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Forschungsprojekt „INNODIA“: Typ-1-Diabetes stoppen!
4 Minuten
Die Häufigkeit des Typ-1-Diabetes scheint weltweit anzusteigen, vor allem sehr junge Kinder sind vermehrt betroffen. Ein aktuelles Forschungsprojekt steuert dagegen und ist vielversprechend – gesucht dafür werden Menschen, bei denen der Diabetes gerade festgestellt wurde sowie Angehörige ersten Grades von Menschen mit Diabetes.
Typ-1-Diabetes betrifft weltweit rund 17 Mio. Menschen. Die Krankheit kann in jedem Alter auftreten, vom Säugling bis zum alten Menschen, entwickelt sich aber häufig bereits im ersten Lebensabschnitt, vor allem in der Pubertät. Noch fehlen wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse zu dem auslösenden Ereignis.
INNODIA: Forschungsnetzwerk zum Typ-1-Diabetes nimmt Fahrt auf
Im November 2018 trafen sich über 200 Diabetesforscher aus Universitäten und Pharmaindustrie, auch Labormitarbeiter, Studienkoordinatoren und Mitglieder des Patientenbeirats aus ganz Europa im Tagungszentrum Schæffergården bei Kopenhagen – und zogen Bilanz der ersten 3 Projektjahre des Forschungsprojekts „INNODIA“: Es wird über 7 Jahre mit 36 Mio. € von der Europäischen Gemeinschaft unterstützt.
INNODIA soll ein Netzwerk von Studienzentren entwickeln und entscheidende Erkenntnisse bringen, wie Typ-1-Diabetes entsteht bzw. wie er sich in den verschiedenen europäischen Regionen in verschiedenen Altersklassen (von Kindern bis Senioren) entwickelt.
Fortschritte in Projekten wie INNODIA sind dringend nötig: Etwa 300.000 Menschen mit Typ-1-Diabetes leben in Deutschland. Bei Erwachsenen steht der Typ-2-Diabetes mit 7 Mio. Betroffenen im Vordergrund – hingegen ist der Typ-1-Diabetes die häufigste Stoffwechselerkrankung im Kindes- und Jugendalter in Deutschland. In verschiedenen Studien der letzten Jahre zeigte sich ein deutlicher Anstieg der Häufigkeit auf der ganzen Welt, besonders jüngere Kinder sind zunehmend betroffen. Eine Verdopplung der neuen Erkrankungsfälle bei Kindern unter 5 Jahren wird bis 2026 erwartet.
Nach aktuellen Schätzungen leben in Deutschland ca. 18.500 Kinder und Jugendliche im Alter von 0 bis 14 Jahren mit Typ-1-Diabetes; in der Altersgruppe von 0 bis 19 Jahren sind etwa 32.500 Kinder und Jugendliche betroffen. In Deutschland gibt es kein Register für Diabetes-Erkrankungen, also kann die Zahl nur anhand lokaler Register geschätzt werden. Trotz der Häufigkeit des Typ-1-Diabetes ist das Wissen in der Bevölkerung darüber gering.
Warum entsteht Typ-1-Diabetes?
Warum gerade ich?, fragen sich die Menschen, nachdem die lebensverändernde Diagnose gestellt wurde. Und genau diese Frage lässt sich heute immer noch nicht gut beantworten. Sicher ist nur eines: „Schuld“ daran hat weder der Betroffene noch die Familie. Bis heute gibt es keine Heilung des Typ-1-Diabetes, nicht durch eine Verhaltensmaßnahme, eine Transplantation oder eine medikamentöse Behandlung. Die Zerstörung der insulinproduzierenden Betazellen in der Bauchspeicheldrüse mit der Folge eines Insulinmangels ist nicht reparabel.
Die auslösenden Faktoren für die Zellzerstörung sind nicht bekannt. Wir wissen aber, dass Erbanlagen (Gene), Umweltfaktoren (in Finnland gibt es am meisten Menschen mit Typ-1-Diabetes, in Japan ganz wenige) und das Immunsystem entscheidende Rollen spielen.
Verschiedene Zellen des Immunsystems spielen hier zusammen: B-Lymphozyten produzieren Eiweißstoffe, „Antikörper“, die gegen die Eiweißmoleküle der Langerhans-Inseln der Bauchspeicheldrüse gerichtet sind, in denen die Betazellen liegen. Diese Inselautoantikörper kann man meist schon Jahre bis Monate vor dem Ausbruch der Erkrankung im Blut nachweisen, es wird aber davon ausgegangen, dass diese Antikörper die Betazellen nicht direkt zerstören.
Immunsystem gegen Betazelle
Die INNODIA-Forscher sind sich einig, dass für die Zerstörung der Betazellen andere Immunzellen des Körpers verantwortlich sind und zwar T-Lymphozyten und Makrophagen („Fresszellen“) oder dendritische Zellen. Die komplizierten Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Zellen des Immunsystems im Zusammenhang mit der Betazellzerstörung sind nicht komplett aufgeklärt – aber während der Tagung wurde dargelegt, dass Botenstoffe von aktivierten Immunzellen, die Zytokine, die Betazellen direkt schädigen können.
Selbst wenn der Typ-1-Diabetes schon diagnostiziert wurde, schreitet die Zerstörung der Betazellen voran. Interessant ist, dass nach Beginn der Insulintherapie bei vielen Patienten eine Erholungs- oder Remissionsphase einsetzt, die für eine vorübergehende Erholung der Betazellen spricht und während der nur wenig Insulin von außen gebraucht wird – und trotzdem die Blutzuckerwerte gut eingestellt ist. Ist diese Phase, die Wochen bis Monate und in Einzelfällen länger dauern kann, vorüber, muss das Insulin angepasst und in der Dosis erhöht werden.
Europaweit haben sich über 1.000 Teilnehmer zur ausschließlichen Beobachtung des natürlichen Verlaufs der Typ-1-Diabetes-Erkrankung bereit erklärt. Gesucht werden weiterhin Menschen, bei denen der Diabetes gerade festgestellt wurde zwischen 1 und 45 Jahren. Diese werden bis zu 2 Jahre im Rahmen der Studie beobachtet, es sind 5 Untersuchungstermine geplant. Gesucht werden auch bislang nicht betroffene Verwandte ersten Grades von an Typ-1-Diabetes erkrankten Menschen zwischen 1 und 45 Jahren.
Insbesondere in Deutschland konnten noch wenige Patienten und Familien von Betroffenen zur Teilnahme an dem Projekt gewonnen werden. In anderen Ländern wie Slowenien oder Großbritannien ist die Bereitschaft dazu viel größer. Die gute Nachricht: Anfang 2019 werden die ersten Interventionsstudien in dem neuen klinischen Forschungsnetz durchgeführt, das aus Deutschland koordiniert wird.
Forscher aus Belgien und Großbritannien erstellten ein neues Studienprotokoll. Dieses lässt in noch kürzerer Zeit verlässliche Ergebnisse erwarten zu medikamentösen Behandlungsverfahren – zum Stopp der Autoimmunkrankheit Typ-1-Diabetes. Ähnlich wie bei der Behandlung von Krebs sollen dabei verschiedene Medikamente kombiniert werden.
Teilnehmer für Studie gesucht
Wie genau entsteht der Typ-1-Diabetes? Wie genau schreiten die Veränderungen in der Bauchspeicheldrüse voran? Gesucht werden Menschen, bei denen Typ-1-Diabetes gerade festgestellt wurde (1 bis 45 Jahre) sowie nicht betroffene Angehörige im selben Alter!
Hier geht es direkt zu http://detailliertenInformationenüberdieINNODIA-Studie
Ein funktionierendes Netzwerk
Am Ende der Tagung fasste Jay Skyler, Diabetesforscher aus Florida und Leiter des unabhängigen Aufsichtsgremium der Studie, zusammen. „INNODIA hat in den ersten 3 Jahren bewiesen, dass eine Bündelung der Bemühungen durch einen Zusammenschluss aus 26 Einrichtungen sowohl der Grundlagenforschung, aber auch der klinischen Medizin und der Pharmaindustrie funktioniert.“
Mit den im Netzwerk geplanten Studien müssen jetzt die neuen medikamentösen Ansätze, die in der Pharmaindustrie gegenwärtig in der Entwicklung sind, ohne Verzögerung auf Effektivität geprüft werden. Bis zum nächsten Treffen im Herbst 2019 haben sich die INNODIA-Forscher viel vorgenommen.
Schwerpunkt „Von Babys, Kindern und Jugendlichen“
- Typ-1-Diabetes stoppen!
- Platt schon vor dem ersten Play
- So kommen Eltern mit der Diagnose zurecht
- Der Wechsel weg vom Kinderarzt
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2019; 68 (1) Seite 18-19
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 1 Woche
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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mayhe antwortete vor 1 Woche
Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
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sveastine antwortete vor 1 Woche
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
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mayhe antwortete vor 6 Tagen, 20 Stunden
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike
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stephanie-haack postete ein Update vor 1 Woche, 1 Tag
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 3 Wochen, 2 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 4 Tagen
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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