Nachgefragt | Recht: Wann übernimmt die Krankenkasse die Kosten für eine Lipödem-Behandlung?

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Nachgefragt | Recht: Wann übernimmt die Krankenkasse die Kosten für eine Lipödem-Behandlung? | Foto: MQ-Illustrations – stock.adobe.com
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Nachgefragt | Recht: Wann übernimmt die Krankenkasse die Kosten für eine Lipödem-Behandlung?

Das Lipödem ist eine chronische und oft fortschreitende Erkrankung, die vor allem Frauen betrifft. Sie führt zu einer Vermehrung des Fettgewebes an Armen und Beinen. Neben Schmerzen und Bewegungs-Einschränkungen führt es häufig auch zu psychischen Belastungen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist das Absaugen von Fett (Liposuktion) inzwischen Kassenleistung. Wichtig sind danach aber auch Operationen, um die dann übrig gebliebene Haut zu entfernen. Werden auch die Kosten für diese Behandlung von der Krankenkasse übernommen?

Die Kostenübernahme für medizinische Behandlungen durch die gesetzlichen Krankenkassen wird in Deutschland durch das Sozialgesetzbuch V (SGB V) geregelt. Grundsätzlich müssen Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.

Kostenübernahme für Liposuktion und Hautstraffung

Bei der Beurteilung, ob ein Absaugen des Lipödems bzw. eine anschließende Hautstraffung diese Kriterien erfüllt, spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Grundsätzlich gilt: Rein kosmetische Korrekturen werden von den Krankenkassen nicht bezahlt. Bei einem schweren Lipödem (Stadium III, siehe Kasten) müssen Fett-Absaugungen (Liposuktionen) an Armen und Beinen aber unter bestimmten Voraussetzungen von den Krankenkassen übernommen werden.

Dies allein reicht jedoch noch nicht aus. Der Eingriff wird nur übernommen, wenn in den letzten sechs Monaten eine ärztlich verordnete, konservative Therapie (manuelle Lymphdrainage, Kompressions-Therapie, Bewegung und sorgfältige Hautpflege) kontinuierlich durchgeführt wurde, diese aber erfolglos blieb.

Lipödem Stadium III

Ein Lipödem im Stadium III liegt vor, wenn folgende Kriterien erfüllt sind (§ 4 Absatz 2 der Qualitätssicherungs-Richtlinie zur Liposuktion bei Lipödem im Stadium III; diese Regelungen sind zunächst bis Ende 2025 befristet):

  • disproportionale Fettgewebsvermehrung (Extremitäten-Stamm) mit großlappig überhängenden Gewebeanteilen von Haut und Unterhaut
  • fehlende Betroffenheit von Händen und Füßen
  • Druck- oder Berührungsschmerz im Weichteilgewebe der betroffenen Extremitäten

Dann kommt es noch auf den Body-Mass-Index (BMI) an: Der BMI ist ein Maß für das Verhältnis von Körpergewicht und Körpergröße. Er wird verwendet, um Übergewicht und Adipositas zu erfassen und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu berechnen. Die Formel zum Berechnen lautet: BMI = Körpergewicht (in kg) / Körpergröße (in m) zum Quadrat. Bei Patienten mit einem BMI ab 35 kg/m2 muss zunächst die Adipositas behandelt werden. Beträgt der BMI 40 kg/m2 oder mehr, soll keine Liposuktion durchgeführt werden.

Nach einem erfolgreichen Absaugen des Fetts bleibt oft noch viel überschüssige Haut, was für die Betroffenen erheblich belastend ist. Die Kosten-Übernahme für solche Operationen ist allerdings nur selten Leistung der Krankenkassen, denn das Zuviel an Haut hat in der Regel keinen eigenständigen Krankheitswert. Kosmetische bzw. rein ästhetische Aspekte fallen jedoch nicht unter den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung.

Weiterführende Informationen: G-BA-Richtlinie zu Liposuktion (Fett-Absaugung) bei Lipödem im Stadium III

Medizinische Notwendigkeit als Schlüssel-Kriterium

Für eine Kosten-Übernahme durch die Krankenkassen muss daher die medizinische Notwendigkeit für eine Hautstraffung nachgewiesen werden, was aber nur in Ausnahmefällen möglich sein dürfte. In Betracht kommen vor allem Patientinnen und Patienten, bei denen es zu nicht therapierbaren Hauterkrankungen wie Pilzbefall kommt oder die Hautfalten zu funktionellen Beeinträchtigungen und chronischen Hautreizungen führen. Eine Leistungspflicht der Krankenkasse könnte auch dann bestehen, wenn eine schwerwiegende Entstellung vorliegt.

So hat das Sozialgericht Potsdam (Urteil vom 10.03.2023, S 7 KR 349/21) beispielsweise in erheblichen Hautreizungen und funktionellen Beeinträchtigungen im Bereich der Oberschenkel eine ausreichende medizinische Notwendigkeit für die operative Hautstraffung gesehen.

Für andere Bereiche (Oberarme, Brust, Flanken) wies das Gericht die Klage jedoch ab. Das Hessische Landessozialgericht (Urteil vom 02.05.2024, L 1 KR 247/22) hat im dortigen Fall dagegen keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine operative Hautstraffung gesehen, da die Hautfalten nicht zu schwerwiegenden Hautveränderungen oder einer erheblichen Entstellung der Patientin führten.

Entscheidend ist eine lückenlose Dokumentation des Leidensdrucks durch behandelnde Ärzte. Dies sollte idealerweise eine ausführliche Anamnese, regelmäßige Untersuchungen und Verlaufskontrollen sowie eine fotografische Dokumentation umfassen. Hilfreich kann auch ein psychologisches Gutachten sein, um die psychische Belastung durch den Haut-Überschuss zu belegen.

Kosten für die Operation können steuerlich abzugsfähig sein

Werden die Kosten für die Liposuktion bzw. Haut-Entfernung nicht oder nur teilweise von der Krankenkasse übernommen, können sie aber möglicherweise steuerlich abgesetzt werden. Dies gilt auch bei Lipödemen, die (noch) nicht das Stadium II erreicht haben. Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass die Operation nicht (nur) kosmetischen Zwecken gedient hat, sondern medizinisch indiziert war (BFH, Urteil vom 23. März 2023, VI R 39/20).


von Rechtsanwalt Oliver Ebert

Erschienen in: Diabetes-Anker, 2025; 73 (6) Seite 48-49

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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