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Wer am Straßenverkehr teilnimmt, muss immer damit rechnen, unerwartet mit der Polizei in Kontakt zu kommen. Unbedachte Äußerungen gegenüber der Polizei können vor allem bei einem Unfall schnell zum Problem werden. Andererseits es ist auch nicht immer ratsam, von seinem Schweigerecht Gebrauch zu machen. Denn dies kann dazu führen, dass man mit hohen Kosten rechnen und womöglich für längere Zeit auf den Führerschein verzichten muss.
Ein elementarer Grundsatz unseres Rechtssystems ist, dass niemand sich selbst belasten muss. Als Beschuldigter in einem Strafverfahren hat man daher das Recht, die Aussage zu verweigern, und muss zu den Tatvorwürfen keine Angaben machen, ohne dass dies zu Nachteilen führen darf.
Auch bei Verkehrsunfällen sollte man sich gegenüber der Polizei unbedingt auf sein Schweigerecht berufen und zunächst keine Angaben machen. Denn häufig ist einem in der Aufregung nicht klar, wie die Aussage später von Ermittlungsbehörden bzw. dem Gericht ausgelegt wird oder welche Konsequenzen damit verbunden sind. Hier kann es auf jedes Wort ankommen.
Vor allem bei Unfällen, bei denen Menschen verletzt oder gar getötet wurden, kann eine unbedachte vorschnelle Aussage daher ganz erhebliche Nachteile bringen. Nicht wenige Betroffene verlieren den Führerschein oder werden empfindlich bestraft, weil sie sich “um Kopf und Kragen geredet” haben – und dadurch eine erfolgreiche Verteidigung vereiteln. Auch wenn die Polizeibeamten noch so höflich fragen mögen und Verständnis zeigen, sollten Sie sich deshalb auf ihr Schweigerecht berufen. Lassen Sie sich auch nicht unter Druck setzen oder einschüchtern.
Sie müssen daher nur Angaben zu Ihrer Person machen, d. h. die Adressdaten angeben und den Führerschein vorzeigen. Machen Sie zunächst aber keine Angaben zum Unfall-Hergang. Auch den Diabetes (oder eine etwaige Unterzuckerung) sollten Sie nicht erwähnen.
Mit etwas zeitlichem Abstand und klarem Kopf kann man später über das weitere Vorgehen entscheiden. Da grundsätzlich der Verlust des Führerscheins droht, sollte man umgehend kompetente anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Der Anwalt wird dann Einsicht in die Ermittlungsakte beantragen, denn erst danach kann man die optimale Vorgehensweise zur Verteidigung bestimmen.
Gerade bei Unfällen mit Diabetes-Bezug ist es oft nicht sinnvoll, komplett zu den Vorwürfen zu schweigen. Meist ist es sogar geboten, schnellstmöglich und vorab schon eine erste Stellungnahme bzw. Einlassung zu den Akten zu geben, um nachteilige Folgen zu vermeiden. Denn trotz Schweigerechts kann es sich massiv nachteilig auswirken, wenn Ermittlungsbehörden oder Gerichte aufgrund fehlender Informationen falsche Schlüsse ziehen.
So kommt es im Zustand einer Unterzuckerung oft zu einem auffälligen Fahrverhalten, wie beispielsweise Schlangenlinien oder abruptes Anfahren und Abbremsen. Eine von der Polizei veranlasste Blutprobe würde dafür jedoch keine Erklärung liefern, denn diese wird nur auf Alkohol, Drogen oder bestimmte Medikamente untersucht. Ohne Angaben der Ursache müssen Ermittlungsbehörden oder Gerichte eine (andere) Erklärung finden. Für diese liegt dann oft nahe, dass der Unfall auf einem extrem rücksichtslosen Fahrverhalten beruht oder sogar absichtlich herbeigeführt worden sein muss wie bei einer Amokfahrt oder einem beabsichtigten Selbstmord.
Eine fundierte anwaltliche und ggf. ärztliche Stellungnahme, die eine Unterzuckerung einräumt, ist in diesem Fall also wahrscheinlich besser als das Schweigerecht. Ob eine solche Einlassung hilfreich ist oder sich doch nachteilig auswirken kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab – deshalb der anwaltliche Rat!
Nach vielen Unfällen kommt es zunächst zu einem Strafbefehl. Dies bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft beim zuständigen Gericht eine Bestrafung in einem vereinfachten Verfahren beantragt hat. Das Gericht kann dann ohne mündliche Verhandlung einen Strafbefehl erlassen, d. h. eine Strafe sowie ggf. den Entzug der Fahrerlaubnis festsetzen. Man hat zwei Wochen Zeit, dagegen Einspruch einzulegen. Ansonsten wird der Strafbefehl rechtskräftig und steht einem Urteil gleich.
Im Fall eines Einspruchs kommt es zu einem regulären Strafverfahren, d. h. das Gericht wird einen Termin zur Verhandlung festsetzen und dann durch Urteil entscheiden. Dabei kann es passieren, dass das Gericht über die ursprünglich im Strafbefehl festgesetzte Strafe hinausgeht. Bei einer Verurteilung muss man auch die Verfahrenskosten tragen, inklusive der für Zeugen und etwaige Gutachterinnen und Gutachter. Ein Anwalt berät, inwieweit ein Einspruch sinnvoll ist.
Wenn die Polizei nach einem Unfall den Führerschein belässt, ist dies noch kein Grund zur Beruhigung. Oft wird erst im Laufe eines Ermittlungs-Verfahrens die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet. Zwar kann man dagegen Rechtsmittel einlegen, die Aussichten auf Erfolg sind aber meist überschaubar. Der Führerschein ist fast immer so lange weg, bis das Strafverfahren abgeschlossen ist.
Wenn man dort freigesprochen wird, erhält man die Fahrerlaubnis zwar zurück – bis dahin können aber viele Monate oder gar Jahre verstreichen, in denen man nicht fahren darf. Der vorläufige Entzug der Fahrerlaubnis ist daher fatal und sollte unbedingt verhindert werden.
Ärger droht auch, wenn die Beamten während einer Polizeikontrolle feststellen, dass man Diabetes hat – etwa durch einen Sensor am Arm. Der Hintergrund: Die Polizei ist grundsätzlich verpflichtet, die Führerscheinbehörde zu informieren, wenn sie bei Fahrern konkrete Hinweise auf Krankheiten feststellt, die sich – wie Diabetes – auf die Fahreignung auswirken (können).
Macht die Polizei Meldung, wird deshalb meist geprüft, ob man trotz des Diabetes motorisiert am Straßenverkehr teilnehmen kann. Manchmal reicht dafür eine ärztliche Bescheinigung. In der Regel fordert die Behörde aber ein (teures, Kosten etwa 400 bis 900 Euro) verkehrsmedizinisches Gutachten an.
Wichtig dabei: Die Behörde kann die Fahreignung auch dann prüfen, wenn gar nichts passiert ist. Auch aus diesem Grund gilt: Man sollte der Polizei nicht mitteilen, dass man Diabetes hat. Im Zweifel sollte man sich zunächst anwaltlich beraten lassen, ob bzw. inwieweit Angaben zum Diabetes sinnvoll sind.
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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2024; 72 (8) Seite 46-47
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