- Eltern und Kind
Diabetes-Daten besser nutzen
4 Minuten
In Schweden gibt es ein Nationales Diabetes-Register, in dem die Daten von Menschen mit Diabetes gesammelt werden. Viele fordern ein solches Register auch für Deutschland – Professor Danne erklärt, welche Vorteile es hätte.
Im zum Weltdiabetestag erschienenen Deutschen Gesundheitsbericht Diabetes 2016 stehen die aktuellen Daten der Kinderdiabetologie zur Pumpentherapie aus dem DPV-Register von Prof. Holl und Mitarbeitern (Institut für Epidemiologie und medizinische Biometrie,Universität Ulm): Immer mehr Kinder und Jugendliche werden mit einer Insulinpumpe behandelt – 2014 waren es 49 Prozent.
Während zunächst vor allem Jugendliche mit einer Pumpe behandelt wurden, hat sie sich in den letzten drei Jahren ganz vorrangig bei sehr jungen Patienten durchgesetzt: 84 Prozent aller Kinder mit Diabetes, die 2014 jünger als 5 Jahre waren, verwendeten eine Insulinpumpe, bei den älteren Jugendlichen (15 – 18 Jahre) waren es nur 38 Prozent.
Das wird in Zukunft sicher zunehmen: Menschen mit Typ-1-Diabetes, die eine Pumpe tragen, haben ein deutlich geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Folgeerkrankungen mit Todesfolge als jene, die sich mehrmals täglich einzelne Insulingaben spritzen. Dies ergab eine Beobachtungsstudie des Schwedischen Nationalen Diabetes-Registers anhand der Daten von über 180 000 Menschen mit Typ-1-Diabetes, die kürzlich in der Fachzeitschrift British Medical Journal veröffentlicht wurde.
Die schwedische Studie
Man kann davon ausgehen, dass die positiven aktuellen Daten zur Langzeitprognose auch in Deutschland die Akzeptanz der Pumpentherapie weiter fördern werden, daher lohnt sich ein genauerer Blick auf die schwedische Studie: Das Schwedische Nationale Diabetes-Register wurde 1996 eingeführt. Aktuell ausgewertet wurden die Daten von 18 168 Menschen mit Diabetes Typ 1 zwischen 2005 bis 2012; dies sind 95 Prozent der Menschen mit Typ-1-Diabetes in Schweden. Im Schnitt betrug die Beobachtungsdauer 6,8 Jahre.
Verglichen wurden 2 441 Menschen, die eine Insulinpumpe tragen, und 15 727, die sich mit intensiver Insulintherapie mehrmals täglich Insulin spritzen. Das etwas verblüffende Ergebnis der Auswertung: Patienten mit Typ-1-Diabetes, die eine Pumpe nutzen, haben ein um 27 Prozent geringeres Sterberisiko als diejenigen, die sich mehrmals täglich Insulin per Pen zuführen.
Und das Risiko, an einer kardiovaskulären Ursache zu sterben, ist bei Pumpenträgern sogar um 43 Prozent niedriger. Herz-Kreislauf-Komplikationen sind eine sehr häufige Folge von Diabetes. Mehr als drei Viertel aller Menschen mit Diabetes sterben an akuten Gefäßverschlüssen (v. a. Herzinfarkt). Durch den Diabetes bedingte Blutzuckerschwankungen schädigen auf Dauer Herz und Blutgefäße.
Warum leben Pumpenträger länger?
Zweifelsohne muss man bei der Bewertung der Studiendaten bedenken, dass es sich bei den mit einer Pumpe behandelten Menschen um eine besondere Patientengruppe handelt. Mit statistischen Verfahren versuchten die schwedischen Wissenschaftler, möglicherweise verfälschende Einflussfaktoren möglichst gut zu korrigieren. Denn im Schnitt waren die Pumpenträger etwas jünger (38 versus 41 Jahre, Manifestationsalter 16 vs. 13 Jahre), hatten weniger zusätzliche Erkrankungen und eine bessere Ausbildung.
Auch nutzen in Schweden mehr Frauen als Männer eine Insulinpumpe (2013: Frauen: ca. 25 Prozent, Männer: 17,6 Prozent). Muss man also davon ausgehen, dass die bessere Prognose dadurch erklärt werden kann, dass die Korrektur der möglicherweise verfälschenden Einflussfaktoren doch nicht so erfolgreich war? Oder erreichten die Pumpenträger schlicht eine bessere Blutzuckerkontrolle?
In der Diskussion der Ergebnisse betonen die Forscher, dass die HbA1c-Werte nicht den Unterschied erklären konnten. Andererseits gibt es durchaus andere stoffwechselbedingte Einflüsse, die nicht durch das HbA1c erfasst werden und die direkt mit den Ergebnissen zusammenhängen können: Die Pumpentherapie geht häufig mit geringeren Stoffwechselschwankungen einher; auch Häufigkeit und Dauer von Unterzuckerungen sind in den meisten Studien geringer unter Pumpen- als unter Spritzentherapie.
Es kann aber auch sein, dass nicht die Pumpentherapie selbst, sondern das ganze dazugehörige Schulungs- und Betreuungsprogramm für die bessere Lebenserwartung verantwortlich ist: Pumpenpatienten werden in Schweden eigens geschult, wenn sie mit der Infusionstherapie beginnen. Auch ist ihre Anbindung an einen spezialisierten Arzt/an spezialisierte Klinikzentren enger. Insofern ist es denkbar, dass Pumpenträger in Schweden insgesamt eine bessere Versorgung erhalten.
Die Situation in Deutschland
Leider haben wir in Deutschland kein Nationales Diabetes-Register, und auch die Daten der Disease-Management-Programme (DMPs) sind bislang dahingehend noch nicht ausgewertet worden. Man sieht an den schwedischen Daten, wie wichtig Versorgungsforschung ist und dass sich daraus bedeutende Entscheidungen in der Gesundheitspolitik ableiten lassen.
Man kann z. B. spekulieren, dass das Begutachtungsverfahren zur Genehmigung einer Insulinpumpentherapie in Deutschland deutlich einfacher wäre, wenn vergleichbare Daten auch bei uns verfügbar wären. Das gilt auch für andere Therapiealternativen: So hat die Einführung schnell- und langwirkender Insulinanaloga in den letzten Jahren die Insulintherapie verändert, auch wenn dies in Deutschland zeitweise kontrovers diskutiert wurde. Dem Deutschen Gesundheitsbericht Diabetes 2016 ist zu entnehmen, dass 2014 78 Prozent der Kinder mit Diabetes mindestens einmal täglich ein schnellwirkendes Analoginsulin verwendeten – 2008 waren es nur knapp 50 Prozent.
Junge Kinder ohne Insulinpumpe setzen Insulinanaloga bisher seltener ein als Jugendliche, wobei hier in der Vergangenheit einerseits Zulassungsregelungen eine Rolle spielten, zum anderen aber unterschiedliche Anforderungen an die Flexibilität. Ob mit oder ohne Diabetes – junge Kinder nehmen verglichen mit Jugendlichen und Erwachsenen nun einmal häufiger Zwischenmahlzeiten zu sich und dafür sind die kurzwirksamen Insulinanaloga besonders geeignet.
Brauchen wir ein deutsches Diabetes-Register?
In der Kinderdiabetologie kommt das 1995 begonnene DPV-Register dem schwedischen Register schon sehr nahe, weil hiermit anonymisiert der größte Teil der Kinder und Jugendlichen mit Diabetes erfasst wird. Leider gehen aber ein Großteil der Daten beim Übergang in die Erwachsenenmedizin verloren.
Ende April trafen sich im Rahmen einer Diabetes-Registerkonferenz erstmals Initiatoren von fünfzehn regionalen und überregionalen Diabetes-Registern und Diabetes-Datenbanken mit Vertretern des Bundesgesundheitsministeriums, des Robert Koch-Instituts und der Kostenträger, um auszuloten, wie aus all den Daten ein zentrales Register realisiert werden könnte. Eine Kommission Versorgungsforschung der Deutschen Diabetes Gesellschaft wurde ins Leben gerufen. Im November fand im Robert Koch-Institut die zweite Diabetes-Register-Konferenz statt.
Es bleibt zu hoffen, dass wir in Zukunft auch in Deutschland eine geeignete Datengrundlage haben werden, die zuverlässige und über die Zeit vergleichbare Informationen zu Krankheitshäufigkeit, Krankheitsschwere, zu möglichen Präventionsmaßnahmen und dem Versorgungsbedarf möglich machen.
von Prof. Dr. med. Thomas Danne
Kinderdiabetologe, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin “Auf der Bult”, Hannover, E-Mail: danne@hka.de
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2015; 8 (4) Seite 6-7
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 6 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 3 Wochen, 1 Tag
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 5 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 2 Wochen, 1 Tag
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 3 Wochen, 2 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 2 Wochen, 4 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 6 Tagen
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig