Diabetes auch im Bundestag

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© fotolia/Barbara Pheby
Diabetes auch im Bundestag

Manchmal passiert es schnell: Beim Radfahren gestürzt, Arm gebrochen, möglicherweise Aufenthalt im Krankenhaus und Operation. Für viele Menschen ist dieses Szenario schmerzhaft und ärgerlich. Für Menschen mit Diabetes kann der Krankenhaus-Aufenthalt noch dazu sehr gefährlich sein – wenn sich Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte in der Klinik nämlich nicht ausreichend mit der Erkrankung und erforderlichen Therapie-Anpassungen bzw. neuen Diabetes-Technologien auskennen. Das ist leider keine Seltenheit. Eine fachlich fundierte Versorgung auf aktuellem wissenschaftlichem Stand ist längst nicht immer und überall gesichert. Seit vielen Jahren zertifiziert, d. h. prüft die DDG Kliniken und Praxen in Deutschland und bescheinigt ihnen mit Zertifikaten eine besonders hohe Versorgungs-Qualität für die Behandlung der Stoffwechselkrankheit und der damit einhergehenden Begleit- und Folgeerkrankungen. Die Zertifikate "Diabetes Exzellenzzentrum DDG", "Diabeteszentrum DDG" und "Klinik mit Diabetes im Blick DDG" sind auch für Menschen mit Diabetes eine wichtige Orientierung, damit sie vor einer (Routine-)Behandlung wissen, ob sie (und ihr Diabetes) in dieser Klinik oder Praxis in guten Händen sind.

Einsatz für "sprechende Medizin"

Gesundheitspolitisch bestimmt derzeit ein Projekt die Debatte: die Krankenhausreform. Fakt ist: Viele Krankenhäuser stehen finanziell mit dem Rücken an der Wand und bangen um ihre Existenz – vor allem in ländlichen Regionen. Bisher werden sie mit Fallpauschalen für einzelne Leistungen, z. B. Operationen, bezahlt. Dieses System fördert jedoch in erster Linie die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Krankenhäuser, weil sie nach der Anzahl der erbrachten Leistungen vergütet werden und nicht nach der Qualität der Behandlungen, die das gesundheitliche Wohl der Kranken in den Mittelpunkt rückt. Das möchte die Politik nun ändern – zu Recht.

Insbesondere die Diabetologie kann von den geplanten Änderungen im System profitieren, denn sie gehört zur "sprechenden Medizin". Das bedeutet, dass vorwiegend Zeit mit der Analyse und Interpretation von selbst gemessenen Glukose- und von Laborwerten sowie mit der Beratung und Schulung der Menschen mit Diabetes verbracht wird. Wie viel Insulin muss ich mir verabreichen? Was muss ich vor den Mahlzeiten beachten? Wann und wie kann ich unbesorgt Sport treiben? Diese Fragen von Patientinnen und Patienten und ihre Antworten erfordern nicht einfach ein Rezept oder das Verabreichen eines Medikaments, sondern v. a. Beratung, Aufklärung und Information – oftmals auch für Angehörige. Das kostet Zeit und wird derzeit nur unzureichend in den Fallpauschalen abgebildet bzw. vergütet.

Damit die Diabetologie während des Reformprozesses nicht "unter die Räder" kommt, engagiert sich die DDG mit Nachdruck dafür, dass die sprechende Medizin mit ihren personellen und räumlichen Anforderungen in der neuen Krankenhausstruktur und im entsprechenden Gesetz gut abgebildet ist, damit alle Menschen – vor allem aber verletzliche (vulnerable) Gruppen wie Kinder und ältere Menschen mit Diabetes – auch künftig eine hochwertige Behandlung von gut ausgebildeten und erfahrenen Behandlungsteams aus fachkompetenten Ärztinnen und Ärzten sowie spezialisierten Gesundheitsfachkräften erhalten können. Die Weichenstellung für die Versorgung von Menschen mit Diabetes findet also auch im Bundestag statt – und nicht nur in Klinik und Praxis.

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DDG setzt sich für Fachkompetenz ein

Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass manche Krankenhäuser, die in bestimmten Bereichen nur wenig Fachkompetenz und geringe Fallzahlen vorhalten können, möglicherweise nicht alle Bereiche der Behandlung abdecken können oder gar schließen werden, damit sich eine hohe Qualität auf einzelne Standorte konzentrieren kann. Das ist wichtig, denn bereits heute fehlt der medizinische Nachwuchs und kämpft auch das Gesundheitswesen um Fachkräfte. Mit den politisch vorgeschlagenen Leveln kann die Versorgung flächendeckend gesichert werden. Die DDG setzt sich intensiv dafür ein, dass für Menschen mit Diabetes in jeder Klinik die für das jeweilige Level erforderliche Fachkompetenz vorgehalten und nach außen hin verständlich transparent gemacht werden kann.

Prävention beginnt im Supermarkt

Transparenz ist auch wichtig bei der Ernährung. Im Supermarkt ist er deshalb inzwischen auf vielen Verpackungen zu finden: der Nutri-Score. Die Lebensmittel-Ampel ermöglicht Verbraucherinnen und Verbrauchern, Produkte einer Kategorie, z. B. Müslis, miteinander zu vergleichen. Das System ist denkbar einfach: Ein roter Punkt bedeutet, dass das Müsli vergleichsweise viel Zucker, Fett oder Salz enthält. Ein grüner Punkt dagegen zeigt an, dass dieses Produkt weniger Zucker enthält als vergleichbare andere Produkte. Um die Ampel-Kennzeichnung wurde noch vor wenigen Jahren erbittert gerungen. Die DDG und das von ihr vor mehr als zehn Jahren ins Leben gerufene Wissenschaftsbündnis Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) haben maßgeblich an der Einführung des Nutri-Scores mitgewirkt und dabei auch die Auseinandersetzung mit der Politik nicht gescheut. Die gesunde Wahl muss die einfachere Wahl sein – insbesondere im Supermarkt, wenn Kauf-Entscheidungen im Alltagsstress getroffen werden.

Werbung für Ungesundes eindämmen

Inzwischen sind die Pläne des Bundesernährungsministers, Werbeschranken für ungesunde Kinderlebensmittel einzuführen, weithin bekannt. Kinder sehen jeden Tag mehr als 15 Werbespots für Fettiges, Süßes und Salziges. Jedes siebte Kind in Deutschland ist inzwischen übergewichtig. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung noch beschleunigt, da Sportvereine geschlossen waren und Verpflegung in der Schule nicht stattfand. Die Folgen für die betroffenen Kinder und Familien sind gravierend, denn diesen Kindern drohen im weiteren Lebensverlauf Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Krankheiten und andere ernährungsbedingte Erkrankungen – von den Stigmatisierungen und dem persönlichen Leid abgesehen. Die Politik hat nun endlich erkannt, dass die Gesundheit der Kinder unserer Gesellschaft mehr wert sein muss als die Gewinn-Interessen der Lebensmittel-Industrie, die mit Werbung für Junkfood jährlich eine Milliarde Euro verdient. Es ist wissenschaftlich unumstritten, dass Werbung Kinder dazu animiert, mehr Kalorien zu sich zu nehmen als eigentlich erforderlich, und auch das oftmals gute Vorbild ernährungsbewusster Eltern aushebelt.

Die DDG und DANK haben sich lange dafür eingesetzt, dass wirksame Werbeschranken eingeführt werden. Andere Länder sind hier bereits weiter und haben umfassende Regelungen zum Kinderschutz eingeführt. Dabei zeigt sich: Eine Uhrzeiten-Regelung, die Werbung für Ungesundes einen Riegel vorschiebt, ist am wirkungsvollsten. Diese Vorschläge, die maßgeblich von der DDG und DANK formuliert wurden, hat Bundesernährungsminister Cem Özdemir so auch in einen Gesetzentwurf gegossen: Kinder sollen werktags von 17 bis 22 Uhr vor schädlichen Werbeeinflüssen geschützt werden, samstags zusätzlich von 8 bis 10 Uhr und sonntags von 8 bis 22 Uhr. Auch im Internet und in den sozialen Medien sowie auf Plakaten im Umkreis von 100 Metern rund um Schulen, Kitas und Spielplätze soll Werbung für Ungesundes eingeschränkt werden.

Widerstand gegen die ambitionierten und wichtigen Pläne kam nicht nur von der Lebensmittel- und Werbe-Industrie, sondern auch aus der Ampelkoalition selbst. Wie der Streit ausgeht, ist ungewiss. Letztendlich muss die Politik abwägen, was uns mehr wert ist: die Gesundheit der Kinder oder finanzielle Interessen der Lebensmittel- und Werbe-Industrie. Ein Werbeverbot ist zwar ein wichtiger Schritt, wird das Problem allein allerdings nicht lösen. Wirksam sind Maßnahmen-Bündel. Dazu gehören als weitere wichtige gesamtgesellschaftliche Maßnahmen:


3 Fragen an den Präsidenten der DDG, Prof. Dr. Andreas Fritsche: "Wir sind in der Politik sehr gut vernetzt."


Schwerpunkt

Barbara Bitzer
Franziska Fey
Deutsche Diabetes Gesellschaft
Albrechtstraße 9, 10117 Berlin
E-Mail:

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