- Soziales und Recht
Muss die Krankenkasse mit modernen Hilfsmitteln versorgen?
4 Minuten
Kaum hat man ein neues Smartphone oder einen neuen Computer gekauft, gibt es schon ein neueres Modell. Auch bei der Diabetes-Technologie tut sich viel, insbesondere neue Insulinpumpen und CGM-Systeme mit zusätzlichen bzw. verbesserten Funktionen kommen in kürzeren Abständen auf den Markt. Können Patienten von der Krankenkasse die Umversorgung auf ein neues, moderneres Hilfsmittel verlangen? Hier die wichtigsten Informationen dazu.
Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse haben gemäß § 33 SGB V Anspruch auf die Versorgung mit einer Insulinpumpe oder einem System zum kontinuierlichen Glukose-Messen in Echtzeit (Real-Time-CGM, rtCGM), wenn ein solches Hilfsmittel medizinisch notwendig für den Erfolg einer Behandlung ist oder dabei hilft, eine wesentliche Behinderung zu vermeiden oder auszugleichen. Die Krankenkasse übernimmt dann die Kosten für die Anschaffung und stellt das Hilfsmittel als Sachleistung zur Verfügung. Auch die Kosten für eine Änderung, Reparatur oder Ersatzbeschaffung müssen von der Krankenkasse übernommen werden, ebenso notwendige Schulungen und Unterweisungen.
Gewünschtes Hilfsmittel abgelehnt
Immer öfter kommt es zur Situation, dass die Krankenkasse das vom Arzt verordnete bzw. vom Patienten gewünschte Insulinpumpen-Modell bzw. rtCGM-System ablehnt. Stattdessen wird nur ein kostengünstigeres System eines anderen Herstellers angeboten, der Vertragspartner der Krankenkasse ist. Begründet wird dies damit, dass die Krankenkasse das Wirtschaftlichkeitsgebot aus § 12 SGB V zu beachten hat. Tatsächlich können Patienten daher nicht verlangen, immer das modernste oder “beste” System zu bekommen. Maßgeblich sind nämlich allein die Funktionen, die aus medizinischer Sicht notwendig sind und deren medizinischer Nutzen auch belegt ist.
Angebotenes Hilfsmittel ausreichend?
Die Versorgung mit dem gewünschten Hilfsmittel wird man nur dann durchsetzen können, wenn das von der Krankenkasse angebotene System nicht ausreichend wäre, weil sich damit der medizinische Zweck nicht oder nur ungenügend erreichen ließe. Prüfen Sie daher zusammen mit dem Diabetes-Team, warum aus medizinischer Sicht nur das von Ihnen gewünschte System in Frage kommt bzw. warum das von der Krankenkasse angebotene Hilfsmittel nicht ausreichend ist. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn es dort zu einer Pflasterallergie kommt oder man die dortigen Katheter/Kanülen nicht verträgt. Auch die Möglichkeit zur Kopplung der Insulinpumpe mit einem rtCGM-System oder eine bestimmte Dosiergenauigkeit kann aus medizinischer Sicht wichtig sein. Mehr Gründe finden Sie in Ausgabe 12/2020 des Diabetes-Journals.
Ausgleich einer Behinderung
In manchen Fällen lässt sich medizinisch allerdings nicht ausreichend begründen, dass ein bestimmtes bzw. moderneres Hilfsmittel wirklich notwendig ist. Hier kann man vielleicht damit argumentieren, dass das moderne Hilfsmittel erforderlich ist, um die mit der Diabetes-Erkrankung einhergehende Behinderung auszugleichen. Bereits im Jahr 2017 hat beispielsweise das Sozialgericht Nürnberg (SG Nürnberg, Urteil vom 27.01.2017, S 11 KR 138/13) entschieden, dass die Krankenkasse ein bestimmtes CGM-System auch als Mittel zum Ausgleich einer Behinderung übernehmen muss. Das Gericht ist damals meiner Argumentation vollumfänglich gefolgt (bit.ly/3JtGNUz). In dem Urteil wird klargestellt, dass eine Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörung und der Verlust des Bewusstseins, zu dem Hypoglykämien führen können, als Behinderung anzusehen sind. Durch das Alarmieren des rtCGM-Systems kann diese Behinderung zumindest teilweise kompensiert werden. Auch das Bundessozialgericht (BSG) hat in mehreren Entscheidungen (allerdings ohne Diabetes-Bezug) vorgegeben, dass die Kostenübernahme eines Hilfsmittels nicht allein von der medizinischen Notwendigkeit abhängt. In einem Verfahren (BSG, Urteil vom 07.05.2020, B 3 KR 7/19 R) ging es um die Kostenübernahme eines Spezial-Therapiedreirads für einen Patienten mit Gleichgewichtsstörung. Ein anderes Urteil (BSG, Urteil vom 10.09.2020, B 3 KR 15/19 R) betraf die Kostenübernahme einer modernen GPS-Uhr als Hilfsmittel für einen geistig behinderten Patienten mit Weglauf-Tendenzen. Das BSG hat jeweils entschieden, dass ein Hilfsmittel auch als Leistung zum Ausgleich einer Behinderung dienen kann, wenn es seinem Zweck entsprechend die Auswirkungen der Behinderung beseitigt oder mindert und damit der Befriedigung eines Grundbedürfnisses dient. Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich müssen also nicht zwingend mit dem vorrangigen Ziel eingesetzt werden, auf die Krankheit heilend einzuwirken.
Mehrkosten selbst zahlen
Wenn man mit entsprechender Argumentation nicht weiterkommt und bereit ist, die Mehrkosten für das gewünschte System selbst zu zahlen, kann man bei der Krankenkasse das höherwertige Hilfsmittel unter Hinweis auf § 33 Absatz 1 SGB V beantragen. Um hier keine unliebsamen finanziellen Überraschungen zu erleben, sollten Sie sich im Vorfeld genau erkundigen, welche Zusatzkosten auf Sie zukommen, z. B. auch für Verbrauchsmaterial.
Umversorgung auf moderneres System?
Eine Insulinpumpe oder ein rtCGM-System werden meist für einen längeren Zeitraum bewilligt. Ist man insoweit ausreichend versorgt, besteht während dieses Zeitraums grundsätzlich kein Anspruch auf erneute Versorgung bzw. auf eine Umversorgung mit einem anderen System. Wie bei einer Neuversorgung müsste man dazu nachweisen, dass das vorhandene Hilfsmittel aus medizinischer Sicht nicht (mehr) ausreichend ist oder nicht mehr zweckmäßig eingesetzt werden kann. Ansonsten gibt es auch hier die Möglichkeit der Mehrkostenerklärung.

Oliver Ebert
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2023; 72 (4) Seite 44-45
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 3 Wochen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 2 Wochen, 2 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig