- Soziales und Recht
Gesetz zur Prävention: Nicht genug Herz gefasst
3 Minuten
Die Bundesregierung plant ein Gesetz zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bis zum Sommer soll ein Entwurf stehen, Anfang 2025 sollen Maßnahmen beginnen. Auch auf Diabetes als Risikofaktor soll geachtet werden. Der DDG geht das Konzept aber noch nicht weit genug.
Wenn es in der Öffentlichkeit um Diabetes geht, “zuckert” es gern mal. Allen Awareness-Kampagnen zum Trotz wählen viele Experten gegenüber vermeintlichen Laien statt des Fachbegriffs die umgangssprachliche Bezeichnung “Zuckerkrankheit” – auch wenn die Medizin wahrlich abschreckendere Wortungeheuer als “Diabetes” kennt. Aktuell hat niemand geringeres als Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach gerade in einem Interview mit der Bild am Sonntag wieder gezuckert.
“Wir wollen deutschlandweit bei Kindern und Jugendlichen, bei 25-Jährigen, bei 35-Jährigen und bei 50-Jährigen mit einem Gutscheinsystem alle auffordern, sich die Werte messenzu lassen: den Blutdruck, auch den Risikofaktor Zuckerkrankheit”, kündigte er an. Darauf hat sogar die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) mit einer Presse-Mitteilung reagiert – natürlich nicht wegen der Wortwahl des Ministers …
Es geht um das von der Ampelkoalition geplante “Vorbeugegesetz”. Das soll helfen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verhindern. Lauterbach hat angekündigt, einen Gesetz-Entwurf dafür bis zur Sommerpause des Parlaments vorzulegen. Das “Herz-Gesetz” soll so zum nächsten Jahr in Kraft treten. Im internationalen Vergleich sei die Zahl der Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Deutschland sehr hoch, hatte der Minister schon wiederholt kritisiert.
Ließen sich 90 Prozent aller Herz-Kreislauf-Erkrankungen vermeiden?
Lauterbach schaut aber nicht nur auf das Ausland, sondern auch auf eine Wunsch-Welt: Unter idealen Vorbeuge-Bedingungen ließen sich nach seinen Worten fast 90 Prozent aller Herz-Kreislauf-Erkrankungen vermeiden. “Es gibt keine so tödliche Krankheit, wo so viel Tod unnötig ist. Und es ist traurig, dass wir in Deutschland so wenig erreicht haben”, sagte er im Interview Mitte April.
Für Menschen mit Diabetes wären Erfolge im Kampf gegen diese Erkrankungen besonders wichtig: Bis zu drei Viertel der Patienten sterben an Herzinfarkt und Schlaganfällen. Das Risiko von Menschen mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist laut DDG zwei- bis vierfach erhöht, bei Frauen sogar um das Sechsfache.
Die DDG begrüßt diese Initiative des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) daher auch, allerdings greife ein selektives, nur auf die Herz-Gesundheit ausgerichtetes Maßnahmen-Paket zu kurz. “Wir würden uns wünschen, dass das BMG Volkskrankheiten als ein Zusammenspiel versteht und die geplanten Präventionsmaßnahmen nicht isoliert auf das Herzbezieht. Keine chronische Erkrankung kann für sich stehen, weshalb wir für die Nationale Diabetesstrategie seinerzeit ganzheitliche Präventionsmaßnahmen gefordert hatten, die auch anderen Volkserkrankungen vorbeugen”, erklärte DDG-Geschäftsführerin Barbara Bitzer.
Als Beispiel nannte sie die Förderung von täglichen Bewegungszielen in Kitas und Schulen, die Einführung einer Zucker- und Fettsteuer sowie verbindlicher Qualitäts-Standards für die Verpflegung in Kitas und Schulen und mehr Kinderschutz in der Lebensmittel-Werbung – alles alte Bekannte aus dem gesundheitspolitischen Forderungskatalog der Fachgesellschaft.
Impulspapier: vier Handlungsfelder für ein mögliches Präventionsgesetz
Schon in einem Impulspapier hatte das Bundesgesundheitsministerium im Oktober 2023 vier Handlungsfelder für ein mögliches Präventionsgesetz gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen beschrieben: die Verbesserung der Früherkennung bei Kindern und Jugendlichen sowie bei Erwachsenen, die Erweiterung von Disease-Management-Programmen (DMP) und die Reduzierung des Nikotinkonsums.
“Diese Punkte können wir so unterschreiben und begrüßen es ausdrücklich, dass Gesundheitsprävention wieder auf die politische Agenda gesetzt wird. Wir setzen große Hoffnung darauf, dass das BMG geeignete Strukturen und die Finanzierung schafft, um den Vormarsch von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, das damit verbundene Leid für die Betroffenen sowie die daraus entstehenden Kosten für das Gesundheitswesen zu verringern”, lobte Prof. Dr. Baptist Gallwitz in der Erklärung der DDG.
Noch bevor sich Schäden am Herz bemerkbar machen, können ungesunde Ernährung, Bewegungsarmut, Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum nicht nur Typ-2-Diabetes, sondern auch eine Fettleber-Erkrankung, obstruktives Schlaf-Apnoe-Syndrom oder chronische Nierenschäden auslösen.
Deutsche Diabetes Gesellschaft fordert ein Gesamtkonzept
Unter Hinweis auf den übergreifenden “health in all policies”-Ansatzder Weltgesundheitsorganisation (WHO) für nicht übertragbare Erkrankungen fordert die DDG ein Gesamtkonzept, das die größten Volkskrankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall, Bluthochdruck und Adipositas im Blick hat. Und sie appelliert an die Politik,längst fällige Schritte der Nationalen Diabetesstrategie(NDS) nun umzusetzen.
“Seit der Verabschiedung im Sommer 2020 schlummert die NDS in der Schublade der vergessenen Vorhaben und wartet auf eine Überführung in einen Nationalen Rahmenplan”, erinnert Gallwitz. “Es ist unverständlich, warum das BMG nun mit einem neuen Präventionsgesetz um die Ecke kommt, nicht aber bereits gestartete Vorhaben konkretisiert.”
Bisher bekannt gewordene Maßnahmen des geplanten Gesetzes zielen eher auf den Fett- als den Glukosestoffwechsel: Die Kosten für Cholesterin-senkende Statine sollen umfangreicher von den Krankenkassen übernommenwerden. Bisher gilt für sie bei Personen ohne Vorerkrankungen wie Diabetes ein Verordnungs-Ausschluss, sofern nicht ein hohes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorliegt.
“Wir werden die Erstattungsfähigkeit der Medikamente deutlich ausdehnen, sodass hier keiner mit diesem Risikofaktor hoher Cholesterinwerte leben muss”, kündigte Lauterbach an. Und Angebote zur Rauch-Entwöhnung als Kassenleistung sollen ausgeweitet werden, zum Beispiel entsprechende Medikamente bezahlt werden.
von Marcus Sefrin
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2024; 72 (6) Seite 44-45
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 3 Tagen, 3 Stunden
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 6 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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