Führerschein behalten und am Straßenverkehr teilnehmen

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Diabetes und Führerschein
© peshkova - AdobeStock
Führerschein behalten und am Straßenverkehr teilnehmen

Menschen mit Diabetes bauen nicht mehr Unfälle als Menschen ohne Diabetes. Allerdings gibt es ein paar Dinge, auf die sie vor Fahrantritt achten sollten – vor allem, wenn sie ihren Diabetes mit Insulin behandeln. Hier findest du Tipps zum Thema Fahrerlaubnis, Führerschein und Autofahren.

Im Sommer 2012 sorgte der Fall des Fußballprofis Boris Vukcevic für große öffentliche Aufregung und Schlagzeilen: Wegen seines Typ-1-Diabetes kam es bei einer Autofahrt zu einer Unterzuckerung. Der Fußballer verlor die Kontrolle über sein Fahrzeug und kollidierte frontal mit einem Lastwagen. Der damals 22-jährige Kicker erlitt schwerste Kopfverletzungen und musste nach einer Notoperation in ein künstliches Koma versetzt werden. In solchen Fällen stellt sich manch einer die Frage, ob Menschen mit Diabetes überhaupt einen Führerschein haben sollten und Auto fahren dürfen.

Entzug der Fahrerlaubnis kann berufliche Existenz gefährden

Dabei geht von den schätzungsweise sechs Millionen Menschen in Deutschland, die Diabetes und einen Führerschein haben, im Straßenverkehr keine grundsätzliche Gefahr aus. Das gilt auch für Menschen mit Diabetes, die beruflich Busse, Taxis oder Lastwagen fahren. Allerdings gab es in der Vergangenheit in dieser Frage immer wieder Missverständnisse und Fehleinschätzungen. In letzter Konsequenz entzogen die Behörden Betroffenen allzu häufig ihre Fahrerlaubnis und gefährdeten damit auch berufliche Existenzen.

Weniger Diskriminierung – mehr Orientierung

Im Jahr 2018 hat die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) daher Leitlinien zu diesem Thema herausgegeben. Sie sollen helfen, die Diskriminierung von Menschen mit Diabetes zu reduzieren und gleichzeitig die Sicherheit im Straßenverkehr zu verbessern. An diesen wissenschaftlich abgesicherten Empfehlungen können sich Menschen mit Diabetes, Ärzt*innen, Beratungsteams in den Diabetespraxen, Psycholog*innen, Behörden und politische Gremien sowie sozialmedizinische Beratungsstellen orientieren.

Diabetes und Führerschein: das ist wichtig

Hier ein Überblick über die zentralen Empfehlungen aus der DDG-Leitlinie:

  • Recht auf Mobilität: Autofahren bedeutet Mobilität und damit auch Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Viele Menschen können nur mit dem Auto ihren Arbeitsplatz erreichen. Für Menschen, die von Berufs wegen Busse, Taxis oder Lastwagen steuern, ist das Kraftfahrzeug der Arbeitsplatz. Ein generelles Fahrverbot für Menschen mit Diabetes wäre unverhältnismäßig und lässt sich auch nicht wissenschaftlich begründen. Deshalb muss jeder Einzelfall individuell betrachtet und ggf. mit einem verkehrsmedizinischen Gutachten untersucht werden.
  • Hypoglykämien: Wenn der Blutzuckerspiegel sinkt, leidet die Konzentrationsfähigkeit. Bei gefährlich niedrigen Glukosewerten kann es sogar zu plötzlicher Bewusstlosigkeit kommen. Deshalb sollten Menschen mit Diabetes eine Therapieform nutzen, bei der das Risiko für Hypoglykämien möglichst gering ist. Wer Insulin spritzt oder Medikamente einnimmt, die das Hyporisiko erhöhen, sollte vor jeder Autofahrt sicherstellen, dass der Blutzuckerspiegel nicht zu niedrig ist. Bei längeren Fahrten sollte man zwischendurch anhalten und erneut den Blutzucker messen – außerdem sollten kohlenhydrathaltige Snacks im Auto immer griffbereit sein. Menschen mit Diabetes, die ihre Hypoglykämien nicht zuverlässig selbst wahrnehmen, haben u. U. Anspruch auf technische Hilfsmittel wie eine Insulinpumpe oder ein CGM-System, das sie bei sinkenden Glukosewerten warnt.
  • Hyperglykämien: Auch zu hohe Zuckerwerte können die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen. Sie machen müde, benommen und schläfrig. Anders als bei Hypoglykämien gibt es bei Hyperglykämien keine klar definierte Grenze, ab der Experten vom Autofahren abraten.
  • Folgeerkrankungen: Wenn infolge des Diabetes das Sehvermögen Schaden genommen hat, sollten Menschen mit Diabetes kein Fahrzeug mehr führen. Gleiches gilt, wenn sie aufgrund von Nervenschäden an den Füßen (diabetische Neuropathie) das Gas- und Bremspedal nicht mehr betätigen können. In manchen Fällen kann das Auto zur Wiederherstellung der Fahrsicherheit aber technisch umgerüstet werden.
  • Begleiterkrankungen: Statistisch gesehen haben Menschen mit Diabetes häufiger Begleiterkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depression, Schlaf-Apnoe-Syndrom oder Demenz. Dann kommt es auf die individuellen Umstände, das Ausmaß der Beeinträchtigung der Fahrsicherheit und die Nebenwirkungen der erforderlichen Medikamente an, ob sie weiterhin aktiv am Straßenverkehr teilnehmen dürfen.
  • Jugendliche Fahranfänger: Junge Menschen mit Diabetes sollten sich möglichst noch vor Beginn der Fahrschule schlau machen, welche Rolle der Diabetes beim Autofahren spielt. Stabile Glukoseverläufe erleichtern die Fahrstunden – ebenso wie ein Fahrlehrer, der von Anfang an über den Diabetes Bescheid weiß.


von Antje Thiel

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  • tako111 postete ein Update vor 15 Stunden, 42 Minuten

    Fussschmerzen lassen leider keine Aktivitäten zu!

  • Hallo guten Abend ☺️

    Ich heiße Nina, bin 33j jung und Mama von drei zauberhaften Mädels.
    Und vor kurzem bekam ich die Diagnose Diabetes Typ 3c. Nach 5 Jahren – 11 Bauchspeicheldrüsen Entzündungen und schwangerschaftsdiabetes 2024, hat meine Drüse nun fast aufgegeben.. Ich bin irgendwie froh diese Schmerzen nicht mehr zu haben, aber merke wie schwer der Alltag wird. denn hinzukommt noch dass ich alleinerziehend bin.
    Aktuell komme ich überhaupt nicht klar mit der ganzen Situation, täglich habe ich hunderte Fragen die niemand beantworten kann. Dass ist mehr als verrückt.
    Wie habt ihr euch gefühlt in dem Moment als es diagnostiziert wurde?

    Ich freue mich sehr auf einen netten Austausch und eure Erfahrung.

    Liebe Grüße, schönen Abend
    Nina 🙂

    • Willkommen Nina, …
      da hast du ja sich schon einiges hinter Dir. Wie schaut es bei Dir mit Mutterkindkur aus, auch in hinblick einer Diabetesschulung. Hast du guten Diabetologen, Teilnahme DMP, Spritzt du selber oder Pumpe, auch hier gibt es viele Fragen. Wie sieht es mit Selbsthilfegruppen bei Euch aus. …
      Oder Forum? Gerade am Anfang, wo noch alles neu ist, – ist es schon eine tägliche Herausforderung, – da kann es hilfreich sein kleine Ziele sich zu setzen. Dabei finde ich die Aktzeptanz am wichtigsten, oder auch sich selber spritzen zu müssen, oder das Weg
      lassen bzw. bändigen des Naschen … etc. Kleine Schritte …

      Viele Fragen bekommst du auch in eine Diabetes-Schulung beantwortet,
      falls noch nicht gemacht, spreche das bei Deinem Diabetologen an!

      Über weiteren Austausch bin ich auch erfreut, schildere ruhig deine Bausstellen, … doch letztendlich sollte Dein Arzt das beurteilen.

      LG

      Wolfgang

  • swalt postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Dia-Newbies vor 1 Tag, 23 Stunden

    Hallo zusammen. Ich möchte mich erst einmal vorstellen. Ich bin “noch” 59 Jahre, und habe wahrscheinlich seit 2019 Diabetes. Ich würde mir wünschen, endlich angekommen zu sein. Wahrscheinlich seit 2019, weil ich in einem Arztbrief an meinen damaligen Hausarzt zufällig auf den Satz: “Diabetes bereits diagnostiziert” gestoßen bin. Ich habe meinen Hausarzt dann darauf angesprochen und wurde mit “ist nicht schlimm” beschwichtigt.
    Lange Rede. Ich habe einen neuen Hausarzt und einen sehr netten Diabetologen, bei dem ich jetzt seit 4 Jahren in Behandlung bin. Ich vertrage die orale Therapie nicht und spritze ICT. Dennoch bin ich in diesem Thema immer noch absoluter Neuling. Natürlich habe ich viermal im Jahr ein Gespräch mit meinem Diabetologen. Das hilft aber im täglichen Umgang nicht wirklich. Auch die anfangs verordnete Schulung war doch sehr oberflächlich und das war es. Ich kenne nicht die Möglichkeiten, die mir zustehen. Ich habe mir alles, was ich zu wissen glaube aus Büchern angelesen. Irgendwie fühle ich mich allein gelassen, irgendwie durchgerutscht. Ich kenne niemanden in meinem Bekanntenkreis, der Diabetes hat und die nächste Selbsthilfegruppe ist über 50 km entfernt.
    Und so bin ich jetzt hier gelandet. Ich möchte wissen, wie ihr das handhabt, damit ich verstehe, was ich richtig mache und was falsch. Damit ich weiß, dass ich nicht allein damit lebe.

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