- Behandlung
Sport lohnt sich doppelt – mindestens
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Sich regelmäßig bewegen? Manchmal scheitert das an der eigenen Trägheit. Allerdings gibt es sehr gute Gründe, sich zu überwinden. Dr. Gerhard-W. Schmeisl erklärt aus der Sicht des Mediziners sehr überzeugend, warum sich Sport lohnt.
Sport lohnt sich bei Diabetes meistens doppelt – damit ist gemeint, dass sich durch regelmäßige körperliche Aktivität langfristig nicht nur der Blutzucker in den Normbereich senken lässt, sondern damit vor allen Dingen Schäden an den kleinen Blutgefäßen (Netzhaut, Nerven und Nieren) vermieden werden. Zudem senkt regelmäßiger Sport das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Herzinfarkt und Schlaganfall).
Zuvor Inaktive sollten langsam mit dem Training beginnen
Je früher man mit Sport beginnt und je regelmäßiger man sich bewegt, umso besser und effektiver ist es! Andererseits wissen wir, dass es eine der schwierigsten Aufgaben ist, erwachsene Menschen wieder zu mehr Sport und körperlicher Aktivität zu bewegen. Deshalb lohnt es sich, nicht nur Laufen, Radfahren und Schwimmen in Erwägung zu ziehen, sondern auch neuere Sportarten wie Soulflow (Kombination aus Ballett und Yoga, der Fokus liegt auf Tiefenentspannung und Stärkung der Muskeln).
Zu den neueren, vielleicht spannenderen Sportarten gehört auch das Piloxing, bei dem sich elegante und körperkräftigende Pilates- mit rasanten Box-Einheiten abwechseln, oder Speedball, bei dem Kampfsport-Techniken, traditionelle Medizinball-Übungen und funktioneller Trainingssport vereint werden.
Vor dem Trainingsstart: Was ist zu beachten?
- Tägliche Übungen von 20 – 30 Minuten sind besser als dreimal pro Woche 1 – 2 Stunden.
- Für ein effektives Herz-Kreislauf-Training und damit auch für eine Verbesserung des Stoffwechsels ist die Kontrolle der Herzfrequenz unerlässlich. Das schützt vor Über- oder Unterforderung und man kann den Erfolg des Trainings besser abschätzen. Durch regelmäßiges Training sollte der Belastungspuls bei gleichem Tempo (Laufen/Gehen mit Schrittzähler) allmählich deutlich sinken. Unfitte Menschen haben einen Ruhepuls von etwa 80 Schlägen pro Minute – fitte Ausdauersportler von 35 – 50 pro Minute!
- Durch ein Belastungs-EKG kann beim Hausarzt/Sportmediziner oder beim Kardiologen nach einer Formel die Trainingsherzfrequenz ermittelt werden. Bei Menschen mit Diabetes hat sich die „Karvonen-Formel“ (Arzt fragen!) zum Abschätzen einer optimalen Herzfrequenz bewährt.
Zu beachten ist, dass all diese Sportarten, aber auch das herkömmliche Training auf dem Fahrradergometer oder Crosstrainer, sich nicht für alle Menschen eignen. Wer lange nicht aktiv war, für den ist es extrem wichtig, langsam mit dem Training zu beginnen, sich evtl. vor Trainingsbeginn ärztlich untersuchen und sich von einem Sporttherapeuten oder Fitnesstrainer begleiten zu lassen.
Was passiert beim Muskeltraining?
Bei Aktivität, wenn sich also unsere Skelettmuskulatur erst zusammenzieht und dann wieder entspannt, wird je nach Belastung und Dauer das 8- bis 10-Fache des Ruhebedarfs an Energie verbraucht. So kann die bei Typ-2-Diabetikern (aber auch bei übergewichtigen Typ-1-Diabetikern) häufige Insulinresistenz durch einen verstärkten Zuckertransport aus dem Blut in den Muskel reduziert und so gleichzeitig der Glukosespiegel im Blut gesenkt werden.
Der durch die Muskelarbeit verursachte Zuckerabfall im Blut wird in der Regel kompensiert, indem mehr Zucker aus der Leber freigesetzt wird. Sowohl die Leber als auch die Muskulatur holen sich später den Zucker wieder zurück (Wiederauffüll-Effekt mit der Gefahr zu niedriger Blutzuckerwerte). Sport wirkt eben nach – das kann für Sportler mit Diabetes bedeuten, die Insulindosis bzw. auch Tabletten zu reduzieren bzw. Kohlenhydrate zu essen!
Der positive Effekt von Sport hält z. B. nach einem Ausdauertraining aber nur für einige Tage an. Deshalb sollte in der Regel dreimal in der Woche trainiert werden. Sehr bewährt hat sich ein mäßiges Ausdauertraining mit einer Herzfrequenz, die etwa 50 bis 60 Prozent der maximalen Herzfrequenz entspricht. Unterschiedliche Belastungen, z. B. beim Intervalltraining mit Intensitäten zwischen 60 und 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz, haben dabei die größten Effekte.
Klinische und statistische Auswertungen zeigen eindeutig: Menschen, die mäßig, aber regelmäßig trainieren, haben seltener und später Herz-Kreislauf-Erkrankungen, außerdem sinkt ihr Risiko für eine Alzheimer-Demenz – in einigen Studien um die Hälfte.
Weitere Effekte von regelmäßigem Herz-Kreislauf-Training sind:
- Eine Fettleber bildet sich zurück, wodurch sich die Blutzucker-Einstellung verbessert.
- Der Wert des schädlichen LDL-Cholesterins sinkt und des HDL-Cholesterin erhöht sich etwas.
- Der Blutdruck sinkt.
- Die Insulinresistenz (Insulinunempfindlichkeit) reduziert sich – dadurch wirkt das Insulin besser und die insulinproduzierenden Betazellen werden geschont. Zucker, Fett und Eiweiß werden besser verstoffwechselt und der Blutzucker sinkt.
- Wer langsam Muskeln aufbaut und Fett abbaut, wird fitter, das Herz wird entlastet und die Herzfrequenz sinkt und so auch der Sauerstoffverbrauch. Die Blutgefäße werden weitgestellt und können bei Bedarf wieder mehr Blut (und damit Sauerstoff) befördern (z. B. in Herzkranzgefäße, Beinarterien).
- Das Risiko für bestimmte Krebsarten und chronische Lebererkrankungen (z. B. nichtalkoholische Fettleber), das durch Übergewicht steigt, nimmt stetig ab.
Wer neu mit regelmäßigem körperlichem Training beginnt, sollte einiges beachten (siehe Tabelle). Für Menschen, die extrem übergewichtig sind, hat sich anstelle von Laufen oder Walken das Fahrradfahren z. B. auf einem Cross- oder einem Ellipsoid-Trainer oder mittels einer Handkurbel bewährt. Als Ergänzung zum Lauftraining eignet sich in begrenztem Umfang ein mildes Krafttraining mit z. B. 0,5- bis 1-kg-Hanteln oder mit Bändern (Thera-Band). So kann zusätzlich die Muskelmasse wachsen.
Die Fettverbrennung verlängern
Auch bei moderatem Ausdauertraining sind eher Kohlenhydrate mit einem niedrigen glykämischen Index (GI) empfehlenswert, also Lebensmittel, die eher langsam den Blutzucker steigern – dies fördert die Fettverbrennung.
Wichtig: Auch nach dem Sport ist der Stoffwechsel noch für einige Stunden aktiver als sonst – wenn man erst etwa 2 Stunden nach dem Sport wieder etwas isst, kann man so die Fettverbrennung noch längere Zeit hochhalten und Fett wird abgebaut. Eine Unterzuckerung sollte allerdings vermieden werden!
Zusammenfassung und Aussicht
Viele Menschen mit Diabetes (Typ 1 und Typ 2) arbeiten wie andere auch tagtäglich 10 oder 12 Stunden im Büro, fahren mit dem Auto zur Arbeit und wieder zurück. Wer sich nicht regelmäßig „aufrafft“, etwas Sport oder Bewegung in sein Leben einzubauen, wird immer träger. Übergewicht ist meist die Folge, mit daraus resultierenden Problemen wie Herzschwäche, Gelenkerkrankungen, Wirbelsäulenerkrankungen und einem vermehrten Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Nur eine Woche Bettruhe z. B. bei Krankheit führt dazu, dass unser Körper etwa 15 Prozent Muskelmasse abbaut. Genau das gilt es aber zu vermeiden: Regelmäßiger Sport, auch Schnellkrafttraining und auch im Alter, soll dazu führen, dass eher Muskeln aufgebaut werden. Denn nur ein Muskel verbrennt Fett – und nur so ist es auf lange Sicht möglich, Gewicht abzubauen und auch Wirbelsäulenprobleme, Gelenkprobleme oder auch Osteoporose zu reduzieren.
Ein zusätzliches leichtes Schnellkrafttraining führt gerade bei älteren Menschen dazu, dass sie im Alltag besser zurechtkommen, z. B. weniger häufig stürzen und ihren Haushalt besser bewältigen können. Deshalb ist es nie zu spät, mit Sport zu beginnen. Am besten ist, sich eine Sportart auszusuchen, die einem dauerhaft Spaß macht, denn sonst ist die Freude nur von kurzer Dauer.
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2019; 68 (1) Seite 28-30
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 2 Tagen, 19 Stunden
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 6 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 6 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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