Insulin-Serie: Bolus-Varianten für die Insulinpumpe

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Insulin-Serie: Bolus-Varianten für die Insulinpumpe

In der Insulin-Serie hat Ihnen Prof. Dr. Thomas Haak schon einiges über die Insulin-Arten und deren Verwendung erklärt. Bei einer Therapie mit Insulinpumpe wird prinzipiell ein schnell wirksames Insulin verwendet. Die Pumpe pumpt kontinuierlich kleine Mengen Insulin und stellt somit die Grundversorgung sicher. Für die Abdeckung von Kohlenhydraten oder zur Blutzuckerkorrektur gibt man einen Bolus ab. Dieser Bolus kann in verschiedenen Varianten programmiert werden.

Normaler Bolus

Der normale Bolus wird auch Standardbolus genannt und dient dazu, Kohlenhydrate in der Nahrung abzudecken, wenn der Rest der Mahlzeit nicht zu viel Eiweiß und Fett enthält. Außerdem benutzt man diesen Bolus zur Blutzuckerkorrektur. Typische Beispiele für ein Essen mit geringem Fett- und Eiweißanteil sind Nudeln, Kartoffeln, Obst, Weißbrot und Milchprodukte.

Ein Beispiel aus dem Leben

Roland K. hat vor zwei Monatenvon einer intensivierten Insulintherapie auf eine Insulinpumpentherapie gewechselt. Beruflich war er in der Zeit stark eingebunden und hat seine Diabetesberaterin gedrängt, die Einstellung möglichst schnell vorzunehmen; so sind ihm wohl einige wichtige Schulungsinhalte nicht richtig klar geworden.

Dies rächt sich bei einem Abendessen beim Italiener, zu dem ihn seine Freundin eingeladen hatte. Mit Heißhunger bestellte er sich eine Pizza und trank dazu ein großes Bier. Eine Dreiviertelstunde nach der Mahlzeit begann er plötzlich zu schwitzen und machte einen geistesabwesenden Eindruck. Den Blutzucker wollte er nicht messen, aber seine Freundin zwang ihn dazu. Er lag bei 43 mg/dl (2,4 mmol/l). Nachdem er ein großes Glas Coca-Cola getrunken hatte, ging es ihm wieder besser.

Er besprach das Problem am nächsten Tag mit seiner Diabetesberaterin. Diese erklärte, dass er die Pizza mit 10 Kohlenhydrateinheiten (KE) offenbar richtig berechnet und die korrekte Menge Insulin abgegeben hatte –jedoch besteht eine Pizza nicht nur aus Kohlenhydraten, sondern auch aus einer gehörigen Portion Fett und Eiweiß. Das Fett verzögerte die Kohlenhydrataufnahme ins Blut, während das Insulin sofort wirkte. Verstärkt wurde das Ganze noch durch das Bier, denn Alkohol hemmt die Zuckerneubildung in der Leber. Was hätte Roland K. besser machen können?

Verlängerter Bolus

Der verlängerte Bolus, auch verzögerter Bolus genannt, dient dazu, dass die Insulinmenge nicht in Form eines sofortigen Bolus, sondern verzögert über einen festzulegenden Zeitraum abgegeben wird. Diesen Zeitraum kann man bei den meisten Pumpen frei wählen, bei einigen Pumpen sogar bis zu 12 Stunden.

Einen verzögerten Bolus gibt man ab, wenn die Mahlzeit einen hohen Fett- oder Eiweißanteil enthält. Das Gleiche gilt, wenn viele Ballaststoffe vorhanden sind, die die Kohlenhydrataufnahme verzögern. Eine typische Mahlzeit für den verzögerten Bolus ist eine Pizza, ein Mehrgängemenü, Fastfood oder Torten mit hohem Fettanteil.

Dualer Bolus

Der duale Bolus wird auch Multiwave-Bolus oder Combo-Bolus genannt. Bei dieser Bolusvariante wird ein Teil der Insulinmenge sofort abgegeben, während die Restmenge über einen festzulegenden Zeitraum verzögert abgegeben wird. Bei den Pumpen kann man den schnell abzugebenden Anteil in Prozent- oder Einheiten-Schritten vorwählen. Diese Bolusvariante ist sinnvoll, wenn man schnell wirksame und langsam wirksame Kohlenhydrate zu sich nimmt. Ein typisches Beispiel hierfür sind eine Pizza in Verbindung mit einer Limonade, Früchtemüsli oder eine Pizza Hawaii, auf der viel Ananas als Belag ist.

Wie man die Bolusvarianten gestaltet, muss man natürlich ausprobieren und die Vorwahl von prozentualem Sofortbolus oder zeitlicher Verzögerung aufgrund der eigenen Erfahrung optimieren.

Nachdem Roland K. dies erfahren hatte, ärgerte er sich natürlich darüber, dass er die Bolusvarianten nicht genutzt hatte. So musste er Erfahrung mit einer heftigen Unterzuckerung, sprich Hypoglykämie, machen – die er sich sonst wahrscheinlich erspart hätte..

Ein kleiner Tipp:

Mit einer intensivierten Insulintherapie kann man natürlich keine verzögerten Boli imitieren. Es zeigt sich aber, dass es bei manchen Mahlzeiten sinnvoll ist, nicht die ganze Menge des berechneten Insulins auf einmal zu spritzen, sondern einen Teil davon sofort und einen weiteren Teil mit einer zeitlichen Verzögerung. Dies gilt immer dann, wenn die Mahlzeiten sehr fettreich sind oder wenn sich die Mahlzeit, ähnlich wie bei einem Brunch, über einen längeren Zeitraum hinzieht.


von Prof. Dr. Thomas Haak

Avatar von thomas-haak

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2017; 66 (7) Seite 26-28

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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