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Diabetes und Essen – wenn Essen zum Lebensmittelpunkt wird
4 Minuten
Jeder von uns setzt sich tagtäglich mit Essen auseinander: Sei es, indem man sich am Morgen ein Arbeitsbrot zubereitet, am Abend ein leckeres Gericht kocht oder in der Mittagspause mit den Kollegen beim Lieferanten bestellt.
Man kauft ein, man bereitet zu, man isst. Noch schnell den Abwasch erledigen. Fertig. Schön wär’s…
Essen bedeutet, nachdenken zu müssen
Für uns Diabetiker sieht das doch anders aus. Klar, auch wir gehen einkaufen, bereiten das Essen zu und, ja, wir bestellen auch mal beim Lieferanten oder holen uns eine ungesunde Mahlzeit am Imbiss um die Ecke. Aber eben anders. Anders in dem Sinne, dass wir nie essen können, ohne das Essen zu bewerten und darüber nachzudenken – und das macht es mir irgendwie schwer.
Ich meine nicht einmal das Blutzuckermessen, bevor ich mit dem Essen beginnen kann. Und ich meine auch nicht das Spritzen meines Insulins, nachdem ich gegessen habe. All das wird einem ja durch die heutige Medizin enorm erleichtert. Gewebezuckersensoren, Insulinpumpen, Patchpumpen – all das erleichtert das Diabetesmanagement natürlich enorm!
Es ist eher das Drumherum. Die Kommentare und Blicke der Mitmenschen, wenn es mal kohlenhydrat- oder zuckerreicher ist als gewohnt. Das Warten, wenn der Blutzucker gerade mal nicht „essenstauglich“ ist, und das Berechnen und Darübernachdenken, was und wie viel man gerade isst oder essen wird.
Essen bedeutet, bewertet zu werden
Irgendwie hatte ich in meiner Kindheit und Jugend oft das Gefühl, anhand meiner Kohlenhydrat- und Insulinmenge bewertet zu werden.
Oft habe ich Kommentare wie „Wahnsinn, jetzt hast du ja 8 KE gegessen, das ist ganz schön viel!“ gehört. Dabei meinten meine Mitmenschen das – so vermute ich – gar nicht böse. Ein gutes Brötchen mit Marmelade, ein Glas Saft und ein Joghurt, da kommen bei einem gemütlichen Frühstück ganz schnell mal 80 Gramm Kohlenhydrate zusammen. Aber ich habe mich irgendwie immer „bewertet“ gefühlt. 8 KE. Ganz schön viel. Du isst also viel, Lesley-Ann. Zu viel vielleicht?! Und das zieht sich bis heute durch mein Leben. Natürlich nicht täglich und ständig, aber eben immer mal wieder.

Die andere Sache ist der Spritz-Ess-Abstand. Da das Insulin nicht unbedingt schon wirkt, wenn die Kohlenhydrate den Blutzucker ansteigen lassen, muss ich eben spritzen und dann ein bisschen warten, bis ich esse. Ein anderer Punkt, der eigentlich ganz einfach ist: Ist der Blutzuckerwert nicht im Normalbereich, sollte ich als Diabetiker nichts mit Kohlenhydraten essen..
Essen bedeutet, außen vor zu sein
Es gab schon die eine oder andere Situation, in der wir als Familie gemeinsam Kuchen und Muffins verdrücken wollten, der Blutzucker meines Neffen aber nicht gut war und er dann als einziger von uns keinen Kuchen essen durfte. Er macht das absolut tapfer, keine Frage, aber mir zerreißt es jedes Mal das Herz. Oftmals sage ich ihm dann, dass wir ja „Zuckerfreunde“ sind und wir beide jetzt eben keinen Kuchen essen können, aber dafür schnappen wir uns später ein riesiges Stück und das wird dann besonders gut schmecken. Aber diese Ungerechtigkeit, die ich dann in diesem Moment spüre, ist nahezu unbegreiflich: Wieso muss der Blutzucker von ihm denn auch genau in diesem einen Moment, in dem wir Muffins mampfen wollen, zu hoch sein?! Wieder ein Moment, in dem Diabetes und Essen einfach nicht harmonieren…

Wie viele Kohlenhydrate stecken wo drin – klar, im Laufe der Jahre fängt man als Diabetiker an zu schätzen, ich wiege selten Reis oder Nudeln ab, weil ich mittlerweile ein ganz gutes Augenmaß dafür habe. Aber besonders Backwaren machen es mir schwer, weil sie sich so enorm unterscheiden. Bei meiner Diagnose habe ich damals gelernt, dass ein Brötchen zwei KE hat – und das immer. Das war einfach so. Inzwischen weiß ich es besser: Brezel ist nicht gleich Brezel und Brötchen nicht gleich Brötchen.
Essen bedeutet „forschen“
Oftmals nervt mich das Berechnen der Dinge, das „Forschen“, wie viele Kohlenhydrate da jetzt drinstecken. Das Nachdenken, ob man vielleicht lieber noch die verzögerte Aufnahme aufgrund des Fettes dazu berechnet.
Man kann eben als Diabetiker nicht einfach „drauflosessen“. Und ja, das nervt eben einfach.
Essen ist für mich im Laufe der Jahre einfach ein enorm großer Punkt in meinem Leben geworden. Natürlich in Bezug auf die Diabulimie und dem Streben nach einem körperlichen Ideal, aber auch in Bezug auf das Diabetesmanagement. Manchmal wünsche ich mir, ich könnte mal wieder eine Mahlzeit oder auch nur einen Snack zu mir nehmen, ohne vorher zu checken, ob das in Anbetracht meines Blutzuckerwertes geht, ohne vorher die Lebensmittel zu berechnen, ohne vorher einen Bolus dafür zu spritzen und ohne nach zwei Stunden zu prüfen, ob ich denn auch alles richtig berechnet habe.
Essen bedeutet, aufmerksam zu sein
Ich glaube, es ist wichtig, die Freude am Essen dennoch nicht zu verlieren. Ich für mich habe da einen Mittelweg gefunden: Ich achte auf meinen Blutzuckerwert vor dem Essen und ich berechne auch alle Lebensmittel nach bestem Wissen, aber ich sage mir selbst auch immer und immer wieder, dass der Körper keine Maschine ist. Ich kann heute und morgen haargenau das Gleiche essen, allem voran haargenau der gleiche Blutzuckerwert. Ja, sogar die Umgebung, die Gesellschaft, die Uhrzeit und das Wetter können haargenau gleich sein und TROTZDEM kann der Blutzuckerwert zwei Stunden nach dem Essen an dem einen Tag so und an dem anderen eben anders sein.
Was ich meine, ist, dass man das Diabetesmanagement absolut – und das ist wirklich wichtig – ernst nehmen soll, aber dass wir uns alle vielleicht auch ein Stück weit „entschleunigen“ sollten. Denn eins ist klar: Solange du dein Bestes gibst, hast du dir nichts vorzuwerfen! Manchmal ist Diabetes eben ein Miststück 😉
Annika brauchte nach ihrer Diabetes-Typ-1-Diagnose auch erst einmal Zeit, um den Genuss beim Essen wiederzufinden: Die Philosophie des Essens oder: Essen ist mehr als nur KH und BE
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 2 Wochen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig