da diese vor allem in tierischen Produkten enthalten sind. Jedoch sind diese Stoffe auch in verschiedenen Gemüsesorten zu finden. Kalzium findet man z.B. in grünem Gemüse, Hülsenfrüchten und Sojaprodukten.

Es kann sein, dass bei veganer Ernährung mehr Kohlenhydrate aufgenommen werden, da auf Nahrungsmittel mit tierischem Protein verzichtet wird (Eier, Milch, Joghurt, Fleisch, Fisch). Doch auch eine vegane Lowcarb-Lebensweise ist möglich, indem man auf Gemüse und pflanzliche Eiweißlieferanten setzt.

Fazit

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Ich will nicht behaupten, dass es besser oder schlechter ist, sich vegan oder nicht vegan zu ernähren. Für alle Ernährungsarten findet man Argumente und –studien, die dafür oder dagegen sprechen.

Als wichtig empfinde ich jedoch bei allen Varianten einen achtsamen und nachhaltigen Umgang mit den uns gegebenen Ressourcen.

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  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

  • stephanie-haack postete ein Update vor 6 Tagen

    Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

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