Unsichtbar sichtbar?

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Unsichtbar sichtbar?

Im Allgemeinen wird über Diabetes oft als unsichtbare Krankheit gesprochen. Diabetes auf den ersten Blick? Eher nicht, oder?

Für mich: sofort sichtbar

Wenn ich mir meinen Alltag so anschaue, ist der Diabetes für mich persönlich ganz schön sichtbar. Schließlich muss ich mich ständig damit befassen. Ich nehme mehrmals täglich Gerätschaften in die Hand, die mir im Alltag mit dem Diabetes helfen oder sogar lebensnotwendig sind, einige davon kleben sogar an meinem Körper. Ich schätze BE und errechne Insulinmengen. Ich überprüfe Kurven und schaue mir meine Narben und blauen Flecken an. Ich wechsle Kanülen oder Sensoren, gehe regelmäßig zu meiner Diabetologin. Ich denke über meine Therapie nach. Hole Insulin aus der Apotheke und noch so, so vieles mehr. Und auch wenn ich manchmal nur Zeit oder Lust für das Mindeste habe, kann ich ihn doch ständig sehen.

Für Außenstehende aber ist der Diabetes wohl meistens eher unsichtbar. Obwohl ich ihn in den seltensten Fällen offensichtlich verstecke, ist er oft nicht direkt erkennbar. Er lässt uns auf den ersten Blick eben nicht anders aussehen als Menschen ohne Diabetes. In der Öffentlichkeit können wir oft sogar erst als Person mit Diabetes identifiziert werden, wenn wir uns auch tatsächlich bewusst dazu entscheiden. Selbst wenn mein Blutzucker gerade sehr hoch oder sehr tief ist und ich mich entsprechend schlecht fühle, würde eine Person, die mich nicht kennt, mir den Diabetes nicht direkt ansehen können.

Quelle: Martina Trommer

Für andere: unsichtbar?

Meine Erfahrung hat gezeigt, dass Diabetes für uns Menschen mit Diabetes eigentlich kaum unsichtbar bleibt, zumindest unser eigener. Aber gerade jetzt im Sommer sehe ich ständig und überall Menschen mit Sensoren an Armen oder Bäuchen. Hat man selbst Diabetes, fällt sowas schneller auf und ist viel sichtbarer. Für Menschen, die nichts damit zu tun haben, bleibt der Diabetes aber unsichtbar. Viele Kommiliton_innen würden mich nicht mit Diabetes in Verbindung bringen, obwohl ich vielleicht sogar schon häufiger erwähnt habe, dass ich Diabetes habe.

Unsichtbar oder sichtbar?

Einerseits finde ich es gut, dass der Diabetes so sichtbar oder unsichtbar sein kann, wie ich und jede Person mit Diabetes es möchte. Ich kann meinen Sensor am Arm tragen, aber mit einer Jacke schnell überdecken. Ich kann ihn am Bein oder am Bauch tragen und so quasi „unerkannt“ durch die Straßen gehen. Ich kann mich abwenden zum Spritzen oder mein T-Shirt hochziehen und dabei am Tisch mit meinen Freunden präsent bleiben. Oder eine Mischung aus beidem. Ich kann laut sein zu bestimmten Themen, die den Diabetes betreffen, und kann meine Stimme nutzen, aber ich kann auch ganz leise bleiben. Den Diabetes sichtbar oder unsichtbar durch das Leben zu tragen, kann im Gegensatz zu anderen chronischen Krankheiten eine von Person zu Person und von Situation zu Situation individuelle Entscheidung sein.

Inkognitomodus. Quelle: Martina Trommer

„Mir geht’s gut!“

Die Möglichkeit zu haben, Diabetes unsichtbar zu machen, kann aber auch bedeuten, dass eine Person nicht die Hilfe bekommt, die sie vielleicht benötigt. Wie zum Beispiel bei Depression kann man eben auch bei Diabetes wirklich ziemlich gut verstecken, was eigentlich los ist.

Ein „Alles supi!“ kann bedeuten, dass alles gerade ganz gut läuft, oder es bedeutet das genaue Gegenteil. Die ganze zusätzliche Arbeit einer chronischen Krankheit, nicht nur die körperliche, kann komplett unter der Oberfläche bleiben. Der Stress, das Unwohlsein, der Druck von außen, funktionieren müssen und dazu das Stigma, die Verurteilung von Seiten der Gesellschaft und alles, was damit einhergeht. Das kann manchmal ein guter Schutzschild sein, um sich nicht allen und jeder Person gegenüber öffnen zu müssen und verletzlich zu zeigen, aber all das immer zu verstecken und nach außen ein Bild zu wahren, das so nicht existiert, kann auch gefährlich werden.

Wichtig ist, dass wir uns dessen bewusst sind. Unsere Krankheit ist nach außen hin unsichtbar. Für uns ist sie sichtbar. Wollen wir sie sichtbarer machen, müssen wir darüber sprechen. Probleme aufzeigen, Ressourcen aufbauen, uns vernetzen und andere mit ins Boot holen. Wollen wir sie mal unsichtbar machen, ist das auch okay, absolut valide und zum Glück recht einfach.


Lea hat auch darüber geschrieben, wie sie ihren Diabetes in der Öffentlichkeit zeigt, wie sehr sie das Thema beschäftigt und wie es ihr dabei geht: Wie ich lernte, für meinen Diabetes mutig zu werden.

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • darktear antwortete vor 2 Wochen

      Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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