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Sie sind in meinem Kopf. Sie machen mir Vorwürfe, warum ich schon wieder nicht diszipliniert genug bin. Sie streiten mit mir, warum ich es nicht hinbekomme, denn ich weiß doch, wie es geht. Dabei will ich doch alles gut machen und gute Blutzuckerwerte haben.
Der Druck wird größer. Der Ton schärfer. So, wie ich mit mir rede, würde ich noch nicht einmal mit einem Menschen reden, den ich überhaupt nicht leiden kann. Ich merke, dass ich es nicht alleine schaffe, da rauszukommen. Ich habe es mir immer wieder vorgenommen, es versucht, bin gescheitert, war traurig darüber und wütend auf mich.
Eigentlich reicht schon der Druck, den ich mir selber mache. Und dann kommen noch die Stimmen von außen. Sicherlich gut gemeint, aber leider null motivierend für mich. Es ist eher so, wie noch eins draufzusetzen auf die Verzweiflung, die Wut, die Scham und die Traurigkeit.
Da gibt es Sätze verschiedener Diabetologen:
„Was mache ich bloß mit Ihnen?“
„Wenn Sie Kinder wollen, muss Ihre Einstellung aber besser werden!“
„Das muss aber besser werden!“
Es gibt Sätze und Fragen aus meinem persönlichen Umfeld:
„Hast du gemessen?“
„Wie ist dein Zucker?“
„Das darfst du ja leider nicht.“
„Nimm doch noch ein Stück Kuchen.“
Ich war immer wieder verblüfft darüber, was ich mir selber und andere zu mir gesagt haben. Ich war traurig und wütend darüber, dass ich es nicht schaffe, meinen Diabetes gut zu managen. Schließlich habe ich vieles andere in meinem Leben sehr gut hinbekommen. Ich war verzweifelt, weil ich immer stärker gespürt habe, dass ich es alleine nicht schaffe. Ich war genervt von den guten Ratschlägen, die mir in dieser Situation nicht helfen. Und manchmal war ich auch einfach nur stumm.
Gefühlt aus dem Nichts, kam kurz nach meinem Entschluss, dass es so nicht mehr weitergeht, ein Angebot meines Diabetologen um die Ecke. Psychologische Unterstützung – ob ich das nicht mal ausprobieren will? Rückblickend das Beste, was mir passieren konnte. In der Situation zunächst erst einmal Kopfkino – Waaaaaaaaas? Psychotherapie? Ich bin doch nicht verrückt. Ja, das war es, was ich im ersten Moment gedacht habe. Echt schlimm, denn heute bin ich sehr dankbar, diese Möglichkeit bekommen zu haben. Und ich wünsche mir, dass wir alle offen mit diesen Themen umgehen können. Es ist überhaupt nichts Schlimmes dabei, sich professionell unterstützen zu lassen.
Ich habe mich also intensiv mit meiner Diabetes-Akzeptanz und meinem Alltag mit Diabetes auseinandergesetzt. Das hat eine Menge ins Rollen gebracht. Eine intensive Erfahrung und nach all den Jahren, in denen der Diabetes so nebenbei lief, wirklich gut, hier mal aufzuräumen und neu zu sortieren. Natürlich gab es auch immer mal wieder Rückschläge und Sackgassen. Das ist ganz normal, aber die Richtung stimmte. Ein paar Jahre später habe ich dann eine Ausbildung zum Coach begonnen. Hier hat sich dann auch immer wieder die Möglichkeit ergeben, mein Verhältnis zu meinem Diabetes zu reflektieren und meinen Alltag und mein Umfeld für mich passend zu gestalten.
Heute sind diese Stimmen in meinem Kopf weg, die mir Vorwürfe machen. Und natürlich führe ich auch mal Zwiegespräche mit mir und meinem Diabetes. Völlig normal, aber ich mache mich nicht mehr fertig damit. Mit den Stimmen in meinem Umfeld kann ich jetzt auch gut umgehen, denn ich habe meine Position gefunden und ich achte auf mich. Eine wirkliche Erleichterung für meinen Alltag mit Diabetes. Rückblickend hat sich die ganze Anstrengung absolut gelohnt und ich bin schon auch stolz auf mich, welche Veränderung ich in meinem Leben geschafft habe.
Ich möchte euch Mut machen, euch zu entwickeln, wenn ihr mit der aktuellen Situation nicht zufrieden seid. Es ist nie zu spät, sich auf den Weg zu machen, um Herausforderungen zu bewältigen und zu wachsen. Es gibt wie immer im Leben kein Patentrezept, aber viele Möglichkeiten, mit einem ersten Schritt zu starten.
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