Fachverbände schlagen Alarm: Große Chancen, aber unzureichende Unterstützung für Praxen bei Diabetes-Technologie

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Fachverbände schlagen Alarm: Große Chancen, aber unzureichende Unterstützung für Praxen bei Diabetes-Technologie | Foto: Halfpoint – stock.adobe.com
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Fachverbände schlagen Alarm: Große Chancen, aber unzureichende Unterstützung für Praxen bei Diabetes-Technologie

Trotz der unbestreitbaren Vorteile neuer Diabetes-Technologien wie CGM- und AID-Systeme hinkt die strukturelle und finanzielle Einbindung dieser Innovationen in die ambulante Versorgung hinterher. Diabetologische Fachgesellschaften und Berufsverbände fordern daher nun ein Umdenken auf politischer Ebene.

Über neun Millionen Menschen in Deutschland sind aktuell an Diabetes mellitus erkrankt – Tendenz steigend. Die Integration moderner Diabetes-Technologien in die Versorgungspraxis verspricht einen Quantensprung in der Lebensqualität und Gesundheitsprognose der Betroffen: Systeme zur kontinuierlichen Glukosemessung in Echtzeit (rtCGM) und Systeme zur automatischen Insulindosierung (AID) revolutionieren den Alltag vieler Betroffener. Sie ermöglichen eine präzisere Blutzuckerkontrolle, verringern das Risiko für Hypoglykämien und tragen zur Prävention diabetischer Folgeerkrankungen bei. Gleichzeitig fördern sie ein höheres Maß an Autonomie im Alltag.

Technologischer Fortschritt führt zu erheblichen Mehraufwand in den Praxen

Diese Potenziale – aber auch die damit verbundenen Herausforderungen – will ein Zusammenschluss aus führenden Fachvertretern nun stärker in den Fokus der Versorgungspolitik rücken. Die Initiative geht zurück auf Dr. Tobias Wiesner, neuer Vizepräsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbands niedergelassener Diabetologen (BVND) sowie Vorstandsmitglied der DDG-Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Technologie (AGDT), sowie Dr. med. Christoph Neumann, Vorstandsmitglied des Berufsverbands niedergelassener Diabetolog*innen in Bayern e.V. (bndb).

„Diese Systeme helfen, den Blutzucker stabiler einzustellen, das Risiko für Unterzuckerungen zu senken und langfristige Folgeerkrankungen zu vermeiden“, betont Dr. Wiesner. Doch er und seine Kollegen wissen auch: Der technische Fortschritt verlangt erheblichen Mehraufwand in der ärztlichen Praxis. „Die Auswahl geeigneter Systeme, Antragstellungen bei den Krankenkassen, individuelle Schulungen und eine regelmäßige Datenanalyse sind zeitintensiv und anspruchsvoll, besonders zu Beginn der Therapieumstellung“, ergänzt Dr. Neumann.

Diabetes-Technologie mit hohem Schulungsbedarf, aber ohne finanzielle Abbildung

Der tägliche Umgang mit moderner Diabetes-Technologie erfordert nicht nur auf Seiten der Patientinnen und Patienten ein hohes Maß an Kompetenz und Engagement, sondern ebenso beim medizinischen Fachpersonal. „Was auf den ersten Blick wie ein selbstlaufendes System wirkt, erfordert in Wahrheit erhebliche zeitliche Ressourcen – für Patientinnen und Patienten, aber auch für die Behandelnden“, erklärt Toralf Schwarz, Vorsitzender des BVND und Diabetologe.

Um das volle Potenzial der Technik auszuschöpfen, müssen strukturierte Prozesse etabliert, kontinuierliche Schulungen angeboten und technische wie medizinische Fragestellungen betreut werden – oft auch außerhalb regulärer Sprechstundenzeiten. „Dafür fehlt im aktuellen Vergütungssystem jedoch jede Grundlage“, so Schwarz.

Weiterführende Informationen:
Statement von DDG, BVND, bndb und AGDT zur Situation der ambulanten Diabetologie

Ambulante Diabetologie unter finanziellem Druck

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erschweren es vielen diabetologischen Einrichtungen zunehmend, moderne Technologien dauerhaft anzubieten. Insbesondere im ambulanten Bereich gerät die Versorgung zunehmend unter Druck. Die gegenwärtige Finanzierung über das Disease-Management-Programm (DMP) trägt dem zusätzlichen Aufwand nicht ausreichend Rechnung. „Ohne Anpassung der Rahmenbedingungen werden spezialisierte Praxen nicht mehr in der Lage sein, moderne Technologie dauerhaft anzubieten“, warnt Dr. med. Jens Kröger, Vorstandsvorsitzender von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und niedergelassener Diabetologe aus Hamburg.

Schon heute übernehmen viele Einrichtungen die Kosten für Schulungen, technische Betreuung und kontinuierliche Weiterbildung selbst – ein Zustand, den Fachvertreter als untragbar ansehen. Dr. Kröger bringt es auf den Punkt: „Diabetes-Technologie rettet keine Leben im Alleingang. Aber gemeinsam mit einer kompetenten ärztlichen Begleitung kann sie Menschen ein selbstbestimmteres Leben ermöglichen.“ Damit dies langfristig gewährleistet werden kann, fordern die Verbände die Politik zum Handeln auf – mit dem Ziel, die Diabetologie zukunftsfähig und patientenorientiert weiterzuentwickeln.

Kernbotschaften des Appells

1. Ausreichende Finanzierung

  • Hoher Zeitaufwand für Schulung, Beratung und Therapieanpassung
  • Zusätzliche Kosten für Technik, Software und Weiterbildung des Teams
  • Keine Investionsanreize für Praxen
  • Mehraufwand bleibt unvergütet – der Beruf variiert an Attraktivität

2. Dringender Handlungsbedarf

  • Vergütungssysteme müssen den Mehraufwand realistisch abbilden
  • Förderprogramme für Technik und Weiterbildung erforderlich
  • Mehr politische und gesellschaftliche Anerkennung der ambulanten Diabetologie

von Redaktion Diabetes-Anker

mit Materialien der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), des Bundesverbands Niedergelassener Diabetologen e.V. (BVND), des Berufsverbands niedergelassener Diabetolog*innen in Bayern e.V. (bndb) und von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe

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