Eltern-Kolumne „Brief an Nadine“: Diabetes-Burnout – Null Bock in der Schule

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Eltern-Kolumne „Brief an Nadine“: Diabetes-Burnout – Null Bock in der Schule

Seitdem Leonie auf die weiterführende Schule gewechselt ist, nimmt sie ihr Diabetes-Management leider nicht mehr richtig ernst. Ihre Mutter Kathy hat jedoch dank moderner Technik eine Lösung gegen dieses Diabetes-Burnout gefunden, wie sie im Brief an Nadine verrät.

Liebe Nadine,

Du weißt ja: Das Leben mit Diabetes ist gerade in der Pubertät nicht immer einfach. Leonie nähert sich in großen Schritten dieser Entwicklungsphase, und dabei zeigt sich leider auch die eine oder andere Diabetes-Überdrüssigkeit.

Leonie ist im September auf die weiterführende Schule gewechselt. Fast zeitgleich setzte bei ihr die „Null Bock auf Diabetes“-Phase in der Schule ein. Besonders in der Schulpause macht sich das bemerkbar. So „vergisst“ sie an vier von fünf Schultagen den Bolus für ihr Pausenbrot. Kauft sich eine Schokolade und „vergisst“ auch hierfür das notwendige Insulin. Die hohen Blutzuckerwerte werden nur sehr selten korrigiert. Die CGM-Alarmtöne werden ignoriert oder manipuliert. Ja, manipuliert. So, dass der Sensor keinen Alarm mehr von sich gibt.

Du kannst dir sicher vorstellen, dass mich dieses „Bolus-Vergessen“ nicht kalt lässt. Wie oft habe ich schon mit ihr darüber gesprochen. Wie oft habe ich versucht, es zu verstehen. Dieses neue negative Verhalten muss doch einen Anlass haben. Schließlich hat sie seit der ersten Klasse ihre Schulpausen immer alleine und richtig gut gemanagt. Und plötzlich ist das nicht mehr möglich?

Wie vielleicht auch Dir kam mir gleich der mögliche Zusammenhang zwischen „neue Schule“ und „Bolus-Vergessen“ in den Sinn. Traut sie sich nicht vor den neuen Mitschülern? Möchte sie den Diabetes verstecken oder gab es schon mal einen doofen Kommentar? Auf alle Fragen hat sie mit Nein geantwortet. Ihre Antwort war immer nur, dass sie es einfach vergisst. Und wenn das CGM piepst, hätte sie oft keine Zeit, die Korrektur zu geben, so dass sie gerne mal mit einem sehr hohen Wert nach Hause kommt.

Kolumne „Brief an Nadine“

Die 14-jährige Leonie hat seit einigen Jahren Typ-1-Diabetes. Familie Dalinger hat also im Alltag schon reichlich Erfahrung mit der Erkrankung sammeln können. Ihr Wissen gibt Mutter Kathy Dalinger gerne weiter an ihre Freundin Nadine, deren Tochter erst vor kurzem die Diagnose erhalten hat.

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Mit dieser Antwort bin ich natürlich nicht zufrieden. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass man seinen Bolus einfach vergisst. Ich wollte sie daher so gut ich kann unterstützen. Wollte ihr helfen, sich an den Bolus fürs Essen wieder zu erinnern. Doch das war nicht so einfach.

Als erste Maßnahme habe ich ihr „BOLUS NICHT VERGESSEN!“ auf die Brotbox geschrieben. Habe mit ihr ein Belohnungssystem erarbeitet. Das ging eine Woche gut. Doch die Woche darauf setzte wieder das „Bolus-Vergessen“ ein. Du kannst Dir sicher vorstellen, dass dieses Thema ein Streitpunkt ist, der sehr viel Raum einnimmt. Zu viel Raum. Einfach die schlechten Werte in der Schule ignorieren? Ja, das habe ich auch ausprobiert – aber nicht lange durchgehalten. Wenn Dein Kind vier Tage mit „High“ nach Hause kommt, platzt dir doch der Kragen!

Jetzt endlich zeigt sich eine positive Entwicklung: Durch Zufall habe ich an der Insulinpumpe eine Erinnerungsfunktion entdeckt. Wenn bis spätestens nach der Pause kein Bolus abgegeben wurde, gibt die Pumpe einen Alarmton von sich, der nur aufhört, wenn wirklich Insulin abgegeben wurde. Einfach so wegdrücken und abstellen ist nicht. Seitdem klappt es wieder etwas besser, und Leonie hat immer mehr Tage, an denen sie mit „normalen“ Werten am Schulalltag teilnimmt. Ein Hoch also auf die Technik, die uns wenigstens einige unserer Sorgen nimmt.

Viele Grüße und bis bald
Kathy und Leonie


von Kathy Dalinger

Avatar von kathy-dalinger

Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2018; 10 (3) Seite 30

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  • tako111 postete ein Update vor 11 Stunden, 7 Minuten

    Fussschmerzen lassen leider keine Aktivitäten zu!

  • Hallo guten Abend ☺️

    Ich heiße Nina, bin 33j jung und Mama von drei zauberhaften Mädels.
    Und vor kurzem bekam ich die Diagnose Diabetes Typ 3c. Nach 5 Jahren – 11 Bauchspeicheldrüsen Entzündungen und schwangerschaftsdiabetes 2024, hat meine Drüse nun fast aufgegeben.. Ich bin irgendwie froh diese Schmerzen nicht mehr zu haben, aber merke wie schwer der Alltag wird. denn hinzukommt noch dass ich alleinerziehend bin.
    Aktuell komme ich überhaupt nicht klar mit der ganzen Situation, täglich habe ich hunderte Fragen die niemand beantworten kann. Dass ist mehr als verrückt.
    Wie habt ihr euch gefühlt in dem Moment als es diagnostiziert wurde?

    Ich freue mich sehr auf einen netten Austausch und eure Erfahrung.

    Liebe Grüße, schönen Abend
    Nina 🙂

  • swalt postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Dia-Newbies vor 1 Tag, 18 Stunden

    Hallo zusammen. Ich möchte mich erst einmal vorstellen. Ich bin “noch” 59 Jahre, und habe wahrscheinlich seit 2019 Diabetes. Ich würde mir wünschen, endlich angekommen zu sein. Wahrscheinlich seit 2019, weil ich in einem Arztbrief an meinen damaligen Hausarzt zufällig auf den Satz: “Diabetes bereits diagnostiziert” gestoßen bin. Ich habe meinen Hausarzt dann darauf angesprochen und wurde mit “ist nicht schlimm” beschwichtigt.
    Lange Rede. Ich habe einen neuen Hausarzt und einen sehr netten Diabetologen, bei dem ich jetzt seit 4 Jahren in Behandlung bin. Ich vertrage die orale Therapie nicht und spritze ICT. Dennoch bin ich in diesem Thema immer noch absoluter Neuling. Natürlich habe ich viermal im Jahr ein Gespräch mit meinem Diabetologen. Das hilft aber im täglichen Umgang nicht wirklich. Auch die anfangs verordnete Schulung war doch sehr oberflächlich und das war es. Ich kenne nicht die Möglichkeiten, die mir zustehen. Ich habe mir alles, was ich zu wissen glaube aus Büchern angelesen. Irgendwie fühle ich mich allein gelassen, irgendwie durchgerutscht. Ich kenne niemanden in meinem Bekanntenkreis, der Diabetes hat und die nächste Selbsthilfegruppe ist über 50 km entfernt.
    Und so bin ich jetzt hier gelandet. Ich möchte wissen, wie ihr das handhabt, damit ich verstehe, was ich richtig mache und was falsch. Damit ich weiß, dass ich nicht allein damit lebe.

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