Ökonomisierung in Kliniken: „Zerreißprobe für Innere Medizin“

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Ökonomisierung in Kliniken: „Zerreißprobe für Innere Medizin“

Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin und die Deutsche Diabetes Gesellschaft fordern eine Wertediskussion im Gesundheitswesen, um der zunehmenden Ökonomisierung des Klinikbetriebs entgegenzutreten.

Studien zeigen, dass viele Ärzte den wirtschaftlichen Druck in Kliniken als sehr stark wahrnehmen. In ihrem aktuellen Positionspapier formuliert die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM) Lösungsvorschläge, um der zunehmenden Ökonomisierung des Klinikbetriebs zu begegnen. Die betriebswirtschaftliche Optimierung von Kliniken sieht die Fachgesellschaft als Zerreißprobe für die Innere Medizin.

Sie fordert gemeinsam mit der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) unter anderem die Abschaffung von Bonus-Verträgen für Ärzte und einen “Ärzte-Kliniken-Kodex” als Leitfaden für das Zusammenspiel zwischen ärztlichen Grundwerten und ökonomischen Gesichtspunkten. Bei der Pressekonferenz am 14. Juli 2016 in Berlin stellten DGIM und DDG das Positionspapier vor.

Medizin-ethische Qualitätsstandards und Patientenwohl vs. betriebswirtschaftliche Optimierung

Immer häufiger müssen Ärzte ihr ärztlich-professionelles Handeln der Gewinnmaximierung des Krankenhauses unterordnen. “Viele Kollegen sehen sich mitunter gezwungen, zwischen medizin-ethischen Qualitätsstandards und Patientenwohl und der wirtschaftlich besten Lösung für das Krankenhaus zu entscheiden”, klagt Professor Dr. med. Petra-Maria Schumm-Draeger, Vorsitzende der DGIM aus München.

In einem aktuellen Positionspapier präsentieren die DGIM und Vertreter der DDG Vorschläge, wie ein guter Versorgungsstandard in der Inneren Medizin auch weiterhin zu gewährleisten ist. “Zentral ist für uns die Abschaffung von den an ökonomische Kennzahlen gekoppelten Bonus-Verträgen für Ärzte. Diese setzen falsche Anreize und stören das Arzt-Patienten-Verhältnis”, sagt Schumm-Draeger. Für das Vertrauen zwischen Arzt und Patient sei es entscheidend, dass es keine Verbindung zwischen finanziellen Anreizen und Behandlung gäbe.

„Fachärzte müssen weiterhin eine qualitativ hochwertige Ausbildung erhalten“

Sehr kritisch sehen DGIM und DDG auch, dass verschiedene Tätigkeitsfelder der Inneren Medizin zunehmend abgedrängt würden, weil die dort angewandten medizinischen Maßnahmen weniger Ertrag abwerfen als andere. “Vor allem die sogenannte sprechende und damit zeitaufwändige Medizin lässt sich nicht in Prozeduren abrechnen, dabei ist das Gespräch genau der Teil der Behandlung, der beim Patienten Vertrauen erzeugt, was für den Erfolg einer Therapie entscheidend ist – insbesondere wenn es sich um komplexe Krankheitsbilder wie Diabetes handelt”, betont Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Präsident der DDG.

Diese Entwicklung könnte darin münden, dass künftig Patienten keine Fachärzte mehr in ihrer Nähe finden, die eine internistische Behandlung mit Blick auf den gesamten Menschen leisten können. Infolge dessen ist auch die Weiterbildung zum Facharzt – eine wichtige Aufgabe leitender Krankenhausärzte – in ihrer Qualität gefährdet.

“Der Druck auf Kliniken und Ärzte, im DRG-System optimal abzurechnen, drängt die Weiterbildung immer mehr an den Rand”, bedauert Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland, Mediensprecher der DDG und Mit-Autor des Positionspapiers. “Es muss personell und finanziell sichergestellt sein, dass Fachärzte weiterhin eine qualitativ hochwertige Ausbildung erhalten, um unsere Patienten bestmöglich zu versorgen”, so der Internist aus Aachen.

Versorgung kranker Menschen ist keine Dienstleistung

“Umsatz darf nicht das primäre Ziel unserer Krankenhäuser werden”, stellt auch Professor Dr. med. Dr. h. c. Ulrich R. Fölsch, Generalsekretär der DGIM aus Kiel, klar. Die DGIM schlägt daher vor, einen Ärzte-Klinik-Kodex zu entwickeln. Dieser könnte als Modellansatz für eine Werte-orientierte Integration ärztlichen Handelns dienen und einen Ausgleich zu den derzeit dominierenden ökonomischen Leit- und Erfolgsbilder im Krankenhaussektor schaffen.

“Die Versorgung kranker und damit auf ärztliche Hilfe angewiesener Menschen ist keine Dienstleistung”, so Fölsch, “die Kunden nach Bedarf verkauft wird.” Sie sei vielmehr eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die zu lösen nicht Ärzten und Kliniken allein überlassen sein darf. Hier seien Politik und damit der Gesetzgeber gefordert, entsprechende Weichen zu stellen, anstatt sich hinter jenen zu verstecken, die den am Ende leidtragenden Patienten täglich gegenüberstehen.


Quelle: Gemeinsame Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) und der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG)

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • darktear antwortete vor 2 Wochen

      Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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