Mit Diabetes in den Grand Canyon

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© Eli Lilly and Company
Mit Diabetes in den Grand Canyon

Diabetes ist eine Herausforderung, muss aber kein Hindernis sein – das beweisen Menschen wie Roger Beutler. Der 47-jährige Schweizer lebt und arbeitet in Phoenix/Arizona (USA). In seiner Freizeit zieht es den Betriebsökonomen regelmäßig in den Grand Canyon, wo er bei seinen Läufen schon mal 80 Kilometer und 3000 Höhenmeter an einem Tag überwindet.

Das Leben schreibt manchmal überraschende Geschichten. Dazu zählt sicher die Diagnose von Roger Beutler, bei dem im Jahr 2021 ein Typ-2-Diabetes festgestellt wurde. Der gebürtige Schweizer treibt seit Jahren regelmäßig Ausdauersport und ist eher ein Leichtgewicht. Zudem achtet er schon lange auf eine gesunde Ernährung.

Dass er mit 46 Jahren trotzdem die Diagnose Typ-2-Diabetes erhielt, habe sogar den behandelnden Arzt verwundert. Der hielt einen Typ-1-Diabetes zunächst für wahrscheinlicher. Der Test auf Diabetes-spezifische Antikörper fiel jedoch negativ aus und die Behandlung mit Tabletten schlug an. “Der Diabetologe stand selbst vor einem Rätsel”, erinnert sich der 47-Jährige. “Mein Lebenswandel passte eigentlich nicht zu einem Typ-2-Diabetes, aber ich wusste zumindest, dass ich erblich vorbelastet bin, da es bei meiner Mutter so ähnlich war.”

Weiterhin vom South Rim zum North Rim

Seine Leidenschaft, den Laufsport, hat Beutler trotz Diabetes nicht aufgegeben. Im Gegenteil: Die regelmäßige Bewegung hilft ihm dabei, die Blutzuckerwerte im Zielbereich zu halten. Wenn er nach einem großen Rennen mal ein paar Tage Trainingspause einlegt, steigen die Glukosewerte tendenziell an, hat Beutler beobachtet. “Vielleicht wäre ich schon ein paar Jahre früher erkrankt, wenn ich nicht so viel Sport getrieben hätte”, sagt er.

Gleichwohl musste der 47-Jährige lernen, sein Ernährungsverhalten an die neue Situation anzupassen. “Vorher habe ich bei einem Lauf nur flüssige Nahrung zu mir genommen”, berichtet er. Bei einem Marathon oder einer noch längeren Strecke seien Energie-Gels und Kohlenhydrat-haltige Getränke normalerweise üblich. Wenn er Sport treibt, sind bei ihm hingegen langsame Kohlenhydrate meist die bessere Wahl, hat Beutler festgestellt. Zwischendurch helfen ein paar Fruchtgummis, falls eine Unterzuckerung oder ein Leistungsloch droht.

Leistungssport mit Typ-2-Diabetes kann indes durchaus herausfordernd sein. Während Menschen mit Typ-1-Diabetes ihre Insulindosis anpassen können, fehlt diese Möglichkeit bei einer Behandlung mit Tabletten. Bei starker Anstrengung können die Blutzuckerwerte durch Sport sogar ansteigen, weil der Körper Energiereserven mobilisiert. “In solchen Fällen kann ich dann nur langsamer laufen, um den Anstieg zu bremsen”, berichtet Beutler schmunzelnd. Bei Werten über 250 mg/dl (13,9 mmol/l) erwägt der 47-Jährige einen Abbruch des Rennens.

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Diese Option besteht freilich nicht, wenn Beutler wieder einmal vom South Rim zum North Rim des Grand Canyon läuft. Die etwa 50 Meilen lange Strecke (circa 80 km) mit 3000 Höhenmetern führt durch die weltberühmte Schlucht, in der im Sommer tagsüber mehr als 40 Grad erreicht werden. “Das kann natürlich beim Laufen problematisch werden, ist aber auch eine schöne Herausforderung”, meint der Sportler. “Ich habe für den Notfall natürlich immer einen Pieper mit GPS-Signal dabei.” Bei stark steigenden Zuckerwerten legt Beutler eine Pause ein.

Um die Glukosewerte beim Sport im Blick zu behalten, nutzt Roger Beutler den Sensor FreeStyle Libre. Das System zum kontinuierlichen Glukose-Monitoring (CGM-System) muss er allerdings selbst finanzieren, da es bei Typ-2-Diabetes ohne Insulinbehandlung üblicherweise nicht zum Leistungskatalog der Krankenkassen gehört.

Von seiner Versicherung erhält der Schweizer hingegen immer wieder einmal Informationen über Ernährungs- oder Bewegungsprogramme, die dazu dienen, das Körpergewicht zu reduzieren. “Mit Typ-2-Diabetes erlebt man immer wieder solche Stigmatisierungen”, hat Beutler beobachtet. Mitunter heiße es bei Sportangeboten sogar pauschal “Für Diabetiker nicht geeignet”. Davon lässt er sich freilich nicht beeindrucken. “Ich fühle mich durch den Diabetes nicht eingeschränkt. Wenn ich Lust darauf habe, gehe ich auch zum Canyoning”, stellt der 47-Jährige klar – denn die Erkrankung ist für ihn zwar mitunter eine Herausforderung, aber niemals ein Hindernis.


von Thorsten Ferdinand

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2023; 72 (8) Seite 42-44

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