- Bewegung
Mit guter Vorbereitung möglich: Intensiver Sport mit Typ-1-Diabetes
4 Minuten
Oft hören Menschen, wenn sie erfahren, dass sie einen Typ-1-Diabetes haben, Sport intensiv zu treiben sei nicht mehr möglich – schon gar kein Extremsport. Aber es geht, wie Beispiele unterschiedlicher Menschen zeigen. Auch wenn moderne Technologien vieles in der Therapie des Typ-1-Diabetes vereinfachen, funktionieren extreme Belastungen auch mit weniger Technik.
Neue Technologien haben in den letzten Jahren das Glukose-Management für Menschen mit Typ-1-Diabetes vereinfacht. Somit scheint dem grenzenlosen Ausüben von Sport nichts mehr im Weg zu stehen. Aber wie sieht die Praxis von Sportlerinnen und Sportlern mit Typ-1-Diabetes wirklich aus?
Sport ist möglich
- (Fast) jeder Sport ist mit Diabetes möglich.
- Nicht jeder Sport eignet sich für jeden Athleten oder jede Athletin gleich gut.
- Sport mit Typ-1-Diabetes erfordert immer eine gute Planung und ein gutes Verständnis für den eigenen Körper und den Stoffwechsel.
Wandern
Wandern ist für Menschen mit Typ-1-Diabetes optimal geeignet, da man die Belastung gut steuern, selbstständig Pausen machen und so die Glukosewerte gut im Auge behalten kann. Das reicht von einem lockeren Spaziergang bis zu mehrtägigen Wanderungen mit ordentlich Höhenmetern, sodass man nach Lust und Trainingszustand sein Abenteuer wählen kann.
Udo (68) überquerte 2020 die Alpen und wanderte 2022 durch die Dolomiten. Er verwendet Insulinpens und ein System zum kontinuierlichen Glukose-Messen (CGM). Zum Frühstück und während der Wanderung spritzte er nur die Hälfte der üblichen Insulindosis, auch das Basalinsulin konnte er um etwa 20 Prozent reduzieren, trotzdem kam es während der Wanderungen immer wieder zu leichten Unterzuckerungen.
Tennis
Spiel-Sportarten sind schwierig vorauszuplanen. Wenn nicht nur Training, sondern ein Spiel ansteht, weiß man vorher oft nicht, wie die Gegnerinnen oder Gegner spielen werden, was die Dosisanpassung enorm erschwert. Unterbrechungen durch Unterzuckerungen will man möglichst vermeiden.
Diese Erfahrung hat auch Helga (57) gemacht. Nicht nur die Gegnerinnen sind unvorhersehbar, auch die Länge des Matches ist schwer abschätzbar und die Nervosität und die Tageszeit haben ebenfalls einen Einfluss auf den Stoffwechsel. All dies muss sie bei der Anpassung der Diabetestherapie berücksichtigen.
Helga verwendet eine Insulinpumpe und ein CGM-System. Vor einem Spiel reduziert sie die Basalrate um 40 Prozent oder sie isst vorher Schwarzbrot, ohne Insulin dafür zu geben. Sie hält ihre Gewebezuckerwerte mit ihrer Smartwatch im Auge und trinkt kohlenhydrathaltige Getränke bei Bedarf. Die Bewegung tut ihr gut, auch wenn die Glukosewerte manchmal Kapriolen schlagen.
Fahrradfahren
Radfahren ist eine Sportart, die sich gut planen lässt. Man kann flüssige Kohlenhydrate in Trinkflaschen mitnehmen und portionieren, Pausen sind in der Regel möglich. Man sollte allerdings beachten, dass man am Straßenverkehr teilnimmt und bei einer Unterzuckerung die Unfall-Gefahr erhöht ist.
Alois (57) ist passionierter Radfahrer und lässt sich durch keinen Berg abschrecken. Er verwendet ein CGM-System, eine Insulinpumpe und ein nicht kommerzielles System zur automatisierten Insulin-Dosierung (AID; Kombination aus CGM, Insulinpumpe und einem Algorithmus). 2015 bewältigte er gemeinsam mit seinem Sohn die Alpenbrevet Gold Tour: vier Pässe, 173 Kilometer und 4900 Höhenmeter in einer Tour.
Der erste Pass lief ohne Probleme, beim zweiten Pass fingen die Beine an zu brennen. Beim dritten Pass, dem Gotthardpass, kamen die ersten Krämpfe hinzu. Alois biss sich trotzdem durch und nahm den Susten-Pass in Angriff, jetzt gab es Magenprobleme. Was tun, wenn einem von den Kohlenhydrat-Gelen schlecht wird? Zum Glück konnte Alois noch Traubenzucker vertragen. Er quälte sich hoch und konnte nach 9 Stunden und 38 Minuten mit seinem Sohn durchs Ziel fahren. Und die Glukosewerte? Die liefen stabil.
Triathlon
Eine große Herausforderung beim Sport mit Typ-1-Diabetes ist die Kombination unterschiedlicher Belastungen, eine noch größere Herausforderung ist Sport in unterschiedlichen Elementen. Beim Triathlon muss man nicht nur die unterschiedliche körperliche Belastung durch drei verschiedene Sportarten einkalkulieren. Erschwerend kommt hinzu, dass das Element Wasser die Diabetestherapie und -kontrolle erschwert.
Als Pumpenträgerin oder Pumpenträger muss man entscheiden, ob man die Insulinpumpe mit ins Wasser nehmen möchte, und auch die Gewebezucker-Kontrolle kann schwierig sein. Der Stoffwechsel reagiert unterschiedlich auf die Wassertemperatur, sodass dies ebenfalls mit eingeplant werden muss. Schwimmen und Fahrradfahren sind Sportarten, bei denen man bei einer Unterzuckerung ein erhöhtes Risiko für Unfälle hat, daher sollte man hier etwas höhere Glukosewerte anstreben.
Matthias (damals 43) stellte sich dieser Herausforderung und plante die Teilnahme an einem Ironman 70.3. Ironman 70.3 bedeutet 1,9 Kilometer Schwimmen, 90 Kilometer Radfahren und 21,1 Kilometer Laufen. Matthias war zu diesem Zeitpunkt noch kein ausgesprochener Ausdauersportler, er wog 128 Kilogramm und ging ab und zu ins Fitness-Studio. Er verwendete eine Insulinpumpe mit Abschaltung bei Unterzuckerung und ein CGM-System.
Anfangs hatte er ständig Unterzuckerungen beim Sport, der Wechsel vom Kraft- zum Ausdauersport war für ihn – wie für viele Athletinnen und Athleten aufgrund des unterschiedlichen Stoffwechselverhaltens – nicht einfach. Matthias setzte sich intensiver mit seinem Körper und seiner Erkrankung auseinander, lernte, die Insulindosis an die körperliche Belastung anzupassen, und konnte 25 Kilogramm Gewicht abnehmen.
International Diabetes Athletes Association (IDAA)
Auf der Website der deutschen Sektion der Internationalen Vereinigung diabetischer Sportler (IDAA) gibt es weitere Informationen zum Sport mit Typ-1-Diabetes: www.idaa.de
Schließlich kam der langersehnte Wettkampftag. Matthias hatte sich entschieden, die Insulinpumpe während des Schwimmens weiterzutragen und die Basalrate auf 75 Prozent zu reduzieren. Die Pumpe war wasserdicht im Neopren-Anzug verstaut, allerdings konnte er sie so während des Schwimmens nicht steuern und auch seinen Gewebezuckerwert nicht kontrollieren. Erfreulicherweise hatte er optimal geplant und kam mit perfekten Glukosewerten aus dem Wasser. Beim Fahrradfahren hatte Matthias eine Trinkflasche mit Glukoselösung dabei und nahm geplant alle 30 Minuten einen Schluck.
Die erste Unterzuckerung kam dann während des Laufens, aber hierauf war er vorbereitet und konnte mit Kohlenhydratgelen gegensteuern. Trotz der optimalen Vorbereitung waren die letzten Kilometer eine echte Herausforderung für ihn, aber am Ende kam er glücklich und völlig überwältigt von seinem Erfolg nach 70,3 Kilometern im Ziel an. Mittlerweile hat Matthias seinen achten Ironman-Wettkampf absolviert.
Schwerpunkt: „Sport mit Typ-1-Diabetes – eine 180-Grad-Wende zum Positiven“
- Worauf beim Start zu achten ist: Richtig durchstarten beim Sport mit Typ-1-Diabetes
- Sicher Sport treiben mit Typ-1-Diabetes: Das „Insulin on Board“ muss stimmen
- Mit guter Vorbereitung möglich: Intensiver Sport mit Typ-1-Diabetes
Erschienen in: Diabetes-Anker, 2025; 73 (5) Seite 16-17
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Ähnliche Beiträge
- Behandlung
Vorteile und Probleme: Wochen-Insulin bei älteren Menschen
3 Minuten
- Aktuelles
Diabetes-Anker-Podcast: Was leisten Apotheken für Menschen mit Diabetes, Herr Manfred Krüger?
Keine Kommentare
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Über uns
Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.
Community-Frage
Mit wem redest du
über deinen Diabetes?
Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.
Werde Teil unserer Community
Community-Feed
-
sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 3 Tagen, 7 Stunden
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
-
mayhe antwortete vor 3 Tagen, 5 Stunden
Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
-
sveastine antwortete vor 2 Tagen, 11 Stunden
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
-
mayhe antwortete vor 2 Tagen, 6 Stunden
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike
-
-
stephanie-haack postete ein Update vor 4 Tagen, 4 Stunden
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
-
lena-schmidt antwortete vor 4 Tagen, 3 Stunden
Ich bin dabei 🙂
-
-
insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 2 Wochen, 5 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 1 Woche, 6 Tagen
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
-
