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Konferenz in New York: Diabetes und mentale Gesundheit zwischen Wolkenkratzern
4 Minuten
Warum brauchen wir eine Konferenz zu Diabetes und mentaler Gesundheit? Menschen mit Diabetes haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, an Depressionen oder einer anderen psychischen Störung zu erkranken, als Menschen ohne Diabetes. Jeder vierte Mensch mit Diabetes zeigt depressive Verstimmungen. Vorbeugen und Aufklären sind Themen, die nicht nur die körperliche, sondern auch die mentale Gesundheit betreffen sollten. Hier gibt es also Nachholbedarf.
Die Konferenz DBHcon fand vom 2. bis 4. Mai 2025 zum vierten Mal statt und wurde von der Non-Profit-Organisation Diabulimia Helpline (DBH) organisiert. Bereits im Jahr 2009 wurde diese Telefon-Sorge-Hotline gegründet, um Menschen mit Diabetes und Ess-Störungen zu helfen. Heutzutage kann man in den USA dort 24 Stunden am Tag Hilfe bekommen.
Die Gründerin Erin M. Akers-Mew hatte selbst eine Diabulimie entwickelt, also einen Verzicht auf Insulin, um so abzunehmen. Sie erfuhr am eigenen Leib, wie wenige Möglichkeiten der Hilfe es speziell für Menschen mit Diabetes und Ess-Störungen gab, und gründete dann die Helpline.
Die erste Konferenz fand im Jahr 2018 statt, damals noch mit dem Schwerpunkt Diabetes und Ess-Störung. Mittlerweile befasst sich die Konferenz mit Diabetes und mentaler Gesundheit im Allgemeinen, denn wie Erin M. Akers-Mew in ihrer Begrüßungsrede sagte: „Mental Health is Health“ (Mentale Gesundheit ist auch Gesundheit).
Fachpersonal und Menschen mit Diabetes gestalten gemeinsam die Konferenz
Das Umfeld für die Konferenz hätte malerischer und US-amerikanischer kaum sein können: ein altehrwürdiges Hotel in Downtown Manhattan in New York, eingerahmt von Wolkenkratzern. Ein großer Eingangsbereich aus Marmor mit einem Blick bis in die nächste Etage. Die Konferenzräume haben Teppichboden mit ausgefallenen Ornamenten und Kronleuchtern. Und dazwischen waren lauter Menschen mit Systemen zum kontinuierlichen Glukose-Messen (CGM) am Arm, die sich freudig begrüßten, denn viele kannten sich schon.
Die Zielgruppe bestand aus medizinischem Fachpersonal sowie Menschen mit Diabetes und deren Angehörigen. Die Interdisziplinarität von Diabetes und mentaler Gesundheit und die verschiedenen Zielgruppen machten die Konferenz zu etwas ganz Besonderem.
Thematisiert wurde eine Bandbreite von Inhalten, die sich mit Diabetes und mentaler Gesundheit auseinandersetzen. Besonders hervorzuheben ist, dass es Vorträge für die Zielgruppen getrennt, aber auch gemeinsame Vorträge gab, um die entsprechenden Bedürfnisse besser abdecken zu können.

Highlights der Agenda
„Sweet Beginnings – Navigating Diabetes During Pregnancy“ – zu deutsch: „Süßer Beginn – Diabetes navigieren während der Schwangerschaft“
Lauren Bongiorno, Sarah Petti, Michelle Demarco-Amato und Ariel Sarpeh schufen hier einen besonders geschützten Raum, der es den Teilnehmenden ermöglichte, auch über traumatisierende Geburtserlebnisse zu berichten. Die Teilnehmenden waren Mütter mit Diabetes in verschiedenen Lebensphasen, auch eine Geburtshelferin speziell für Menschen mit Diabetes war vertreten.
Die Quintessenz war, dass man so gut vorbereitet sein kann, wie man will, – oft passiert es anders, als man denkt. Am wichtigsten wurde die Unterstützung durch Familie und Freundeskreis wahrgenommen und auch, sich im Diabetes-Team gut aufgehoben zu fühlen.
„Inhale to recover“ – „Inhalieren, um gesund zu werden“
Auch ganz persönliche Erfolgsgeschichten hatten ihren Platz auf dieser Konferenz. Cynthia Celt thematisierte in ihrem Vortrag „Inhale to recover“ ihre persönliche Genesungs-Geschichte und, wie das inhalierbare Insulin Afrezza (nur auf dem US-amerikanischen Markt erhältlich) dabei ein wichtiger Teil war.
Sie war auch an Diabulimie erkrankt und hatte immer wieder auf ihr Insulin verzichtet. Irgendwann hatten sich die mentalen Barrieren so verfestigt, dass Insulinspritzen für sie keine Option mehr war. Das inhalierbare Insulin war für sie die einzige Möglichkeit, aus dem Teufelskreis des Verzichts der lebensnotwendigen Insulin-Injektionen auszubrechen.
„Conversations that Count – Communication supporting mental health“ – „Konversationen, die zählen – wie Kommunikation mentale Gesundheit unterstützen kann“
Miriam Roßmanith unterteilte diesen Vortrag in drei Sektionen: Konversationen mit dir selbst – Konversationen zwischen Menschen mit Diabetes und Anbietern im Gesundheitswesen – Peer Support, also gegenseitige Unterstützung von Betroffenen. Menschen machen sich selten Gedanken darüber, wie sie mit sich selbst reden.
Fragen wie „Würde ich mit einem Freund/einer Freundin auch so sprechen?“, „Was sind positive Sätze, die dich motivieren können, weiterzumachen, wenn es dir gerade nicht gut geht?“, „Aus welchen Personen besteht dein Sicherheitsnetz?“, „An wen kannst du dich immer wenden, egal welche Uhrzeit es ist?“ sollten das Publikum dazu motivieren, sich damit auseinanderzusetzen, welchen Ton sie mit sich selbst anschlagen.
Der Vortrag sollte auch zu einem lösungsorientierten Denken anregen und die persönlichen Ressourcen aktivieren. Im alltäglichen Diabetes-Management vergisst man gern mal, dass man selbst die handelnde Person ist und beeinflussen kann, wie man mit sich selbst spricht und wie hoch man die persönlichen Erwartungen steckt. Bei der zweiten Sektion ging es darum, welche Faktoren die Kommunikation zwischen Menschen mit Diabetes sowie Ärztinnen und Ärzten beeinflussen und wie diese (besser) gelingen kann.
Einige Strategien, die für alle Teilnehmenden hilfreich waren, finden sich im folgenden Info-Kasten. Der letzte Punkt des Vortrags war besonders wichtig für die gesamte Konferenz: die Diabetes-Gemeinschaft. Wie wichtig es ist, eine Unterstützung durch die Diabetes-Gemeinschaft, also Peer Support, zu finden, belegen zwar nur wenige Studien, aber alle Teilnehmenden hatten viele Geschichten auf Lager, in denen sie erzählen konnten, wie unbezahlbar diese Gemeinschaft ist.
Hilfreiche Strategien für die Kommunikation
- sich vorbereiten, wichtige Punkte aufschreiben und konkret sein
- jemanden als Unterstützung mit in den Termin nehmen
- am Ende des Gesprächs die wichtigsten Punkte wiederholen (lassen)
- aktiv zuhören
- authentisch sein
Austausch stand im Vordergrund
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Austausch zwischen Menschen mit Diabetes untereinander, aber auch mit dem medizinischen Fachpersonal im Vordergrund der Konferenz stand. Dies nahmen die Teilnehmenden auch so wahr. Auch über Länder- und Sprachbarrieren hinweg sprechen Menschen mit Diabetes dieselbe Sprache.
Im Aufzug des beeindruckenden Hotels konnte man den begeisterten Eindrücken der Teilnehmenden lauschen. Manch einer sagte, dass er in seiner ganzen medizinischen Ausbildung nicht so viel persönlichen und lehrreichen Kontakt mit Menschen mit Diabetes und ihren individuellen Herausforderungen hatte wie auf dieser Konferenz.
von Miriam Roßmanith
Erschienen in: Diabetes-Anker, 2025; 73 (7) Seite 40-41
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 14 Stunden, 14 Minuten
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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mayhe antwortete vor 12 Stunden, 49 Minuten
Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
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stephanie-haack postete ein Update vor 1 Tag, 11 Stunden
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 1 Tag, 10 Stunden
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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