„Patienten sind die Leidtragenden“

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„Patienten sind die Leidtragenden“

Der Deutsche Diabetiker Bund (DDB) bedauert die Herausnahme des Insulins aus dem deutschen Markt und kritisiert die Regelung zur Arzneimittel-Nutzenbewertung, die dazu geführt haben.

Dieter Möhler, Bundesvorsitzender des Deutschen Diabetiker Bundes Ende September 2015 – gerade mal ein Jahr nach seiner Einführung – verschwindet es wieder vom deutschen Markt: das Basalinsulin Insulin degludec (Handelsname: Tresiba). Rund 40.000 Diabetespatienten, die das Medikament spritzen, müssen jetzt auf ein anderes Insulin umgestellt werden.

Nach einer Übergangsfrist von drei Monaten kann Tresiba nur noch über internationale Apotheken bestellt werden. Der Deutsche Diabetiker Bund (DDB) bedauert die Herausnahme des Insulins aus dem deutschen Markt.

Bestimme Patientgruppen profitieren von ‘Insulin degludec’

“Wir bedauern insbesondere, dass die vom Gesetzgeber geschaffene Regelung zur Nutzenbewertung eines Medikaments – in diesem Fall von Insulin – nicht im Detail die konkreten Erfordernisse einzelner Patientengruppen abbilden kann”, so der DDB-Bundesvorsitzende Dieter Möhler. Dazu zählen z. B. ältere Patienten, die vom Pflegedienst betreut werden – hier entfällt durch die Einmalgabe des Insulins ein weiterer täglicher Besuch, der sonst notwendig wäre.

Auch diejenigen Patienten profitieren von Insulin degludec, bei denen der Diabetes erst festgestellt wurde und deren Basalratenbedarf gleichbleibend ist, wie häufig bei Kindern und Jugendlichen. Gleiches gilt für Patienten mit langer Diabetestdauer. “Aus den Leitlinien der Fachgesellschaft DDG leiten wir ab, dass bei wechselndem Insulinbedarf die Insulinpumpe als Hilfsmittel die erste Wahl wäre”, so Möhler.

“Das gesetzliche System gewährleistet nicht die bestmögliche Versorgung”

Die Nutzenbewertung mit der zweckmäßigen Vergleichstherapie Humaninsulin habe – bezogen auf anderes Basalinsulin – nicht zum Erfolg führen können, erklärt der DDB-Bundesvorsitzende. “Denn die eingereichten Unterlagen bildeten bedauerlicherweise all diese Überlegungen nicht ausreichend ab.”

Möhler: “Das Problem ist, dass das gegenwärtige gesetzliche System die bestmögliche Versorgung der Patienten, was ihre jeweiligen Interessen und Erfordernisse angeht, nicht gewährleistet, es bei entsprechender Änderung aber könnte.”

“Kein Geld der Welt kann Vorteile von ‘Tresiba’ bezahlen”

“Leidtragende sind die Patienten, die das Insulin schon nutzen und jetzt wieder wechseln müssen”, erklärt Rechtsanwältin Sabine Westermann vom DDB-Rechtsberatungsnetz. So hat sich auch eine Typ-1-Diabetikerin an den DDB gewandt, deren Therapie sich mit dem Basalinsulin deutlich positiv veränderte: “Meine Blutzuckerwerte sind mit dem neuen Insulin weitgehend im therapeutischen Zielbereich. Blutzucker-Entgleisungen mit hohen oder niedrigen Werten treten kaum noch auf. Tresiba kann ich nun auch zu einem Zeitpunkt injizieren, der mir ein normales Leben ermöglicht.”

Durch die notwendige Therapieumstellung sieht sie ihre Gesundheit gefährdet und könne dies nicht akzeptieren: “Diese Situation ist unethisch und führt für mich zu einem erheblichen Nachteil.”Und eine 15-jährige Typ-1-Diabetikerin schreibt: “Kein Geld der Welt kann bezahlen, was Tresiba für Vorteile geliefert hat.”

AMNOG-Prozess: keine Einigung bei den Preisverhandlungen

Arzneimittel-Hersteller müssen seit 2011 die Preise für neue Medikamente im Rahmen des AMNOG-Prozesses (AMNOG: Arzneimittelmarkt-Neuordungsgesetz) mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aushandeln. Da es bei den Preisverhandlungen zu keiner Einigung kam, reagierte der Hersteller Novo Nordisk mit der Rücknahme seines Basalinsulins.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte im Oktober und im Dezember 2014 Insulin degludec keinen Zusatznutzen zugesprochen. Laut Hersteller hat das Basalinsulin jedoch eine sehr lange Wirkdauer von bis zu 25 Stunden und sorgt so dafür, dass sich weniger Schwankungen des Insulinspiegels – z. B. auch weniger nächtliche Unterzuckerungen – zeigen.

Auch die Diabetologen sind über Vertriebsstopp erschüttert und verärgert

Deutschlands Diabetologen sind ebenfalls erschüttert und verärgert über den Vertriebsstopp. Wie die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) rät auch der DDB den betroffenen Patienten, in der Umstellungszeit häufiger ihren Blutzucker zu messen. Die Therapieumstellung müsse jedoch in enger Abstimmung mit dem behandelnden Arzt erfolgen.

Bei weiteren Fragen können sich die Patienten auch direkt an den Hersteller wenden.

Der DDB fordert die verhandelnden Vertragsseiten dazu auf, auch nach der Preisfestsetzung jetzt alle Anstrengungen für entsprechende Verträge zu unternehmen, um einen Vertrieb in Deutschland zu sichern. Der Diabetiker Bund weist zudem auf die Möglichkeit des Imports von Insulin degludec hin.


Quelle: Pressemitteilung des Deutschen Diabetiker Bundes (DDB)

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  • insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche

    Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • darktear antwortete vor 2 Tagen

      Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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