- Soziales und Recht
Mehr Behandlungen ambulant statt stationär: Hybride Hoffnungen bei den Versorgungsstrukturen
3 Minuten
Ambulantisierung – also mehr Behandlungen ambulant vor Ort statt stationär in Kliniken durchzuführen – ist in aller Munde. Die ist in der Diabetologie schon sehr weit, doch die Strukturen sind komplex und zerbrechlich. Am Beispiel der Hybrid-DRGs zeigt sich, dass auch neue Werkzeuge keine einfache Lösung bieten.
Die Versorgung von Menschen mit Diabetes findet zu großen Teilen ambulant bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten statt. Eine wichtige Ausnahme dieser Regel sind Kinder und Jugendliche, die oft in Ambulanzen in Krankenhäusern behandelt werden. Schon diese beiden Tatsachen zeigen, dass das in der Gesundheitspolitik derzeit viel diskutierte Gebot der Ambulantisierung in der Diabetologie schon längst umgesetzt wird.
Das Thema der Ambulantisierung ist dabei keineswegs neu. Es geistert schon seit vielen Jahren durch die Wunschlisten von Politikern und Gesundheits-Profis. Das Prinzip dahinter klingt einfach, Patienten-freundlich und wirtschaftlich: Eine medizinische Behandlung, die genauso gut in einer Arztpraxis statt in einem Krankenhaus durchgeführt werden kann, sollte ambulant und nicht stationär erfolgen.
Fallpauschalen: Gleiche Voraussetzungen durch Hybrid-DRGs?
Doch wie immer steckt der Teufel im Detail. Denn meist geht es bei den Details auch und vor allem ums Finanzielle. Deswegen geht es beim Thema Ambulantisierung momentan oft um „Hybrid-DRGs“. Dahinter stehen die zur Kosten-Erstattung von Krankenhaus-Behandlungen verwendeten Fallpauschalen nach „Diagnosis Related Groups“ (DRGs). Bei den hybriden Fallpauschalen erhalten niedergelassene Vertragsärzte und Krankenhäuser für ausgewählte Leistungen die gleiche Vergütung. Man spricht daher von einer Sektoren-gleichen oder Sektoren-übergreifenden Vergütung – gleiches Geld für gleiche Leistung.
Dieser Abrechnungsweg der Hybrid-DRGs wurde mit dem Paragrafen 115f im Fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) Anfang 2022 über das Krankenhauspflegeentlastungsgesetz (KHPflEG) eingeführt. Eine Anfang 2024 in Kraft getretene Verordnung regelt die Umsetzung. Ein Gremium mit dem entlarvend komplizierten Namen „ergänzter erweiterter Bewertungsausschuss“ wählt dabei die Leistungen aus, die mit einer Hybrid-DRG vergütet werden sollen. Es sollen nach und nach mehr werden.
„Das Hybrid-DRG-Gesetz wird dazu führen, dass viele stationäre Aufenthalte, die wir nur haben, damit sie abgerechnet werden können, durch ambulante Behandlungen ersetzt werden“, versprach der damalige Gesundheitsminister Karl Lauterbach bei der Einführung. Im Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) der Ampel-Koalition wurde konkretisiert, dass ab 2026 jährlich mindestens eine Million vollstationäre Fälle durch Hybrid-DRGs zu leisten sind, ab 2028 sind es mindestens 1,5 Millionen Fälle und ab 2030 mindestens zwei Millionen Fälle.
Krankenkassen, Ärzteschaft und Kliniken wünschen sich erweiterten Zeithorizont
Die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) bekräftigte diese Zielvorgabe für 2030 Anfang September auf dem „Krankenhausgipfel“ in Berlin. Sie sprach von „klaren und durchaus ambitionierten Fallzahlenvorgaben“, die die Politik hier gemacht habe. Der Grund sei, dass die Selbstverwaltung, also Krankenkassen, Ärzte und Kliniken gemeinsam, „nicht im gewünschten Maße in Gang gekommen“ seien. Deren Vertreter sehen das etwas anders. Aus Sicht der gesetzlichen Krankenkassen wäre „ein bisschen Entschleunigung“ sachgerecht, sagte Stefanie Stoff-Ahnis, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung, ebenfalls auf dem Krankenhausgipfel.
Ins gleiche Horn stieß Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV): Unter Lauterbach sei „viel in relativ enge Zeiträume gequetscht“ worden. Ein weiterer Zeithorizont wäre vermutlich sinnvoller gewesen, um sich gut auf eine Umsetzung vorbereiten zu können. Von einem „Hau-Ruck-Verfahren“ sprach Prof. Dr. Henriette Neumeyer, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG).
Fachkompetenz berücksichtigen
Die im Koalitionsvertrag angekündigte Anpassung der Klinik-Reform nimmt Formen an. In ihrer Stellungnahme zum Entwurf für ein „Krankenhausreformanpassungsgesetz“, kurz KHAG, hat die Deutsche Diabetes Gesellschaft Mitte August weiter klare Mindeststandards für Fachpersonal und Weiterbildung gefordert – auch wenn es für die Diabetologie bereits Bewegung in die richtige Richtung gibt.
Relevanz für die Diabetologie insbesondere bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Vordergründig spielt das Thema Hybrid-DRG für die Diabetologie keine große Rolle, da es vor allem um Eingriffe und Operationen geht. Die Behandlung des Diabetes besteht aber zu einem großen Teil aus dem, was als „sprechende Medizin“ bezeichnet wird. Sie ist eben keine klar umrissene Prozedur.
Nichtsdestotrotz benötigen auch Menschen mit Diabetes manchmal Operationen oder Eingriffe. Solche aus dem Bereich der Kardiologie zum Beispiel sogar häufig, da Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu den typischen Komplikationen des Diabetes gehören. Und unter den Leistungen, die laut einem Beschluss im April neu ab 2026 mit einer Hybrid-DRG vergütet werden sollen, sind mehrere kardiologische und Gefäß-Eingriffe.
Die Kalkulation der Vergütung ist komplex, es sollen Kosten aus dem stationären und ambulanten Bereich einfließen. Erst im Herbst soll daher der zuständige Bewertungsausschuss die Hybrid-DRGs für nächstes Jahr einschließlich der Vergütung abschließend beschließen.
Verbesserung per Gesetz für Minderjährige und Menschen mit Behinderung?
Das KHVVG hat zwar neben der viel diskutierten großen Reform der Klinik-Finanzierung auch das Ziel der Ausweitung des Leistungskatalogs für die Abrechnungsart Hybrid-DRG ausgegeben. Gleichzeitig sieht das KHVVG aber vor, dass sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch bei Menschen mit Behinderung in Zukunft eine Abrechnung über Hybrid-DRGs nicht mehr möglich ist.
„Kinder profitieren enorm von ambulanten Eingriffen oder kurzen stationären Aufenthalten. Das gewohnte Umfeld und die Nähe zu vertrauten Bezugspersonen beschleunigen die Heilung und reduzieren die psychische Belastung erheblich“, erklärte in dem Zusammenhang Dr. Ralf Lippert, Vorsitzender des Berufsverbands der niedergelassenen Kinderchirurgen Deutschlands (BNKD).
Der Verband fordert daher zusammen mit dem Spitzenverband Fachärztinnen und Fachärzte Deutschlands (SpiFa) und dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ) Nachbesserungen durch den Gesetzgeber, unter anderem ein Beibehalten des § 115f SGB V auch für Kinder und Menschen mit Behinderungen.
Klinik-Reform im Fluss
- Am 5. August wurde ein Referenten-Entwurf zum KHAG vorgelegt.
- Für den 10. September war ein Kabinettsbeschluss dazu geplant.
- Kurzfristig wurde dieser verschoben – es gibt von allen Seiten Änderungswünsche.
von Marcus Sefrin
Erschienen in: Diabetes-Anker, 2025; 74 (10) Seite 50-51
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Ähnliche Beiträge
- Behandlung
Diabetes-Anker-Podcast: Von der Insulin-Entdeckung zu modernen Diabetes-Therapien – mit Prof. Thomas Forst
- Begleit-Erkrankungen
Jeder Dritte erkrankt an Gürtelrose: Vorsorge für Ältere und chronisch Kranke besonders wichtig
3 Minuten
Keine Kommentare
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Über uns
Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.
Community-Frage
Mit wem redest du
über deinen Diabetes?
Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.
Werde Teil unserer Community
Community-Feed
-
insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 2 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 4 Tagen, 12 Stunden
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
-
-
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 1 Tag
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
-
moira antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
-
-
hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
-
lena-schmidt antwortete vor 2 Wochen, 1 Tag
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
-
connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
-

