Alle impfen – oder nur die mit hohem HbA1c?

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Alle impfen – oder nur die mit hohem HbA1c?

Für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren mit bestimmten Vorerkrankungen wird nun auch die Impfung gegen COVID-19 empfohlen. Auch Diabetes zählt zu diesen Vorererkrankungen. Die Ständige Impfkommission spricht die Empfehlung allerdings nur für Kinder und Jugendliche mit “schlecht eingestelltem” Diabetes aus – der Kinderdiabetologe Professor Thomas Danne (Hannover) sieht das anders.

Ende Mai wurde der von BioNTech/Pfizer entwickelte mRNA-Impfstoff Comirnaty von der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) auch für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren als erster COVID-19-Impfstoff in dieser Altersklasse zugelassen. Die Ständige Impfkommission (Gremium, das die Impfempfehlungen in Deutschland ausspricht) hat die bisher vorliegenden Daten zu Studien an Kindern und Jugendlichen ab 12 Jahren ausgewertet.

Auf dieser Basis empfiehlt die STIKO die COVID-19-Impfung mit einem mRNA-Impfstoff Comirnaty (BioNTech/Pfizer) derzeit nicht für alle Kinder und Jugendlichen im Alter von 12 – 17 Jahren, sondern nur für Kinder und Jugendliche:

  • mit bestimmten Vorerkrankungen
  • im Umfeld von gefährdeten Personen, die sich nicht selbst schützen können
  • mit arbeitsbedingt erhöhtem Expositionsrisiko.

Zu den Vorerkrankungen zählt auch Diabetes mellitus – mit dem Zusatz „nicht gut eingestellt“, das bedeutet: Es liegt ein HbA1c-Wert von über 9 % vor. Diese Informationen stammen von einem Infoblatt des Robert Koch-Instituts, das Sie hier einsehen können.

Impfung erst ab einem HbA1c-Wert von über 9 %?

Prof. Thomas Danne (Hannover), Kinderdiabetologe und Chefredakteur des Diabetes-Eltern-Journals, ist der Meinung, dass alle Kinder mit Diabetes gegen COVID-19 geimpft werden sollten – nicht nur diejenigen mit einem HbA1c von über 9 %. Lesen Sie hier seine Einschätzung zur Impfempfehlung:

“Die allgemeine Corona-Lage entspannt sich deutschlandweit. Als wichtigster Faktor für die aktuelle Entwicklung wird die zunehmende Impfquote angesehen. Kinder können nun mit der Vakzine von Biontech/Pfizer geimpft werden, die in der EU ab zwölf Jahren zugelassen wurde. Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) hat die Corona-Impfung nicht für alle Kinder und Jugendlichen empfohlen, sondern nur für solche mit Vorerkrankungen. Der Grund: Bei gesunden Kindern ist es nicht sicher, dass der Nutzen der Impfung deren Risiken überwiegt.

Hinsichtlich der Kinder und Jugendlichen mit Diabetes ab 12 Jahren ist die Situation aus unserer Sicht klar: Da jetzt ja auch eine Impfung für Kinder ab dem 12. Jahr möglich ist, möchten wir diese Impfung ab 12 Jahre für alle Kinder mit Diabetes uneingeschränkt empfehlen. Genauso wie bei einer Grippe, kann eine Corona-Erkrankung bei Kindern mit Diabetes zu krankheitsbedingten Stoffwechselschwankungen führen, die man mit einer Corona-Impfung vermeiden sollte. Deshalb empfehlen wir ja auch für alle Kinder mit Diabetes eine Grippe-Impfung. Insofern spricht eine Nutzen-Risiko-Abwägung bezüglich der Impfung bei Diabetes klar für die Impfung unabhängig von der Stoffwechseleinstellung. Für die nicht an Diabetes erkrankten Geschwister ist daraus keine generelle Impfindikation abzuleiten, da die Kinder mit Diabetes selbst durch die Impfung geschützt werden und eine Erkrankung der Geschwister die Kinder mit Diabetes nicht zusätzlich gefährdet.

Für Kinder unter 12 Jahren ist bislang kein Impfstoff zugelassen, hier heißt es also mit und ohne Diabetes weiter abwarten.

Ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf (Behandlung auf der Intensivstation) mit COVID und Diabetes ergibt sich nach amerikanischen Daten (die eine Ketoazidose anders als bei uns immer auf der Intensivstation behandeln) aus dem erhöhten Risiko für eine diabetische Ketoazidose. Das Risiko für eine Ketoazidose ist allgemein bei einem HbA1c über 9% noch mal höher.

In Analogie zur Situation mit der Grippe-Impfung, die ja auch unabhängig von der Stoffwechseleinstellung für Kinder mit Diabetes generell empfohlen wird, um krankheitsbedingte Risiken durch die Erkrankung (Stoffwechselschwankungen, Erhöhung des Ketoazidose-Risikos) zu vermeiden, sehen wir daher wie bei der Grippe-Impfung auch bei der COVID-Impfung mehr Nutzen als Risiko bei Kindern mit Diabetes unabhängig von der Stoffwechseleinstellung.”

Mehr zu COVID-Varianten und Impfung von Kindern

In diesem Artikel von Prof. Danne, erschienen Ende März 2021, geht es ebenfalls um das Thema COVID-19 und die Impfung von Kindern, außerdem um die COVID-19-Varianten.


von Nicole Finkenauer

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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