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Diagnose Diabetes und wie das Umfeld reagiert
4 Minuten
Als ich nach den Osterferien wieder zur Schule ging, sprach mich ein Klassenkamerad an und fragte mich beinahe schon entsetzt, ob ich abgenommen hätte. Tatsächlich hatte ich selbst überhaupt nicht bemerkt, dass ich in den vergangenen zwei Wochen auf 45kg abgemagert war – bei einer Größe von 163cm. Tatsächlich gab diese Bemerkung den Ausschlag dafür, dass meine Eltern und ich uns Gedanken machten.
„Oh Gott. Das tut mir so leid.“
Und so fuhren meine Mutter und ich an einem Montagmorgen, ich war 15 Jahre alt, zu unserer Stammapotheke, um meinen Blutzucker messen zu lassen. Als 272mg/dl (15,1mmol/l) auf dem Display aufleuchteten, schlug die Apothekerin die Hände über dem Kopf zusammen und meinte bestürzt: „Oh Gott. Das tut mir so leid. Dann solltest du jetzt schnell ins Krankenhaus fahren.“
Ich antwortete mit einem Schulterzucken – meine Kliniktasche wartete bereits gepackt im Auto. Wir hatten die Zeichen richtig gedeutet. Meine Mama war im ersten Moment dennoch geschockt. Ihr Bruder ist seit Jahren Typ-1-Diabetiker und so wussten wir, was auf mich zukommen würde.

Endlich würde es mir wieder besser gehen
Im Krankenhaus angekommen erzählten wir der diensthabenden Kinderärztin von unserem Verdacht und dem Blutzuckerwert und sie nickte bedauernd. Kurz darauf fand ich mich in einem mir zugewiesenen Zimmer wieder und bekam die erste Insulininjektion meines Lebens. Irgendwie war ich erleichtert. Endlich würde es mir wieder besser gehen. Endlich würde ich wieder Energie haben, der Durst würde aufhören und ich könnte endlich wieder leben!
Keine Schuld am Diabetes
Meine Mama telefonierte unterdessen mit meinem Vater, erzählte ihm, was passiert war, und blieb dann bei mir, während uns der Ablauf der nächsten Tage erklärt wurde. Wenig später erschien eine Diabetologin, setzte sich zu mir und schaute mich bekümmert an. „Zuallererst möchte ich, dass du weißt, dass du keine Schuld daran hast, dass du Diabetes bekommen hast!“, sagte sie mit ernstem Blick. Unwillkürlich musste ich grinsen – alle um mich herum schienen extrem besorgt zu sein, während ich einfach nur froh und irgendwie auch neugierig war, was das Leben mit Diabetes nun für mich bedeuten würde. Ich versicherte ihr, dass mir das vollends bewusst war, woraufhin ich ein erleichtertes und gleichzeitig ein wenig schockiertes Aufatmen vernahm.
Willkommen im „Club der Süßen“
Die folgenden Tage waren vollgepackt mit Schulungen, Lernen und Untersuchungen. Als ich nach 10 Tagen das Krankenhaus verlassen durfte, fühlte ich mich gut vorbereitet. Mein Onkel rief mich an und hieß mich im „Club der Süßen“ willkommen. Meine Oma nahm mich in den Arm und meinte: „Weißt du was? Ich bin so selten krank. Da kannst wenigstens du die Krankenkasse mal so richtig ausnehmen!“ Und meine Eltern und mein Bruder versuchten mir zu helfen, wo sie konnten. Sie ließen mir meinen Freiraum, waren aber immer zur Stelle, wenn ich Hilfe brauchte, und waren begeistert dabei, mit mir zusammen BEs zu berechnen und zu schätzen und neue Dinge auszuprobieren.
„Ich hätte auch gerne Diabetes, dann werd ich auch so schlank wie du.“
Vor meinem ersten Schultag war ich trotzdem nervös. Wie würden die anderen reagieren? Meine Klassenkameraden waren sofort neugierig. Sie ließen sich mein Equipment erklären, wollten selbst einmal ihren Blutzucker messen und fragten mich aus, wie sie sich wann verhalten sollten. Ich fühlte mich auf Anhieb sicher und verstanden. Doch auch ein bitterer Beigeschmack bleibt, wenn ich an diese Zeit zurückdenke. Sätze wie „Ich hätte auch gerne Diabetes, dann werd ich auch so schlank wie du“ oder „Jetzt fühlst du dich wie etwas ganz Besonderes, weil jeder auf dich aufpasst, was?“ tun weh. Auch damals schon versuchte ich zu erklären, dass ich mich selbst erst einmal zurechtfinden muss und dass ich keineswegs mehr Aufmerksamkeit durch meine Krankheit auf mich ziehen will – doch je mehr ich versuchte, mich zu erklären, desto mehr stieß ich auf taube Ohren. Glücklicherweise blieben solch verletzenden Worte rar und ich konnte auf meine festen, ehrlichen Freundschaften bauen.
Manchmal fehlt das Verständnis
In der Schule wurde von Seiten der Lehrer in bestimmten Situationen Rücksicht auf mich genommen – auch wenn hier manchmal das Verständnis fehlte. Mit einem Blutzuckerwert von 400mg/dl (22,2mmol/l) oder nach einer Hypoglykämie Sport zu machen, ist für mich schlichtweg nicht möglich – das stieß oft auf Unverständnis und wurde als faule Ausrede abgetan. Im Nachhinein ärgere ich mich über solche Worte. Doch im zarten Alter von 15 oder 16 Jahren, in dem man mit einer so großen, neuen Herausforderung wie dem Diabetes konfrontiert wird, fehlte mir einfach der Mut, lautstark dagegen vorzugehen.
Irgendwie wendet sich immer alles zum Guten
Daraus habe ich gelernt und lasse solche Sätze heute nicht mehr kommentarlos im Raum stehen.
In der Community fand ich schließlich das Verständnis, das ich mir wünschte. Ich wurde mit warmen, herzlichen, aufmunternden und humorvollen Worten willkommen geheißen – und fand so in eine andere Welt hinein. Aus Onlinebekanntschaften wurden reale Freundschaften und eine große Liebe. Dass ich heute da stehe, wo ich heute bin, verdanke ich also nicht nur dem großen Rückhalt meiner Freunde und meiner Familie, sondern auch dem Unverständnis und den verletzenden Worten, die mich getroffen haben. Ihr seht also: Irgendwie wendet sich immer alles zum Guten.
Was passiert nach der Diagnose einer chronischen Krankheit mit einem selbst und mit dem Umfeld? Lauras Gedanken dazu: Diabetes Typ 1 – und was jetzt?
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 6 Tagen, 14 Stunden
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 6 Tagen, 8 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig