Eltern von Kindern mit Diabetes: Was Müttern und Vätern gut tut

4 Minuten

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Eltern von Kindern mit Diabetes: Was Müttern und Vätern gut tut

Mit Diabetes kann man gut leben – ja, das stimmt, aber anstrengend ist es manchmal trotzdem, und Eltern leisten sehr viel, damit es ihrem Kind gutgeht. Wichtig ist, dass sie dennoch lernen, gelassen zu bleiben – auch wenn es schwerfällt. Denn: Der HbA1c-Wert ist keine Schulnote!

Für die meisten Familien war der Diabetes eines Kindes wie ein ungebetener Gast, der sich von einem Tag auf den anderen in ihrem Leben breitgemacht hat. Er ließ sich nicht wieder ausladen, und er fordert ständig Aufmerksamkeit und Kraft, vor allem von Eltern jüngerer Kinder. Die täglichen Leistungen der Eltern werden oft unterschätzt – “das Kind erscheint doch gesund und fröhlich – das bisschen Zucker”! Ähnlich reagieren auch Pflegeversicherungen.

Wer sich jedoch nur etwas mit Typ-1-Diabetes auskennt, weiß genau, was Eltern jeden Tag leisten. Mit der guten Behandlung ihres Kindes sorgen sie dafür, dass es sich körperlich und geistig normal entwickeln kann. Sie begleiten das Kind auf dem Weg in die Selbstständigkeit und stehen immer wieder vor der Frage, ob sie die richtige Balance zwischen altersgemäßer Selbstständigkeit und notwendiger Kontrolle finden. Schlaflose Nächte, Sorge, ob im Kindergarten oder in der Schule alles klappt, Jugendliche, die sich nichts mehr sagen lassen wollen – auch das sind Herausforderungen des Diabetes. Was kann Eltern hier helfen?

Zufriedenheit zulassen

Seit die Systeme zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) zur Verfügung stehen, werden Berge und Täler des Glukoseverlaufs sichtbar, von denen man früher nur etwas ahnte. Dieses Auf und Ab gehört bei Diabetes dazu – und in gewissem Rahmen auch bei Stoffwechselgesunden – besonders dann, wenn Kinder sehr viele Süßigkeiten und Fruchtsäfte verzehren. Schauen Sie gelassen auf diese Werte, sie sind keine “Schulnote” für Ihre Diabetestherapie. Versuchen Sie nicht, auf jeden zu hohen Wert zu reagieren, sondern warten Sie ab und lernen Sie aus den Verläufen.

Sie werden erfahren, dass Sie mit Ruhe sehr viel weiterkommen und Ihr Kind weniger durch seinen Diabetes gestört wird. Erlauben Sie sich, mit Ihrer Leistung zufrieden zu sein, auch wenn längst nicht alle Werte perfekt sind. Schauen Sie dazu auch auf die allgemeine Entwicklung Ihres Kindes – das Wachstum, die Geschicklichkeit, den Wortschatz, die Kontakte mit anderen Kindern, die Lebensfreude – hier können Sie berechtigt stolz sein.

Vertrauen schenken

Eine Kollegin und Mutter mehrerer Kinder berichtet, dass sie sich vom Tag der Geburt der Kinder damit “abfinden muss”, dass sie sich jeden Tag etwas entfernen und selbstständiger werden. Das erleben einige Eltern mit Freude, aber auch der Sorge, ob das Kind den neuen Aufgaben schon gewachsen ist.

Überlegen Sie mit Ihrem Diabetesteam, was Ihr Kind schon kann und geben Sie ihm einen Vertrauensvorschuss, z. B. wenn es allein in die Schule gehen, am Klassenausflug teilnehmen oder mit Freunden unterwegs sein will. Treffen Sie klare Absprachen, was wegen des Diabetes beachtet werden soll und kontrollieren Sie nicht heimlich. Sie werden nur sehr selten enttäuscht, und Ihr Kind entwickelt ein stabiles Selbstvertrauen.

Anderen vertrauen

Eltern brauchen Zeit für sich als Paar, Zeit für körperliche und seelische Entspannung. Dazu sollten Sie – ohne schlechtes Gewissen – andere Personen in die Versorgung des Kindes mit Diabetes einbeziehen. Großeltern, Paten und gute Freunde können lernen, den Diabetes gut zu behandeln. Sie müssen nicht jedes Detail kennen, es reichen einfache Absprachen und Grundregeln aus, wie sie z. B. in den aktuellen Informationen der AGPD e. V. (Arbeitsgemeinschaft für pädiatrische Diabetologie) für Erzieher in Kindergärten oder Lehrer beschrieben werden.

Positive Erfahrungen – dass Diabetes gar nicht so kompliziert ist, wie anfangs erwartet – motivieren alle Beteiligten. Das Kind lernt, dass es auch außerhalb der direkten elterlichen Kontrolle sicher und gut aufgehoben ist. Auch wenn die Kontrolle des Kindes und seiner Glukosewerte über das Smartphone möglich ist – versuchen Sie, es zu lassen und wirklich nicht an den Diabetes zu denken. Das braucht manchmal etwas Zeit – aber dann ist Entspannung möglich.

Auch eigene (berufliche) Interessen verfolgen

Wenn sich alles nur noch um den Diabetes, die Berge und Täler der Glukosewerte dreht, wird das Thema übermächtig und bestimmt das Leben der Familie mehr und mehr. Einige Mütter berichten, dass ihnen ihre Berufstätigkeit sehr hilft, den Diabetes mit Abstand zu sehen.

Ebenso können ehrenamtliches Engagement außerhalb des Diabetes, Freunde oder sportliche Interessen helfen, dem Diabetes nicht zu viel Raum zu geben. Gerade Mütter sollten sich nicht davon abhalten lassen, die eigene berufliche Entwicklung in dem Tempo voranzutreiben, das ihnen und der Familie gut tut. Die ausgeglichene Atmosphäre hilft allen Familienmitgliedern.

Unnötigen Druck reduzieren

Manche Eltern fiebern dem nächsten Ambulanzbesuch und der HbA1c-Bestimmung wie einer Prüfung entgegen. Ist der Wert gesunken, steigt die Stimmung, ist er dagegen angestiegen, macht sich Enttäuschung breit. Versuchen Sie, die Ambulanzvorstellung als das zu sehen, was sie ist: die Chance, mit erfahrenen Fachleuten über die Fragen zu sprechen, auf die Sie selbst noch keine Antworten gefunden haben.

Das HbA1c ist wirklich keine Schulnote, es unterliegt Schwankungen, die nicht immer zu steuern sind, und es ist nicht so genau, wie man oft glaubt. Der Anstieg von 6,9 % auf 7,0 % kann zufällig entstanden sein und ist sicher kein Grund zur Sorge. Bereiten Sie sich auf den Ambulanztermin vor, indem Sie sich Ihre Fragen notieren und offen für Anregungen sind. Es ist auch normal, wenn längst nicht alles so klappt, wie Sie es sich vorstellen. Erfahrene Diabetologen/innen wissen das. Sie haben eher Hochachtung vor dem, was Sie als Eltern leisten.

Fazit

Gelassenheits-Tipps für Eltern:- Gelassen auf die Werte schauen – gerade bei CGM/FGM, wo alle Aufs und Abs sichtbar werden.- Dem Kind vertrauen, auch selbst Dinge meistern zu können. Dazu klare Absprachen treffen. – Andere Personen in die Versorgung einbeziehen. Auch hier gilt: Vertrauen haben, klare Absprachen treffen. – Auch eigene Interessen außerhalb des Diabetes verfolgen – Den HbA1c-Wert nicht als Schulnote sehen: Schwankungen sind nicht immer zu steuern. Besser den Ambulanzbesuch für Fragen nutzen.


von Prof. Dr. Karin Lange

Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2017; 10 (4) Seite 10-12

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • darktear antwortete vor 2 Wochen

      Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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